Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
DIE ASSASSINE

DIE ASSASSINE

Titel: DIE ASSASSINE Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joshua Palmatier
Vom Netzwerk:
Bestandteil des Hintergrunds mehr.
    Borunds Blick schweifte von einem Anwesenden zum anderen.
    »Und jetzt«, fuhr er fort, »fühle ich mich nicht mehr sicher. Nicht einmal hier, wo ich herkomme, seit mein Vater mich zum ersten Mal zum Kai mitgenommen hat.« Er lächelte bittersüß, ehe er die Aufmerksamkeit wieder mir zuwandte. »Und dabei kommst du ins Spiel, Varis. Ich brauche jemanden, der mich bewacht, mich beschützt.«
    Ich hörte auf zu kauen. Durch einen Mund voll Brot und Tunke stieß ich hervor: »Was?«
    Borund beugte sich vor. »Ich möchte, dass du mich zum Kai,in die Stadt oder den Palast begleitest, wohin ich auch gehe, und dafür sorgst, dass mir nichts geschieht. Ich weiß, dass du mit einer Waffe umgehen kannst. Das habe ich gesehen. Ich weiß, dass du dich verteidigen kannst. Dieser Junge, den du getötet hast … Er war ausgebildet , Varis. Er wusste, wie man einen Dolch führt. Trotzdem hast du ihn mühelos überwältigt.«
    Ich schluckte. Der Klumpen Brot fühlte sich plötzlich zu groß und fad an. »Er war dumm.«
    »Mag sein. Aber am Ende lag er am Boden, nicht du. Ich wette, du kannst fast jeden besiegen. Auch jeden, der angeheuert werden könnte, mich zu töten.«
    »Wer würde Euch töten wollen?«
    William schnaubte und nahm einen ausgiebigen Schluck Bier. Er hatte bereits reichlich getrunken. Ich hatte meinen Becher noch nicht angerührt. Borund ebenso wenig.
    »Wer mich tot sehen möchte? Andere Händler vielleicht. Oder andere Leute mit Einfluss aus der Oberstadt. Oder Menschen hier am Kai, die … nun ja, verzweifelt geworden sind.« Nun griff Borund nach seinem Bier. »Es gibt viele Leute, die es versuchen könnten.« Er trank, wobei er mich aufmerksam über den Becherrand beobachtete; dann stellte er den Becher beiseite. »Siehst du diese Jacke? Das Rot steht für mein Händlerhaus. Die Farbe wurde als Zeichen für die Ware gewählt, mit der ich gehandelt hatte, als mein Haus seinerzeit als Mitglied der Gilde eingetragen wurde. Meine Jacke ist rot, weil ich damals hauptsächlich eingeführte Weine verkaufte. Aber seither ist mein Haus gewachsen. Mittlerweile handle ich mit zahlreichen Waren – Gewürzen, Getreide, Tuch. Die Goldstickerei an den Ärmeln der Jacke und um den Kragen lassen erkennen, mit welchen Waren mein Haus schon gehandelt hat – sieh her.« Er wies auf seine Manschette. »Diese drei Linien bedeuten, dass ich mit Flachs gehandelt und möglicherweise eine Bezugsquelle habe, falls jemand daran interessiert ist. Dieser längliche Kreis steht für Seide aus der östlichen Stadt Korvallo, jenseits der Berge. Jemehr Stickereien, desto mächtiger ist ein Haus. Die Jacke und die Stickereien sind ein notwendiger Bestandteil der Arbeit der Gilde. Sie sind sogar unerlässlich, will mein Haus in der Gilde und im Palast seinen Einfluss behalten. Aber sie hat auch einen Nachteil. Sie verkündet der Welt, wie mächtig ich bin, und das zieht unerwünschte Aufmerksamkeit auf mich.«
    »Sie macht Euch zu einem Ziel«, sagte ich.
    Borund erwiderte nichts, starrte stattdessen auf den feuchten Ring aus Bier, den der Becher auf dem Tisch hinterlassen hatte; dann begann er, das Bier mit einem Finger in einer kreisenden Bewegung zu verteilen.
    »Natürlich würdest du nicht mehr wie eine Wasserratte unten am Kai hausen, wenn du bereit wärst, für mich zu arbeiten.«
    Meine Augen wurden schmal, und ein Funke heißen Zorns flammte in mir auf.
    Borund schaute kurz auf; dann strich er weiter mit dem Finger über den Bierkranz. »Ja. Ich habe dich beobachten lassen. Ich musste mich vergewissern, dass du vertrauenswürdig bist. Dass du nicht von einem der anderen Händler geschickt wurdest, als Spitzel vielleicht.« Er seufzte. »Wenn du die Arbeit annimmst, müsstest du in meinem Haus in der inneren Stadt leben. Du müsstest dort schlafen und essen. Mein Tagesablauf ist nicht festgelegt; deshalb bräuchte ich dich in der Nähe, falls ich rasch aufbrechen muss. In vernünftigem Rahmen würde ich für alles aufkommen, was du brauchst.« Die kleinen, kreisförmigen Bewegungen endeten, und er hob den Finger vom Bier und richtete die Augen auf mich. »Es wäre ein sehr viel besseres Leben, als am Kai zu stehlen.«
    Ich zögerte. Mein Zorn, dass er mich hatte verfolgen und beobachten lassen – und dass es ihm gelungen war, ohne dass ich es bemerkt hatte –, wütete heiß in mir. Wen immer er geschickt hatte, um mir nachzustellen, ich hätte die Person bemerken müssen.
    Ja, genau so fühlte

Weitere Kostenlose Bücher