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Die Aspern-Schriften (German Edition)

Die Aspern-Schriften (German Edition)

Titel: Die Aspern-Schriften (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry James
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ersparen, wenn es tatsächlich so gewesen sei, dass ich sie verärgert hätte. »Ihren Anblick?« fragte meine Begleiterin beinahe ungehalten, »glauben Sie denn, sie könne sehen?« Das glaubte ich tatsächlich, aber ich hielt mich zurück, ihr dies mitzuteilen, und folgte nun mit vorsichtigen Schritten meiner Führerin.
    Ich erinnere mich, was ich zu Miss Tina sagte, als ich einen Moment lang neben dem Bett der alten Frau stand: »Zeigt sie Ihnen denn niemals ihre Augen? Haben Sie diese noch nie gesehen?« Man hatte Miss Bordereau ihren grünen Schirm abgenommen, aber die obere Hälfte ihres Gesichts – ich hatte nicht das Glück, Juliana in ihrer Nachthaube zu sehen – war mit einem locker fallenden Stück schäbigen, spitzenartigen Musselins bedeckt, einer Art improvisierter Haube, die um ihren Kopf gewunden war und bis zur Nasenspitze reichte, aber außer ihren bleichen, welken Wangen und dem runzligen Mund, den sie offenbar bewusst fest geschlossen hielt, nichts von ihr erkennen ließ. Miss Tina warf mir einen verwunderten Blick zu, weil sie offenbar keinen Grund für meine Beschwerde sah. »Sie meinen, weil sie immer etwas über den Augen trägt? Sie tut es, um sie zu schützen.«
    »Weil sie so empfindlich sind?«
    »Ja, heutzutage – heut e !« Miss Tina schüttelte den Kopf und sprach ganz leise. »Aber früher waren sie ungewöhnlich schö n !«
    »Das muss wohl so gewesen sein – Aspern hat es uns mit seinem Wort verbürgt.« Und als ich noch einmal die Verhüllung der alten Frau betrachtete, konnte ich gut nachvollziehen, dass sie keine Spekulationen darüber hatte zulassen wollen, ob der große Dichter übertrieben habe. Doch ich verschwendete nicht meine Zeit damit, über Juliana nachzudenken, deren Atmung kaum noch wahrzunehmen war, sodass man befürchten musste, jede menschliche Hilfe werde zu spät kommen. Erneut ließ ich meine Blicke durch den ganzen Raum schweifen, stöberte mit den Augen in Schränken, Schubladen von Kommoden und auf Tischen. Miss Tina bemerkte sofort, wohin meine Blicke zielten, und erriet, was in ihnen vorging; doch sie reagierte nicht darauf, sondern wandte sich rastlos und besorgt ab, sodass ich mich zu Recht für meine Neugier getadelt fühlte, die angesichts unserer sterbenden Gefährtin fast etwas Unschickliches an sich hatte. Dennoch gestattete ich mir einen weiteren Blick, um mir im Geiste das Behältnis auszusuchen, das jemand, der sich gleich nach Miss Bordereaus Tod Zugriff zu ihren Papieren verschaffen wollte, als Erstes durchsuchen würde. Das Zimmer befand sich in schrecklicher Unordnung; es sah aus wie die Garderobe einer alten Schauspielerin. Kleider hingen über den Stühlen, hier und da lagen seltsam schäbige Bündel herum und mehrere abgewetzte, zerbeulte und ausgeblichene Pappkartons, die schon fünfzig Jahre alt sein mochten, waren aufeinander gestapelt. Nach einer Weile bemerkte Miss Tina erneut meine Blickrichtung, und als erriete sie, wie ich über solche Zustände dachte – wobei sie vergaß, dass es nicht meine Sache war, darüber ein Urteil abzugeben –, sagte sie schließlich, vielleicht um sich gegen die Unterstellung zu verwahren, sie sei an dieser Unordnung beteiligt: »Sie möchte es so haben; wir dürfen die Dinge nicht verrücken. Es sind ein paar alte Hutschachteln dabei, die sie schon ihr Leben lang besitzt. Dann fügte sie hinzu, als hätte sie Mitgefühl mit meinen wirklichen Gedanken: »Diese Dinge waren immer schon dort.« Und sie zeigte auf eine kleine, niedrige Truhe, die unter einem Sofa stand, wo gerade ausreichend Platz für sie war. Sie sah aus wie ein seltsamer, total altmodischer Schrankkoffer, war aus bemaltem Holz mit schön gearbeiteten Griffen und verzogenen Riemen, und ihre Farbe – sie war zuletzt mit einer hellgrünen Farbschicht versehen worden – war schon an vielen Stellen abgeblättert. Dieser Koffer war offenbar in früheren Zeiten mit Juliana auf die Reise gegangen – in den Tagen, da sie noch abenteuerlustig war, muss er dabei gewesen sein. Es hätte wohl einen seltsamen Eindruck erweckt, wäre man damit heute in einem Hotel abgestiegen.
    »Waren dort – und sind sie es nicht mehr?« fragte ich, irritiert durch Miss Tinas Andeutung.
    Sie wollte gerade antworten, aber in diesem Moment trat der Arzt ein – jener Arzt, nach dem die kleine Magd ausgeschickt worden war und den sie schließlich doch gefunden hatte. Mein Diener, der mit eigenem Auftrag unterwegs gewesen war, hatte sie mit ihrem Begleiter im

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