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Die Asche der Erde

Die Asche der Erde

Titel: Die Asche der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eliot Pattison
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Decke weg. »Du schläfst nicht, Hadrian.« Als er sich zu ihr umdrehte, hielt sie ihm ein sauberes Hemd hin.
    Er setzte sich auf. Die vernähte Wunde spannte. »Du hast mir nie erzählt, warum du Sergeant Waller hilfst und sie verteidigst.«
    »Ich kenne ihre Familie schon lange. Sie hat meine Unterstützung verdient.«
    »Und wieso braucht sie überhaupt deine Hilfe, Doktor?«
    Emily half ihm beim Anziehen. »Ihr Vater war von Anfang an krank. Er war einer von denen, die ihren Zustand verheimlicht haben, um nicht verstoßen zu werden. Ihre Mutter gründete ein Geschäft, um die Familie zu ernähren. Als er starb, war Jori erst zehn oder zwölf. Als sie sich nach der Schule bei der Polizei bewarb und der Rat über ihre Anstellung befinden sollte, hat Buchanan gelacht und gesagt, unsere jungen Gebärmaschinen sollten sich lieber darauf konzentrieren, Kinder in die Welt zu setzen. Ich sagte, er sei ein verdammter Narr und dass er sie gefälligst einstellen und befördern sollte, um die anderen jungen Frauen zu ermutigen. Er erinnerte mich daran, dass ich vom Rat verlangte, den Bau eines neuen Krankenhausflügels zu bezahlen.«
    »Was für einen neuen Flügel?«
    Sie warf ihm einen verdrießlichen Blick zu.
    »Mein Gott, Em«, sagte er, als er begriff. »Du hast auf deinen neuen Flügel verzichtet, um sie in den Polizeidienst zu bekommen?«
    Sie zuckte die Achseln. »Er hätte sowieso irgendeine Möglichkeit gefunden, den Bau zu verhindern.« Sie zog den Kopfverband fest, der die Wunde auf Hadrians Stirn bedeckte. »Ich bin schon oft bei den Wallers zum Abendessen gewesen. Beim letzten Mal hatte Jori Dienst. Ihre Mutter hat mir ihr Zimmer gezeigt. Auf einem kleinen Tisch steht dort ein Foto ihres Vaters in Uniform, mit seinem Abzeichen. Es ist wie ein Schrein. Ihre Mutter hasst das. Sie sagt, Jori könne bei der Polizei nur dann jemals Erfolg haben, wenn sie wie Kenton wird.«
    »Kenton ist nicht auf den Kopf gefallen«, erwiderte Hadrian. »Ich rechne jeden Tag damit, dass er ihr eine neue Aufgabe zuweist. Nächste Woche klappert sie die entlegenen Farmen ab und sammelt die Viehsteuer ein.«
    Emily zog ihre Pfeife aus der Tasche und zündete sie an. »Buchanan«, sagte sie nach einem kurzen Blick zur Tür, »hat die Rekrutierung eines Dutzends neuer Polizisten angeordnet. Als Anreiz für die Unterschrift winkt eine Bonuszahlung. Er baut eine Armee auf.«
    »Buchanan hat nicht die geringste Ahnung, was vor sich geht. Er ist monatelang als willfährige Marionette benutzt worden. Nun reagiert er auf die einzige Weise, die er kennt.«
    »Es geht das Gerücht, dass sich noch mehr Ausgestoßene in der Stadt verstecken«, sagte Emily. »Kenton redet davon, alle Häuser zu durchsuchen. Gott sei Nelly gnädig, falls sie erwischt wird.«
    »Hältst du dir auf der Flachsfarm südlich der Stadt immer noch diese alte Mähre?«, fragte er, als sie sich zum Gehen wandte.
    »Ich habe meine erfahrene Stute dort untergebracht, ja«, lautete Emilys spröde Antwort. Dann hielt sie inne. »Vergiss es, du bist nicht in der Verfassung.«
    »Um zu Fuß fünfzig Kilometer durch die Berge zurückzulegen?Stimmt«, pflichtete er ihr bei. »Und es wäre mir lieber, wenn ich mir mein Pferd nicht stehlen müsste.« Er erwiderte ihren kühlen Blick. »Buchanan hat der Kolonie weisgemacht, Nelly habe Jonah ermordet. Nun muss er ihr auch noch Jansens Tod anhängen. Er wird sie auf keinen Fall davonkommen lassen, sondern sie aufknüpfen, ohne Rücksicht auf die Wahrheit. Aber ich bin Jonah die Wahrheit schuldig, was auch immer dafür erforderlich sein mag.«
    Emily starrte ihn schweigend an, mit flehentlichem Blick.
    »Ich kann nicht schlafen, ohne sein totes Gesicht zu sehen. Er hatte so große Pläne, Em, Pläne, um all unsere Sünden wiedergutzumachen, und irgendjemand hat sie zu Tod und Gier pervertiert. Ich muss diese Leute aufhalten.«
    Die Ärztin seufzte. »Wann warst du das letzte Mal da, Hadrian?«
    »Vor einigen Monaten. Zu Anfang des Frühlings habe ich eine Ladung Getreide hingebracht und ein paar Tage Brennholz gehackt.«
    »Du meinst, du hast eine Ladung Getreide aus den Silos der Regierung mitgehen lassen«, sagte Emily kopfschüttelnd und legte die Stirn dann in besorgte Falten. »Es hat sich einiges geändert. Die Ausgestoßenen sind viel härter geworden. Sie sind …« – sie suchte nach einem Wort – »… feindselig gestimmt. Sie werden wissen, was Buchanan mit Nelly vorhat, und sie werden nicht zögern, einem von uns Gewalt

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