Die Arena
ziemlich deprimierend. Petes Aufnahmen haben mich an den Führerbunker kurz vor dem Ende erinnert. Es gibt eine Art Speisekammer - Regale über Regale mit Konserven - und ein halbes Dutzend Feldbetten. Dazu verschiedene von Washington gelieferte Ausrüstungsgegenstände. Darunter auch ein Geigerzähler.«
»Das konservierte Zeug schmeckt nach fünfzig Jahren bestimmt echt klasse.«
»Tatsächlich wird der Konservenbestand regelmäßig ausgetauscht. Es gibt sogar ein kleines Notstromaggregat, das nach dem 11. September installiert worden ist. Im Haushaltsentwurf der Stadt findet man alle drei bis vier Jahre einen Betrag für den Unterhalt des Bunkers. Früher waren es dreihundert Dollar. Jetzt sind es sechshundert. Da haben Sie Ihren Geigerzähler.« Sie sah kurz zu ihm hinüber. »Natürlich betrachtet James Rennie das ganze Rathaus vom Dachboden bis zum Atombunker als sein persönliches Eigentum, deshalb wird er wissen wollen, wozu Sie ihn haben wollen.«
»Davon wird Big Jim Rennie nichts erfahren«, sagte Barbie. Das nahm sie kommentarlos hin. »Möchten Sie mit mir in die Redaktion kommen? Die Ansprache des Präsidenten hören, während ich anfange, den Umbruch der Zeitung zu machen? Sie wird kurz und knapp, das kann ich Ihnen sagen. Eine Story, ein halbes Dutzend Fotos für den hiesigen Gebrauch, keine Werbebeilage für den Herbstschlussverkauf bei Burpee's.«
Barbie dachte darüber nach. Morgen würde er sehr beschäftigt sein, nicht nur mit Kochen, sondern auch mit Fragenstellen. Er würde seinen alten Job auf die alte Art von neuem beginnen. Aber würde er andererseits schlafen können, wenn er jetzt in seine Wohnung über dem Drugstore zurückging?
»Okay. Und das sollte ich Ihnen wahrscheinlich nicht sagen, aber ich bin ein ausgezeichneter Bürogehilfe. Außerdem mache ich erstklassigen Kaffee.«
»Abgemacht, Mister.« Sie hob die rechte Hand vom Lenkrad, und Barbie klatschte sie ab.
»Darf ich Ihnen noch eine Frage stellen? Garantiert nicht zur Veröffentlichung bestimmt?«
»Klar«, sagte er.
»Dieser Science-Fiction-Generator ... glauben Sie, dass Sie ihn finden werden?«
Barbie dachte darüber nach, während sie vor der Ladenfront parkte, hinter der die Redaktionsräume des Democrat lagen. »Nein«, sagte er schließlich. »Das wäre zu einfach.«
Sie nickte seufzend. Dann ergriff sie seine Hand. »Glauben Sie, dass es helfen würde, wenn ich für Ihren Erfolg bete?«
»Könnte nicht schaden«, sagte Barbie.
4
In Chester's Mill gab es am Dome Day nur zwei Kirchen; beide vertrieben die protestantische Markenware (allerdings auf sehr unterschiedliche Weise). Katholiken gingen in Unsere Liebe Frau von den Heiteren Wassern in Motton, und die wenigen Juden der Stadt - rund ein Dutzend - besuchten die Gemeinde Beth Shalom in Castle Rock, wenn sie das Bedürfnis nach spirituellem Trost hatten. Einst hatte es hier eine Unitarierkirche gegeben, die aber Ende der achtziger Jahre wegen Vernachlässigung eingegangen war. Alle waren sich darüber einig, dass sie ohnehin ein wenig unseriös gewesen sei. In die ehemalige Kirche war Mill New & Used Books eingezogen.
Beide Pastoren von Chester's Milliagen in dieser Nacht »gottwärts« auf den Knien, wie Big Jim Rennie gesagt hätte, aber ihre Art der Fürbitte, ihre Gemütsverfassung und ihre Erwartungen waren grundverschieden.
Reverend Piper Libby, die ihren Schäfchen von der Kanzel der First Congregational Church predigte, glaubte nicht mehr an Gott, obwohl sie ihren Gemeindemitgliedern diese Tatsache bisher vorenthalten hatte. Lester Coggins dagegen war gläubig bis zum Märtyrertum oder zum Wahnsinn (beides vielleicht Worte für die gleiche Sache).
Reverend Libby, die noch ihre samstäglichen Freizeitklamotten trug - und auch mit fünfundvierzig noch hübsch genug war, um darin gut auszusehen -, kniete in fast völliger Dunkelheit (die Congo hatte kein Notstromaggregat) vor dem Altar, während ihr Schäferhund Clover mit der Schnauze auf den Pfoten und den Lidern auf Halbmast hinter ihr lag.
»Hallo, Nichtvorhandener«, sagte Piper. Nichtvorhandener war in letzter Zeit ihr heimlicher Name für Gott. Zu Herbstanfang war er das Große Vielleicht gewesen, im Sommer das Allmächtige Womöglich. Dieser Name hatte ihr gefallen; er besaß einen gewissen Klang. »Du kennst die Lage, in der ich mich befinde - du solltest sie kennen, ich habe dich oft genug damit belästigt -, aber darüber will ich heute Nacht nicht mit dir sprechen. Was für
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