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Die Asche der Erde

Die Asche der Erde

Titel: Die Asche der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eliot Pattison
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genug von der Droge hier, um Sarah eine Woche damit zu versorgen.«
    Buchanan starrte der Familie hinterher, bis sie jenseits der Hügelkuppe verschwand. »Björn kommt mit«, verkündete er plötzlich. »Er wird den Befehl erhalten, sie zu töten, falls sie zu fliehen versucht.«

K APITEL VIERZEHN
    In der Winternacht wirkte das Fischereigelände regelrecht unheimlich. Die größeren Boote waren an ihren Liegeplätzen im Eis gefangen. Die Kleineren waren von Ochsengespannen auf Gestelle aus Baumstämmen gezogen worden und erinnerten an gestrandete Wale. Das Mondlicht, das trübe und bläulich durch eine Nebelbank fiel, ließ den einsamen Wachposten wie ein jenseitiges Schreckgespenst aussehen.
    Der Wächter stand vor dem Kai, an dem die Eisfrachter festgebunden waren, als könnten sie wegtreiben. Hadrian und seine drei Begleiter harrten geduckt eine Viertelstunde lang im Schatten eines der Bootsgestelle aus, weil sie annahmen, der Posten würde von dem Schuppen, bei dem er stand, bald zu einer Runde durch den Hafen aufbrechen. Als der Mond schließlich über den Nebel stieg und das Gesicht des Mannes erhellte, stand Björn auf.
    »Ich kenne den Norger«, war alles, was er sagte, bevor er geradewegs auf den Wächter zumarschierte.
    Björn sprach nur kurz mit dem Mann und zeigte die Kaianlagen hinunter. Sogar aus der Entfernung war klar, dass der große Polizist dem anderen vorwarf, er verstecke sich vor der Kälte im Windschatten, anstatt seine vorgeschriebene Runde zu drehen. Niemand fing je mit Björn Streit an. Der Posten hob die Hand an die Stirn, als würde er salutieren, und machte sich eilig auf den Weg.
    Sie suchten sich einen schnittigen Segler mittlerer Größe aus, dessen kleines Cockpit durch eine Luke mit dem ovalen Laderaum verbunden war. Nelly setzte sich mit dem Gepäck der Gruppe in den Frachtraum. Hadrian und Jori holten Decken von den anderen Eisseglern und zerschnitten bei dieser Gelegenheit die Seile von deren Takelage. Jori entzündete die Lampen an Bord und erklärte, dass Hadrian und Björn den Segler an den Streben der Ausleger bis auf das offene Eis und in den Wind schieben müssten. Dann erst würden sie das Großsegel entrollen.
    Björn bückte sich, um das Boot loszumachen, und hielt inne. Dann sprang er plötzlich in den Schatten hinter einem Pfosten und zog eine kleine Gestalt daraus hervor. Die Beine des Jungen strampelten in der Luft, während Björn ihn auf Armeslänge von sich hielt. Dax ignorierte den Norger und rief nach Boone.
    »Ich wusste, Sie würden aufbrechen!«, sagte der Junge. »Gleich als ich gesehen habe, wie die Schakale gestern Nacht nach dem Feuer den Eisfrachter gestohlen haben, wusste ich, dass Sie ihnen folgen würden.«
    Björn stellte den Jungen langsam auf dem Eis ab. Dax lief sofort zur nächstbesten Strebe und fing an zu schieben. Als das Boot sich nicht rührte, beruhigte er sich und sah Hadrian ernst an. »Ich hab es Ihnen doch gesagt. Ich muss dieses Buch zurückholen, damit Mr. Jonah auf der anderen Seite seinen Frieden findet.«
    Björn stieß einen Fluch aus und wollte den Jungen am Kragen packen, doch Hadrian hielt ihn mit erhobener Hand zurück. Der Norger fixierte die beiden kurz mit finsterem Blick, zuckte dann die Achseln und bedeutete Hadrian, er solle sich zu ihm an die Streben gesellen.
    Hadrian war in früheren Wintern auf den kleinen Rennseglern mitgefahren. Dabei hatte er so oft Bekanntschaftmit dem harten Eis gemacht – weil die instabilen Boote ins Schleudern gerieten oder umkippten –, dass die Schmerzen und blauen Flecke irgendwann die Freude am Siegen überwogen. Dieses größere Gefährt war jedoch ein ganz anderes Kaliber und nahm nun immer mehr Fahrt auf. Während die Rennsegler sich eher mit sprunghaften Hasen vergleichen ließen, war dies hier ein schlanker, anmutiger Schneeleopard, der mit großen Sprüngen dem silbernen Horizont entgegeneilte.
    Während Björn, Nelly und Dax sich im Laderaum in dicke Decken wickelten, lehnte Hadrian neben Jori an der Reling. Ihre Augen wanderten beständig umher – von dem knatternden Segel zur Takelage, den Auslegern, dem Kompass, der Eisfläche voraus. Er hatte sie noch nie so selbstsicher erlebt, so in sich ruhend. Sie hatte die Kontrolle, und das bei einer Tätigkeit, die sie offenkundig hervorragend beherrschte. Alle würden sich nur an sie als den Lacrosse-Star erinnern, hatte sie zu ihm gesagt, als sie darum gestritten hatten, wer das Boot steuern sollte, doch ihre wahre Leidenschaft sei

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