Die Asklepios Papiere (German Edition)
Überwachungssystem der Metro und so nicht die geringste Ahnung, wo er sinnvoller Weise mit seiner Suche beginnen sollte.
Er saß in seinem Auto auf dem grasüberwucherten dunklen Parkplatz einer heruntergekommen Fabrikruine im VII. Arrondissement und wartete auf Domino. Luc wollte sich gerade eine weitere Zigarette anzünden, als eine schwarze Enduro röhrend auf ihn zugerast kam. Keinen Meter neben ihn bremste das Motorrad mit quietschenden Reifen und eine Frau in schwarzer hautenger Lederkluft stieg ab: Domino. Sie nahm ihren Helm mit getöntem Visier ab und stieg zu Luc ins Auto.
„ Bonsoir Luc“, begrüßte sie ihn mit einer lieblichen Stimme, die kaum erahnen ließ, wie eiskalt und berechnend sie tatsächlich war.
Luc war stets auf Neue fasziniert von dieser geradezu mysteriösen Ambivalenz: Einerseits war Domino – ihren richtigen Namen kannte er nicht – eine distinguierte hübsche junge Frau, die wahrscheinlich eine aristokratische Erziehung genossen hatte. Sie war eine angenehme Gesprächspartnerin, drückte sich stets eloquent aus und verfügte über ein immenses Allgemeinwissen. Andererseits war sie jedoch auch eine kaltblütige Auftragsmörderin, die ihr Ziel niemals verfehlte und jeden Auftrag ausführte, ohne mit der Wimper zu zucken.
„Schön, Sie noch einmal wiederzusehen“, sagte sie, zog ihre Lederhandschuhe aus und reichte ihm zur Begrüßung die Hand.
„ Ça va?“, erwiderte Luc. „Wir haben wie üblich leider viel Arbeit vor uns und nur sehr wenig Zeit.“
Domino nickte lächelnd. Luc vernahm den Hauch eines süßlichen Parfums. Er wusste nicht, wo Ginster eine Frau wie sie aufgegabelt hatte, nur eines schien sicher: Ihre Aussprache wies einen osteuropäischen Akzent auf, der darauf schließen ließ, dass sie keine gebürtige Französin sein konnte.
„Hat Ginster Sie informiert?“, fragte Luc während er den Wagen startete und den Parkplatz Richtung Innenstadt verließ.
„ Leider nein! Ich weiß nur, dass wir auf der Suche nach einer Frau aus Deutschland sind.“
Domino band sich die schulterlangen blonden Haare zu einem Pferdeschwanz zusammen.
„Korrekt. Hannah Bachmayer. Sie ist in Begleitung eines Dr. Lennard Schulz. Die beiden haben höchst brisante Unterlagen gefunden, die Ihren Chef und PSU…sagen wir ´mal… kompromittieren könnten.“
Domino nickte und sah Luc weiterhin mit einem höflichen Gesichtsausdruck an.
„Die beiden sind auf der Flucht. Ich bin ihnen zwar bereits den ganzen Tag auf den Fersen, doch haben sie bisher mehr Glück als Verstand gehabt. Sie sind mir entwischt.“
„ Wir sollen sie beseitigen?“, fragte Domino.
„ Nachdem wir die Unterlagen haben…ja.“
„ Wo halten sie sich gerade auf?“
„ Irgendwo in Paris!“
„ Paris ist groß, wenn ich das einwenden darf“, sagte sie so charmant, als fordere sie ihn zum Tanzen auf.
„ Genau, aber die beiden müssen sich einen Unterschlupf für die Nacht gesucht haben. Madame Bachmayer ist schwanger und Dr. Schulz habe ich eine Kugel verpasst. Sie müssen sich irgendwo ausruhen und sie werden es bestimmt vermeiden, in ein Hotel zu gehen, weil sie wissen, dass ich ihre Kreditkartendaten überprüfen kann. In die Wohnung von Dr. Schulz können sie aber auch nicht zurück, da sie davon ausgehen müssen, dass ich diese observieren lasse.“
„ Also…?“, fragte Domino.
„ Also…habe ich soweit möglich alle relevanten Kontakte von Dr. Schulz zusammengetragen. Ich vermute, sie sind einfach zu einem Freund oder Arbeitskollegen und haben gefragt, ob sie sich für einige Stunden dort verstecken können.“
„ Und wie viele relevante Kontakte haben sie ausfindig machen können?“
Luc griff nach einem Computerausdruck in seiner Hemdtasche.
„Familiäre Bindungen hat er in Paris keine, engere Freundschaften außerhalb des universitären Betriebs sind auch nicht bekannt. Dr. Schulz ist mit einem Stipendium nach Paris gekommen und wird bald wieder zurück nach Deutschland gehen. Er hat also hauptsächlich Kontakt mit seinen Kollegen.“
Domino runzelte die Stirn, unterbrach Luc jedoch nicht.
„Aus seinem Umfeld ist niemand Polizeilich erfasst. Ich musste deshalb auf offen zugängliche Quellen zurückgreifen und dabei habe ich rund zwanzig Personen identifiziert: Fachbereichskollegen, seine wissenschaftlichen Mitarbeiter…“
„ Luc, mon cher , ich weiß, Sie sind der Kommissar, doch wenn Sie mir hierzu einen kleinen Kommentar erlauben?“ Sie fixierte Luc mit ihren
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