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Die Arena

Titel: Die Arena Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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geflüchtet sind - trifft sie, und sie weichen in Richtung Barriere aus, ohne noch sonderlich auf die Leute hinter ihnen zu achten. Aber die Menschen hinter ihnen ziehen sich ohnehin schon zurück. Sie haben Glück; sie können es.
    Henrietta Clavard spürt, wie eine eiskalte Hand ihre ergreift. Sie dreht sich um und sieht Petra Searles. Petras Haare haben sich aus den Spangen gelöst, von denen sie hochgehalten wurden, und rahmen jetzt ihr Gesicht ein.
    »Hast du noch was von diesem Freudensaft?«, fragt Petra und ringt sich ein grausiges Ich-will-Spaß-Lächeln ab. »Sorry, der ist aus«, sagt Henrietta.
    »Nun ... vielleicht ist es nicht so wichtig.«
    »Halt dich an mich, Schätzchen«, sagt Henrietta. »Halt dich einfach an mich. Wir kommen schon zurecht.«
    Aber als Petra der Alten in die Augen blickt, sieht sie keinen Glauben, keine Hoffnung. Die Party ist so gut wie vorbei.
    Seht hin. Seht genau hin. Achthundert Menschen stehen an die Kuppel gedrängt und beobachten mit erhobenem Kopf und weit aufgerissenen Augen, wie ihr unvermeidliches Ende heranrast.
    Hier sind Johnny und Carrie Carver und Bruce Yardley, der in der Food City gearbeitet hat. Hier sind Tabby Morrell, von dessen Holzlagerplatz bald nur noch wirbelnde Asche übrig sein wird, und seine Frau Bonnie; Toby Manning, der Verkäufer im Kaufhaus war; Trina Cole und Donnie Baribeau; Wendy Goldstone mit ihrer Freundin und Lehrerkollegin Ellen Vanedestine; Bill Allnut, der nicht losfahren und den Bus holen wollte, und seine Frau Sarah, die Jesus schreiend anfleht, sie zu retten, während sie die näher kommende Feuerwalze beobachtet. Hier sind Todd Wendiestat und Manuel Ortega, die wie vor den Kopf geschlagen nach Westen starren, wo die Welt in schwarzem Rauch verschwindet. Tommy und Willow Anderson, die nie mehr eine Band aus Boston für ihr Roadhouse engagieren werden. Seht sie alle, eine ganze Kleinstadt mit dem Rücken an einer unsichtbaren Barriere.
    Hinter ihnen beginnen die anfangs nur langsam zurückweichenden Besucher einen Rückzug, der bald in eine regelrechte Flucht ausartet. Sie ignorieren die bereitstehenden Busse und traben auf dem Highway in Richtung Motton weiter. Einige wenige Soldaten halten die Stellung, aber die meisten werfen ihre Gewehre weg, rennen hinter der Menge her und sehen sich so wenig um, wie Lot sich nach Sodom umgesehen hat.
    Cox flieht nicht. Cox nähert sich der Arena und ruft: »Sie! Kommandeur!«
    Henry Morrison macht kehrt, tritt vor den Colonel hin und stemmt seine Hände gegen die unnachgiebige, rätselhafte Barriere, die er nicht sehen kann. Das Atmen ist schwierig geworden; ein übelriechender Wind, den die Feuerwalze vor sich hertreibt, trifft auf die Kuppel, wird verwirbelt und weht dann wieder dem hungrigen Ungeheuer entgegen, das rasend schnell herankommt: ein schwarzer Wolf mit roten Augen.
    »Helfen Sie uns«, sagt Henry.
    Cox begutachtet den Feuersturm und schätzt, dass dieser den jetzigen Standort der Menge in spätestens fünfzehn Minuten erreichen wird - vielleicht aber auch schon in drei. Dies ist kein Brand, keine Explosion; in diesem geschlossenen und bereits verschmutzten System ist es ein Kataklysmus.
    »Sir, ich kann nicht«, sagt er.
    Bevor Henry antworten kann, packt Joe Boxer ihn am Arm. Er faselt unverständliches Zeug.
    »Lass das, Joe«, sagt Henry. »Wir können nirgends hin und nichts anderes tun, als zu beten.«
    Aber Joe Boxer betet nicht. Er hält weiter seine dämliche kleine Pistole aus dem Pfandhaus in der Hand, und nach einem letzten irren Blick auf das heranziehende Inferno setzt er sich die Waffe an die Schläfe wie ein Mann, der russisches Roulette spielt. Henry versucht, sie ihm zu entreißen, kommt jedoch zu spät. Boxer drückt ab. Aber er stirbt nicht sofort, obwohl ein Blutstrahl aus seiner Kopfseite schießt. Er torkelt davon, wedelt mit der dämlichen kleinen Pistole wie mit einem Taschentuch und schreit dabei. Dann fällt er auf die Knie, hebt die Hände wie ein von einer gottgesandten Offenbarung überwältigter Mann dem dunklen Himmel entgegen, kippt nach vorn und bleibt mit dem Gesicht auf dem weißen Mittelstreifen des Highways liegen.
    Henry wendet sein erschrockenes Gesicht wieder Colonel Cox zu, der gleichzeitig einen Meter und eine Million Meilen von ihm entfernt ist. »Es tut mir so leid, mein Freund«, sagt Cox.
    Pamela Chen kommt herangestolpert. »Der Bus!«, schreit sie Henry an, um das anschwellende Röhren zu übertönen. » Wir müssen den Bus nehmen und

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