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Die Asche der Erde

Die Asche der Erde

Titel: Die Asche der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eliot Pattison
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Kleinen machte es ihm schwer, mit seinem Haustier Schritt zu halten. Hadrian ignorierte die eigenen Schmerzen, hob den Jungen auf einen Felsblock und ließ ihn einen Stock werfen, den der Hund dann apportierte. Als er sich eine Viertelstunde später mal wieder bückte, um den Stock für den Jungen aufzuheben, sauste ein Stiefel darauf herab und brach ihn mittendurch.
    »Sie macht sich Sorgen wegen Ihnen«, ertönte eine schneidende Stimme. »Sie haben sich nicht an ihre Anweisung gehalten.«
    Hadrian blickte in das harte Antlitz des Mannes, den er zuletzt bei Nelly in der Zelle gesehen hatte. »Sind Sie hier, um mir zu helfen oder um mich zu bestrafen, Shenker?«
    »Ich bin hier, um Sie zum Abendessen zu holen«, lautete die barsche Antwort.
    Hadrian folgte ihm mit einem Schritt Abstand und drehte sich noch mal unschlüssig zu dem Jungen um, der nun davonhumpelte. Der Kleine hatte beim Anblick von Shenker sichtlich Angst bekommen.
    »Hadrian, du erinnerst dich bestimmt an Dr. Kinzler«, sagte Nelly eine halbe Stunde später, als sie ihn an ihren Tisch bat. Es gab einen Laib Brot, eine Schüssel mit gedünsteten Karotten und Pilzen sowie einen ganzen gebratenen Lachs auf einem Brett. Nach hiesigem Standard war das ein üppiges Festmahl.
    Hadrian nickte dem kleinen pockennarbigen Mann mit der goldgeränderten Brille zu, der vermutlich bestgekleideten Person, die er in den Camps jemals gesehen hatte. Kinzler trug ein elegantes blaues Anzugjackett samt weißem Hemd.Sogar die Flicken auf seiner Khakihose waren peinlich genau angenäht.
    Shenker nahm auf dem letzten freien Stuhl Platz.
    »Dr. Kinzler ist inzwischen der Vorsitzende unseres Tribunals«, fuhr Nelly fort. »Er bemüht sich sehr um einen neuen Gemeinsinn. Wir haben nach all der Zeit sogar einen Namen. New Jerusalem.«
    Hadrian hob überrascht die Augenbrauen. Die Camps waren im Laufe der Jahre mit diversen Bezeichnungen bedacht worden. Die Erste hatte West Carthage gelautet, und als sie sich nicht durchsetzte, hatte man es mit mehreren anderen versucht, je nach Standpunkt des Namensgebers. Purgatory. Brikettstadt. Cemetery Creek. »Klingt vielversprechend«, sagte er. »Und die Verbesserungen sind schon zu sehen.« Hadrian wandte sich an Kinzler. »Darf ich fragen, auf welchem Gebiet Sie früher gearbeitet haben, Doktor? War es vielleicht Stadtsanierung?«
    Kinzlers Lächeln blieb ohne Wärme. »Angefangen habe ich als Bauingenieur, hauptsächlich für Einkaufszentren und Schnellstraßen.« Er zuckte die Achseln, als wolle er einräumen, dass in der neuen Welt kein Bedarf mehr für diese Talente bestand. »Später habe ich einen Doktor als Chemotechniker gemacht. Schon als Junge war ich nur glücklich, wenn ich mit Zangen und Schraubenziehern hantieren konnte – oder mit dem Inhalt des Gewürzschranks meiner Mutter.«
    »Wodurch sich letztlich vieles bei uns geändert hat«, warf Nelly ein, während sie den Fisch servierte.
    »Ich glaube, ich verstehe nicht ganz.«
    »Dr. Kinzler ist der geborene Tüftler. Ich habe dir doch erzählt, dass ich Nathaniel halb tot am Ufer gefunden habe. Am nächsten Tag lief das lädierte Boot, von dem er ins Wasser gefallen war, bei uns ein und bat um Hilfe bei der Reparatur. Die Erstgeborenen angeln diese großen Störe nur miteiner Schnur, ganz ohne Rute. Mit an Bord war ein Jäger, der in einem Kanu von einer Fernerkundung zurückgekehrt war.«
    »Einer von denen, die Bergungsgüter suchen?«
    Nelly nickte. »Sie nennen sich selbst Prospektoren. Er hatte ein halbes Dutzend mechanischer Geräte dabei, von denen keines mehr funktionierte. Standuhren zum Aufziehen, Taschenuhren, alte Gemüseschäler und dergleichen. Dr. Kinzler hat angeboten, sie sich mal anzusehen. Am nächsten Tag liefen zwei der Uhren wieder, und er erklärte sich bereit, auch den Rest zu reparieren. Die Erstgeborenen waren so dankbar, dass sie uns einen riesigen Stör gegeben haben. Wir haben ein großes Fest veranstaltet, fast wie Erntedank. Die Leute kochten Wurzeln aus und machten Teigtaschen aus Rohrkolben und Ahornmehl. Die Erstgeborenen fragten, ob sie uns weitere Geräte zur Instandsetzung bringen und im Gegenzug mit Fischen und Gütern bezahlen dürften. So entstand eine echte Handelsbeziehung. Das war ein großer Wendepunkt für uns. Wir sind jahrelang nicht in der Lage gewesen, eigene Leute nach Bergungsgütern auszusenden. Nun fragen sie uns sogar, wonach sie für uns Ausschau halten sollen.«
    »Alles als Entgelt für Reparaturen?«
    Kinzler

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