Die Artefakte der Macht 04 - Dhiammara
Plackerei diesen unfruchtbaren Krater in eine grünende Oase des Friedens und der Schönheit inmitten der harten nordländischen Moore verwandelt – und sie hatte ihm überdeutlich klargemacht, daß sie wenn nötig bis zu ihrem letzten Atemzug um ihr Zuhause kämpfen würde – bis zu ihrem letzten Atemzug oder bis zu seinem.
Überall um ihn herum konnte Hellorin in der Finsternis rastloses, klagendes Gemurmel hören. Er knirschte mit den Zähnen. Irgendwo im Tal hatte er seine kostbare weiße Stute verloren, und schlimmer noch, seine Niederlage bei Eilin hatte seine Autorität bei seinem eigenen Volk untergraben. Er wußte, daß er etwas tun mußte. Er war sich der Tatsache bewußt, daß die Sterblichen am nächsten Tag weggehen würden – vielleicht war diese verflixte, halsstarrige Magusch der Vernunft eher zugänglich, wenn sie niemanden mehr beschützen mußte. Voller Erleichterung darüber, daß er endlich etwas tun konnte, wandte er sich an seinen Kammerherrn. »Sag meinen Leuten, sie sollen Geduld haben«, befahl er. »Der Zorn der Magusch kühlt sich bisweilen genauso schnell ab, wie er sich entzündet. Morgen werden wir ins Tal zurückgehen und noch einmal mit der Lady Eilin sprechen.«
»Wie Ihr wünscht, mein Fürst.« Lethas wandte sich ab – und drehte sich dann noch einmal zu ihm um. »Herr, habt Ihr vergessen, daß die Lady Eilin Euch etwas schuldig ist, dafür, daß Ihr ihr das Leben gerettet habt?« Da platzte es aus ihm heraus. »Wenn dies nicht der perfekte Augenblick ist, um Forderungen an sie zu stellen, dann will ich ein Sterblicher sein! Meiner Meinung nach muß man bei dieser Frau nicht reden, sondern handeln. Jeder andere, der es wagen würde, den Fürsten der Phaerie mit solch unverhohlener Respektlosigkeit zu behandeln, würde sofort bestraft werden. Ihr solltet …«
»Schweig!« brüllte Hellorin, »oder ich werde dich bestrafen!« Er holte tief Luft, dann fuhr er mit kalter Stimme fort. »Wenn ich deinen Rat brauche, kannst du sicher sein, daß ich dich darum bitten werde. Ansonsten rate ich dir, deine Anweisungen zu befolgen – oder ich suche mir einen Kammerherrn, dem seine Pflichten wichtiger sind als seine eigenen Meinungen.« Der Waldfürst ging wutschnaubend und mit langen Schritten davon, so daß dem unglücklichen Lethas nichts anderes übrig blieb, als seine Entschuldigungen ins Leere zu stottern. In seinem Herzen jedoch mußte Hellorin zugeben, daß sein Kammerherr wahrscheinlich recht hatte. Diese elende, maultiersture Magusch! Diese lächerliche, unmögliche Situation war ganz allein ihre Schuld! Sie machte ihn vor seinem Volk zum Gespött. Hellorin stellte sie sich vor, wie sie im Schutze ihres Tals mit hämischem Lachen an seine unrühmliche Niederlage dachte. Aber morgen, versprach er sich grimmig, morgen würden sie ja sehen, wer zuletzt lachte!
Als die Sonne zaghaft ihre ersten Strahlen über den Horizont sandte, lag die Welt in völliger Stille. Das einzige Geräusch, das Zwitschern der Vögel, diente nur dazu, die erwartungsvolle Ruhe zu betonen. Es war, als habe das Tal einen Umhang des Schweigens übergestreift, den die Vögel mit den silbernen Fäden ihrer Lieder bestickten. Die niedrigen, schrägen Strahlen der frühen Morgensonne streckten ihre langen Finger in das Tal und schufen blaue, dünne Schatten, die Bäume und Pflanzen als lebhaftes Relief vor einem Hintergrund seidigen, bernsteinfarbenen Lichtes hervorhoben. Jedes Stück knorriger Borke, jeder einzelne Grashalm stach deutlich gegen seinen eigenen kleinen Schatten ab.
Die funkelnden Farbtöne der duftenden, vom Tau durchweichten Erde fanden ihren Widerhall in dem Licht des glitzernden Kristalls in Eilins gewölbten Händen.
»Ich kann ihn einfach nirgendwo sehen.« Stirnrunzelnd richtete die Magusch sich auf und bückte von ihrer knienden Position auf einer zusammengefalteten Decke zu Vannor und Parric auf. »Ich war immer eine gute Hellseherin«, fuhr sie verwirrt fort, »und während meines Aufenthalts bei den Phaerie habe ich in dieser Hinsicht noch das eine oder andere dazugelernt. Aber diesmal weiß ich einfach nicht weiter. Ich habe es heute morgen mit der Schale, dem Spiegel und dem Kristall versucht, und jede Methode verrät mir dasselbe. Miathan ist nicht in Nexis – er befindet sich nicht mal diesseits des Ozeans. Ich verstehe es einfach nicht, Vannor. Alles, was der Kristall mir zeigt, ist Dunkelheit – andrerseits, wäre er gestorben, hätte ich sein Dahinscheiden gespürt.«
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