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DIE ASSASSINE

DIE ASSASSINE

Titel: DIE ASSASSINE Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joshua Palmatier
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verdrängte den Gedanken aber und richtete die Aufmerksamkeit stattdessen darauf, von den Wachen ungesehen durchs Tor zu gelangen.
    Ich musste eine Stunde warten, dann endlich wurden die Wachen lange genug abgelenkt, dass ich mich an ihnen vorbeischlängeln konnte. Ich hielt auf die äußere Stadt zu und kehrte zu Borunds Haus zurück, um Bericht zu erstatten.
    Unterwegs sah ich weder Erick noch sonstige Gardisten.

D ER P ALAST
    I ch wartete nicht an der Tür des Audienzsaals. Vielmehr durchquerte ich den dunklen Raum sofort, huschte in der Finsternis zwischen Stühlen und Tischen hindurch, zwischen Blumenvasen, Skulpturen und Pflanzen. Auf der gegenüber liegenden Seite des Raumes befand sich eine weitere, kleinere Tür, die tiefer in das innere Heiligtum führte, zum Thronsaal und zu den Gemächern der Regentin.
    Ich schlich auf die Tür zu und zögerte, bevor ich sie öffnete, um zu lauschen. Ich konnte den Fluss nicht verwenden, um festzustellen, ob sich jemand auf der anderen Seite befand, weil die Tür mir die Sicht versperrte, aber es war immerhin möglich, Geräusche und Gerüche wahrzunehmen …
    Nichts.
    Ich wollte die Tür gerade öffnen, als ich am Rand meines Hörbereichs ein Flüstern vernahm. Ich verharrte, konzentrierte mich, atmete langsam aus, hielt die Luft an …
    Und hörte ein leises Rascheln wie Laub, das über Kopfsteinpflaster schabt. Ich runzelte die Stirn. Ich hatte dieses Geräusch schon einmal im Palast gehört, bei einem der Treffen zwischen Borund und Avrell. Damals jedoch war es nur ein Flüstern gewesen, das beinahe sofort wieder verschwunden war. Dieses Geräusch war lauter und hielt an.
    Ich zögerte einen Augenblick, bündelte alle Aufmerksamkeit.
    Das Geräusch raschelnder Blätter verstärkte sich, schien sich mir aus der Ferne entgegenzustrecken. Als es schließlich noch lauter wurde, verwandelte es sich in Stimmen … Hunderte Stimmen, die alle gleichzeitig sprachen und Aufmerksamkeit forderten.
    Ich zuckte von der Tür zurück, doch die Stimmen verschwanden,sobald ich die Aufmerksamkeit nicht mehr darauf richtete und den Fluss weggleiten ließ. Im Raum herrschte Stille. Totenstille.
    Irgendetwas klapperte gegen die Tür auf der anderen Seite des Raumes, wo die Wachen gestanden hatten. Ohne nachzudenken, mit wild pochendem Herzen, zog ich die Tür vor mir auf und huschte hindurch. Den seltsamen Stimmen schenkte ich vorerst keine Beachtung. Sie würden warten müssen.
    Die Tür führte auf einen schmalen Gang, einen Flur für Bedienstete, der leicht gekrümmt war und ein paar Dutzend Schritte entfernt aus meinem Sichtfeld verschwand. Ich ließ den Blick in beide Richtungen wandern. Niemand war zu sehen.
    Ich biss mir auf die Unterlippe und nahm mir einen Augenblick Zeit, um im Geiste den Plan zu Rate zu ziehen, den Avrell mir gegeben hatte. Doch dieser Plan war nicht so vollständig wie der für den äußeren Teil des Palasts und zeigte nicht alle Nebengänge.
    Ich seufzte verärgert und bog nach rechts, setzte mich geräuschlos in Bewegung, ließ die linke Hand über die raue Granitwand streifen, um mich zu orientieren. Zehn Schritte weiter stieß meine Hand auf eine Türkante.
    Ich drückte ein Ohr an das Holz, konnte auf der anderen Seite aber nichts hören.
    Ich setzte den Weg fort.
    Zwei Türen weiter tauchte das flackernde Licht einer Fackel am Ende des Flurs auf, gefolgt von Stimmen und dem leisen Klappen einer sich schließenden Tür.
    Sofort kauerte ich mich hin, tastete nach dem Riegel der Tür in meinem Rücken.
    »Was ist denn los?«, wollte jemand mit müder Stimme wissen.
    »Baill lässt die gesamte Garde suchen«, knurrte jemand anders. »Aber er kam zu dem Schluss, das sei nicht genug, also hat er auch alle Bediensteten dazugerufen.« Einen Augenblick lang flammte das Fackellicht höher, und im helleren Schein konnteich kleine Schalen mit Öl an den Wänden zu beiden Seiten erkennen.
    Die Männer zündeten die Wandleuchter an. In den nächsten fünfzehn Minuten würde der gesamte Palast hell erleuchtet sein.
    »Und was um alles in der Welt erwartet er von uns?«
    »Dass wir ihm helfen.«
    »Und was dann?«
    Ich holte angespannt Luft; dann öffnete ich die Tür hinter mir und huschte hindurch, als das Licht der Fackeln und Ölleuchter heller wurde und die Stimmen sich näherten. Die Tür schloss sich mit einem leisen Klicken. Das Holz dämpfte die Unterhaltung auf dem Gang auf der anderen Seite.
    Ich wartete, bis ich ihre Stimmen den Gang hinunter verschwinden

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