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Die Arena

Titel: Die Arena Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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sich wie gelähmt. Auf seiner Stirn stand Schweiß. Er konnte spüren, dass sich Perlen bildeten, die gleich herabrollen würden.
    So hätte er vielleicht noch länger dagestanden, hätte Norrie nicht ihre Hand auf seine gelegt. Dann legte auch Benny seine darauf. So betätigten die drei den Schiebeschalter letztlich gemeinsam. Die Nadel auf der mit TEILCHEN PRO SEKUNDE beschrifteten Skala sprang sofort auf +5, und Norrie umklammerte Joes Schulter. Dann ging sie auf +2 zurück, und Norrie lockerte ihren Griff. Sie hatten keine Erfahrung mit Geigerzählern, vermuteten jedoch alle, dass hier nur eine Hintergrundstrahlung angezeigt wurde.
    Joe machte einen langsamen Rundgang um das Musikpodium und trug dabei das Geiger-Müller-Zählrohr an seinem Spiralkabel vor sich her. Die Spannungsanzeige leuchtete hell bernsteingelb, und die Nadel schlug gelegentlich leicht aus, verharrte aber überwiegend am linken Skalenrand. Die beobachteten kleinen Ausschläge kamen vermutlich von ihren eigenen Bewegungen. Joe war nicht überrascht - irgendwie wusste er, dass die Sache nicht so einfach sein konnte -, war aber zugleich bitter enttäuscht. Wirklich erstaunlich, wie exakt Enttäuschung und fehlende Überraschung sich ergänzten; sie hätten die Olsen-Zwillinge der Emotion sein können.
    »Lass mich mal«, sagte Norrie. »Vielleicht habe ich mehr Glück.«
    Er überließ ihr das Gerät widerspruchslos. Danach liefen sie ungefähr eine Stunde lang kreuz und quer über den Stadtanger und wechselten sich mit dem Geigerzähler ab. Sie sahen ein Auto auf die Mill Street abbiegen, registrierten aber nicht, dass Junior Rennie - der sich wieder besser fühlte - am Steuer saß. Umgekehrt bemerkte auch er sie nicht. Ein Krankenwagen kam mit Blinklicht und Sirene den Town Common Hill heruntergerast und fuhr in Richtung Food City weiter. Ihn beachteten sie kurz, waren aber wieder abgelenkt, als Junior wenig später erneut auftauchte - diesmal am Steuer des Hummer seines Vaters.
    Das zur Tarnung mitgenommene Frisbee benutzten sie kein einziges Mal; sie waren anderweitig beschäftigt. Aber das spielte keine Rolle. Kaum einer von den Leuten, die auf dem Heimweg vorbeikamen, sah auch nur zum Stadtanger hinüber. Einige wenige waren verletzt. Die meisten trugen »befreite« Lebensmittel, und manche schoben sogar volle Einkaufswagen vor sich her. Fast alle machten den Eindruck, als schämten sie sich für sich selbst.
    Mittags waren Joe und seine Freunde so weit, dass sie aufgeben wollten. Außerdem waren sie hungrig. »Kommt, wir gehen zu mir«, sagte Joe. »Meine Mutter macht uns was zu essen.«
    »Cool«, sagte Benny. »Hoffentlich gibt's Chop Suey. Das Chop Suey deiner Ma ist echt geil.«
    »Können wir vorher noch über die Peace Bridge gehen und es auf der anderen Seite versuchen?«, fragte Norrie.
    Joe zuckte mit den Schultern. »Okay, aber dort drüben gibt's nur Wald. Und wir entfernen uns dadurch vom Mittelpunkt.« »Ja, aber ... « Sie brachte den Satz nicht zu Ende.
    »Aber was?«
    »Nichts. Bloß eine Idee. Wahrscheinlich eine blöde.«
    Joe sah zu Benny hinüber. Benny zog die Augenbrauen hoch und übergab ihr den Geigerzähler.
    Sie gingen zur Peace Bridge zurück und schlüpften unter dem durchhängenden gelben Absperrband hindurch. Unter dem Dach der Fußgängerbrücke war es düster, aber nicht so dunkel, dass Joe nicht mit einem Blick über Norries Schulter hätte erkennen können, dass die Geigerzählernadel ausschlug, sobald sie die Brückenmitte erreichten - im Gänsemarsch, um die angefaulten Bohlen unter ihren Füßen nicht zu sehr zu belasten. Auf der anderen Seite verkündete eine Tafel: SIE VERLASSEN DIE GEMEINDE CHESTER'S MILL, GEGR. 1808. Ein ausgetretener Fußweg führte durch Eichen, Eschen und Birken hügelaufwärts. Das Herbstlaub hing schlaff herab und wirkte so eher verdrossen als fröhlich bunt.
    Als sie den Anfang dieses Weges erreichten, stand die Nadel der Skala TEILCHEN PRO SEKUNDE zwischen +5 und +10. Jenseits von +10 stieg die Teilung steil auf +500 und dann auf + 1 000 an. Das Ende der Skala war rot markiert. Die Nadel stand meilenweit tiefer, trotzdem war Joe sich ziemlich sicher, dass ihre gegenwärtige Position nicht nur eine Hintergrundstrahlung anzeigte.
    Benny beobachtete die leicht zitternde Nadel, aber Joe sah Norrie an.
    »Was hast du dir überlegt?«, fragte er sie. »Jetzt kannst du's uns ja sagen, denn anscheinend war es doch keine so dumme Idee.« »Nein«, stimmte Benny zu. Er klopfte auf die

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