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Die Asche der Erde

Die Asche der Erde

Titel: Die Asche der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eliot Pattison
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sofort wieder den Mund zu. »Ich bin’s, Jori. Hören Sie?«
    Die Brust der Polizistin hob und senkte sich mit keuchenden Atemzügen, aber sie sträubte sich nicht mehr. Hadrian sah, dass ihre Hände gefesselt waren. Das andere Ende des Seils hatte man an einen Eisenring am Tisch geknotet. Hadrian zerschnitt die Fesseln eilig und merkte dann erst, dass das Zimmerfenster leider vergittert war.
    »Können Sie gehen?«, fragte er.
    Ihre Stimme zitterte. »Zuerst haben die mir bloß Fragen gestellt und mir zu essen und zu trinken gegeben. Aber als ich ihnen nicht geantwortet habe, sind sie zurückgekommen.Sie haben mich mit einer Gerte ausgepeitscht und auf Arme und Beine geschlagen.«
    »Sie müssen sich irgendwie zusammenreißen. Jetzt gleich. Ich weiß, wo die Pferde untergestellt sind. Wir können bei Tagesanbruch dreißig Kilometer weit weg sein.«
    Jori biss sich auf die Unterlippe, wischte sich die Tränen von den Wangen und nickte.
    Leise schlichen sie den Flur hinunter. Hadrian fürchtete, was ihnen in der Taverne bevorstehen mochte. Als sie den Durchgang erreichten, hob er einen Finger vor die Lippen. Dann packte er den Beutel mit den Konserven wie eine Waffe und öffnete die Tür.
    Es brannten nur noch drei Kerzen, und ihr Licht war so schwach, dass Hadrian erst auf halber Strecke bemerkte, dass Wheeler immer noch an dem Ecktisch saß und den Kopf auf die verschränkten Arme gebettet hatte. Jori wies auf einen anderen dunklen Schatten neben dem warmen Ofen. Sebastian hatte sich dort auf dem Boden zusammengerollt.
    Der Himmel war vollkommen klar. Das Licht des Halbmonds und der Sterne reichte aus, um ihren Weg durch das Dorf zu beleuchten. Bis Tagesanbruch blieben ungefähr sechs Stunden, aber bevor Hadrian die Ställe ansteuerte, musste er noch etwas erledigen.
    Der Laden der Papiermacherin hatte am Vordereingang kein Schloss, wusste er seit dem Nachmittag. Lediglich die Tür im hinteren Teil war mit einem Vorhängeschloss gesichert. Hadrian bekam es mit dem Stemmeisen problemlos auf. Er nahm eine Kerze und ging hinein.
    Der geheime Arbeitsraum war aufgeräumt, und an der Werkbank hatte man eine ungewöhnliche Vorrichtung befestigt. Sie verfügte über einen langen Hebel, der Hadrian sofort an die Besuche im Haus eines Großonkels denken ließ, als er selbst noch ein Junge gewesen war. Der Onkel warbegeisterter Jäger gewesen, und Hadrian hatte ihm geholfen, mit genau so einem Gerät eigene Schrotpatronen herzustellen.
    Er drückte den Hebel nach unten und sah nun den Holzkasten mit den Zündkapseln aus Messing. Ein zweiter Kasten enthielt Zylinder aus dem dicken grauen Wachskarton, der hier angefertigt wurde, und ein dritter einen der Holzrahmen, die Hadrian aus dem geheimen Lager in Carthage kannte. Es steckte bereits mehr als ein Dutzend fertiger Patronen darin. Hadrian schob sich eine davon in die Tasche und untersuchte schnell noch des Rest des Raumes. Es gab hier weder Schrotkugeln noch Anzeichen für Schießpulver. Allerdings stand eines der kleinen Fässer, die er an Bord der
Anna
gesehen hatte, versiegelt auf dem Boden. Er machte einen Schritt darauf zu.
    »Hadrian, bitte!«, flehte Jori.
    Er wandte sich widerstrebend ab, blies die Kerze aus und verließ den Laden. Nach einigen weiteren Gassen erreichten sie die kleine Koppel neben dem Stall. Hadrian wartete eine Weile ab, konnte dort aber keinerlei Anzeichen für Aktivität erkennen.
    »Wir brauchen keine Pferde«, sagte Jori. Die Angst in ihrer Stimme war fast greifbar.
    »Und dann? Gehen wir vierhundert oder fünfhundert Kilometer zu Fuß? Noch zehn Minuten und wir sind weg. Eine Stunde südlich von hier fängt der dichte Wald an. Dort werden sie uns nicht finden.«
    Sie atmete tief durch und nickte.
    Überraschenderweise konnte Jori mit Tieren gut umgehen und beruhigte flüsternd die beiden Pferde, die Hadrian aus ihren Boxen führte. Als er den Gurt des zweiten Sattels anzog und eine Decke dahinter festband, wurde ihm leichter ums Herz. Dann flatterten am anderen Ende des Gebäudesplötzlich Tauben von ihren Schlafplätzen auf. Er warf Jori einen der Zügel zu.
    »Los!«, rief er. Aus dem leisen Knarren der Bodendielen wurde das Hämmern rennender Stiefel. Hadrian verbarg sich hinter dem zweiten Pferd und holte mit dem Beutel voller Dosen aus. Sein Timing war perfekt. Er traf den ersten Mann genau an der Schläfe und holte ihn von den Beinen. Dann riss er den Kopf des Pferdes herum und versetzte ihm einen Klaps auf die Hinterhand, so dass es in

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