Die Assassinen-Prinzessin (German Edition)
verbleibenden Möglichkeiten noch eine Weile gegeneinander ab, kam dadurch aber zu keinem eindeutigen Ergebnis. Seine Intuition hingegen sagte ihm mit jedem Abwägen deutlicher, dass der Mörder ein Assassine gewesen sein musste und daher große Probleme auf die Gilde zukommen würden. Mit dieser beunruhigenden Vermutung im Kopf verließ Dynoran schließlich das Schlafgemach des Fürsten und eilte – tief in einen gedanklichen Zwiespalt versunken – ziellos durch die Burg.
Ein Tag der Entscheidungen
"Was bildet sich dein aufgeblasener Idiot von einem Bruder eigentlich ein?", fragte Altyra ihre beste Freundin verärgert, unmittelbar nachdem Dynoran den Thronsaal verlassen hatte. "Kommt hier unangekündigt an und drängt sich mir zur Untersuchung des Mordes an Pirag auf, als ob meine eigenen Männer zu unfähig wären, um diese Angelegenheit aufzuklären!"
"Ich glaube, dass du etwas vorschnell urteilst, Altyra", versuchte Tylana ihre Freundin ein wenig zu beruhigen. "Wenn du mich fragst, wollte mein Bruder dir wirklich nur seine Hilfe anbieten – auf seine eigene, unbeholfene Art."
Unglücklicherweise erreichte sie damit jedoch das genaue Gegenteil bei der jungen Fürstin, da diese noch lauter und zorniger wurde.
"
Seine Hilfe anbieten
nennst du das? Für mich klang es eher so, als würde er sich wie ein hochnäsiger, eingebildeter und besserwisserischer Königssohn aufspielen, der glaubt, dass außer ihm kein anderer Mensch auf der Welt in der Lage sei, irgendetwas richtig zu machen. Verfluchter Bastard!"
"Beruhige dich bitte, liebste Freundin! Ich kann dir versichern, dass dies nicht Dynorans Absicht gewesen ist. Alles, was man ihm vorwerfen kann, ist, dass er häufig nicht weiß, wie er sich richtig ausdrücken soll."
"Seit wann nimmst du diesen aufgeblasenen Kerl in Schutz, Tylana?", fragte Altyra verwirrt. "Das letzte Mal, als wir uns über ihn unterhielten, warst du noch der gleichen Meinung wie ich, wenn ich mich recht erinnere."
"Die Zeiten ändern sich, liebste Freundin", entgegnete die Prinzessin von Palderan grinsend. "Ich kann mich beispielsweise nicht daran erinnern, dass du früher schon so häufig geflucht hast."
"Wenn du dich fast dein ganzes Leben lang mit einem so nervigen Stiefvater wie Pirag hättest herumärgern dürfen – möge der Tod ihn gnädig aufgenommen haben –, hättest du wahrscheinlich einen ähnlichen Kompensationsmechanismus entwickelt. Immerhin bleibt einer Dame unseres Standes keine andere Möglichkeit zum Abreagieren, da es sich für uns nicht geziemt, handgreiflich zu werden oder gar selbst zu einer Waffe zu greifen. Schon wenn ich einen einfachen Bogen zur Hand nehme, schauen mich die Menschen verwundert an. Abgesehen davon erfordert das Bogenschießen so viel Geduld, dass es sich zum Abreagieren …"
"Schon gut, schon gut", unterbrach Tylana ihre Freundin an dieser Stelle. "Ich verstehe, was du mir sagen willst."
"Schön", entgegnete Altyra beleidigt. "Vielleicht hilfst
du
mir dann dabei zu verstehen, was du mit
Die Zeiten ändern sich
meinst?"
"Ich weiß nicht genau, was die Verhaltensänderung meines Bruders hervorgerufen hat", schwindelte Tylana, "aber seit wenigen Tagen nach unserer Unterhaltung mit ihm auf dem Ball verhält sich Dynoran mir gegenüber wieder so, wie vor seinem langen Studium in der Ferne – genauso liebevoll und zuvorkommend wie in unseren Kindertagen."
"Aus irgendeinem Grund kann ich dir kein einziges dieser Worte glauben, wenn ich an unsere Unterhaltung gerade eben zurückdenke", blockte Altyra sarkastisch ab. "Es sei denn, er kann nur mich persönlich nicht leiden und setzt alles daran, den Platz des verstorbenen Pirag einzunehmen."
"Jetzt übertreibst du aber, Altyra!"
"Ich übertreibe überhaupt nichts!", fuhr die junge Fürstin ihre Freundin schärfer an, als sie es beabsichtigt hatte. "Verzeih mir bitte, liebste Freundin! Ich wollte dich nicht anschreien. Es ist nur so, dass mich Pirags Tod mehr beschäftigt, als es vielleicht den Anschein haben mag. Denn obwohl ich ihn absolut nicht leiden konnte, hat er ein solches Schicksal nicht verdient."
Und ich als seine Mörderin müsste eigentlich dafür bestraft werden
, fügte sie in Gedanken hinzu.
Allerdings war sie weit davon entfernt, irgendjemandem diese Wahrheit zu offenbaren.
"Unter besten Freundinnen gibt es nichts zu verzeihen, Altyra", entgegnete Tylana mit einem warmen Lächeln. "Ich kann zwar nicht wirklich nachvollziehen, wie du dich gerade fühlst, aber ich kann es
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