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Die Anstalt

Die Anstalt

Titel: Die Anstalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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Störenfriede benommen hätten wie Schulkinder, die aufgefordert werden, sich einem langweiligen Unterrichtsstoff zu widmen. Nein, wie Francis im Stillen registrierte, war die Gruppe vielmehr rastlos und nervös. Sie hatten alle zu wenig Schlaf und zu viele Medikamente bekommen, in die sich das Übermaß an Aufregung und ein beträchtliches Maß an Ungewissheit mischte. Eine ältere Frau, die ihr langes, graugesträhntes Haar in wirren Wellen trug, brach immer wieder in Tränen aus, die sie sich hastig mit dem Ärmel wegwischte, um anschließend den Kopf zu schütteln, zu versichern, es ginge schon wieder, und kurz darauf erneut heftig zu schluchzen. Einer der Männer im mittleren Alter, ein ehemaliger Fischkuttermatrose mit festem Blick und einer eintätowierten nackten Frau auf dem Unterarm, warf verstohlen besorgte Blicke in die Runde und drehte sich ständig auf dem Stuhl herum, so dass er die Tür hinter sich im Blick behielt, als ob dort jemand lautlos ins Zimmer schleichen könnte. Und dann die Leute, die stärker stotterten als sonst. Leute, die gereizt auf der Stuhlkante hockten, um jeden Moment loszuschnauzen. Die Weinerlichen unter ihnen ließen ihren Gefühlen tränenreichen Lauf, während die Schweigsamen sich noch mehr in ihre Sprachlosigkeit flüchteten.
    Selbst Peter the Fireman, dessen Ruhe gewöhnlich die Sitzungen beherrschte, hatte Mühe, still zu sitzen, und zündete sich mehr als einmal eine Zigarette an, mit der er um den Stuhlkreis lief. Er erinnerte Francis an einen Boxer kurz vor Kampfbeginn, der im Ring die Muskeln lockert und gegen seinen unsichtbaren Kontrahenten ausholt, während der echte Gegner in der Ecke gegenüber wartet.
    Als alter Hase in einer Nervenheilanstalt wäre Francis nicht entgangen, dass der Paranoia-Pegel bei einigen seiner Mitpatienten deutlich gestiegen war. Er war bis dahin noch unartikuliert, doch wie ein Wasserkessel kurz vor dem Siedepunkt. Wie ein übler Geruch an einem heißen Nachmittag war die Spannung deutlich zu spüren. Francis’ eigene Stimmen in seinem Kopf verlangten nach Gehör, und es bedurfte der üblichen beträchtlichen Willenskraft, sie zur Ruhe zu bringen. Er spürte, wie sich die Muskeln in Armen und Bauch verhärteten, als könnten sie die mentalen Sehnen unterstützen, die er spannte, um seine Einbildungskraft zu zügeln.
    »Ich denke, wir sollten die Ereignisse der letzten Nacht ansprechen«, sagte Mr. Evans bedächtig. Er trug eine Lesebrille, die er ein Stück herunterrutschen ließ, um über ihren Rand hinweg jedem Patienten pfeilschnelle Blicke zuzuwerfen. Evans, musste Francis denken, gehörte zu jenen Menschen, die eine scheinbar klare, ehrliche Bemerkung machten – in diesem Fall über die Notwendigkeit, über genau das zu sprechen, was allen im Kopf herumging –, dabei aber so aussahen, als meinten sie etwas vollkommen anderes. »Das scheint doch jeden hier zu beschäftigen.«
    Einer der Männer in der Gruppe zog sich augenblicklich das Hemd über den Kopf und presste die Hände an die Ohren. Auf den anderen Stühlen entstand Unruhe. Niemand sagte etwas, und die Stille, die sich über die Gruppe legte, schien Francis so gespannt wie ein Segel in einer starken Böe – unsichtbar. Nach einer Weile brach er das Schweigen mit der Frage: »Wo ist Lanky? Wo haben sie ihn hingeschafft? Was haben sie mit ihm gemacht?«
    Mr. Evans schien erleichtert darüber, dass die ersten Fragen so leicht zu beantworten waren. Er lehnte sich auf seinem Metallstuhl zurück und erwiderte: »Lanky wurde ins Bezirksgefängnis verbracht. Dort sitzt er unter Bewachung in einer Isolierzelle. Dr. Gulptilil war heute Morgen dort, um ihn zu sehen und dafür zu sorgen, dass er die richtigen Medikamente in der richtigen Dosierung bekommt. Es geht ihm gut. Er ist ein wenig ruhiger, als er es vor dem« – er hielt inne – »
Vorfall
war.«
    Die Versammlung brauchte eine Weile, um diese Auskunft zu verarbeiten.
    Dann platzte Cleo mit der nächsten Frage heraus. »Wieso bringen sie ihn nicht wieder zurück? Er gehört hierher, nicht in irgendein Gefängnis hinter Gitter, ohne einen Sonnenstrahl und wahrscheinlich zusammen mit einem Haufen Krimineller. Arschlöcher. Vergewaltiger und Diebe, möchte ich wetten. Und dann der arme Lanky. In der Hand der Polizei. Die faschistischen Arschlöcher.«
    »Weil er eines Verbrechens beschuldigt wird«, warf der Psychologe hastig ein. Francis fand es merkwürdig, wie er den Begriff Mord vermied.
    »Aber eines verstehe ich nicht«,

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