Die Assistentin
die VIPs erpressen – oder ein Druckmittel gegen Hank in der Hand haben. Aber als Lane von der Polizei befragt wurde, schwor sie, dass sie keine Ahnung hatte, wie die heiklen Beweisstücke in ihre Giraffe gekommen waren. Selbst als deutlich wurde, dass es für sie wesentlich einfacher würde, wenn sie ihre Schwester verriete, blieb sie bei ihrer Aussage.
Als der Staatsanwalt Anklage gegen sie erhob, musste er geglaubt haben, auf den Fall seines Lebens gestoßen zu sein. Auf täglichen Pressekonferenzen hielt er die Medien hin. Er sprach davon, dass etliche Männer von Wohlstand und hohem Ansehen in die Affäre verwickelt seien, nannte jedoch keine Namen. Er würde nichts enthüllen, solange er nicht alles belegen könnte. Dazu brauchte er die Aussage der fünfzehnjährigen Lucy Cox. Ihr Prozess war damals einer der aufsehenerregendsten Gerichtsfälle in der Stadt gewesen. Der Staatsanwalt wollte sie benutzen, um zu belegen, dass in der Lodge Minderjährige als Prostituierte arbeiteten, obwohl Lucy ihn und jeden, der es hören wollte, beschwor, dass sie nie als Hostess gearbeitet hatte.
Doch dann geschah ein Wunder, zumindest in den Augen der verdächtigten Männer. Die Stoffgiraffe samt ihrem brisanten Inhalt wurde aus der Asservatenkammer der Polizei gestohlen. Damit waren die Ermittlungen gegen die Männer zu Ende. Bis auf Lucy kamen alle Beteiligten ungeschoren davon. Sie allein wurde vor Gericht gestellt. Ihr wurden Prostitution, Beamtenbeleidigung, ein Fluchtversuch und alles andere vorgeworfen, was man ihr anhängen konnten. Rick Bayless, der Hauptbelastungszeuge, behauptete sogar, er hätte Drogen bei ihr gefunden, auch wenn diese niemals wieder aufgetaucht waren.
Wer auch immer die Beweismittel gestohlen hatte, er wurde nie gefasst. Die Fotos und die Kondome waren und blieben verschwunden. In Lanes Augen handelte es sich um erstklassiges Erpressungsmaterial. Doch all die Jahre hatte sie versucht,
nicht
daran zu denken. Sie wollte glauben, dass ihr geliebtes Kuscheltier mitsamt seinem brisanten Inhalt vernichtet worden und der Albtraum vorüber war. Ja, in der Lodge hatte es Prostituierte gegeben, aber keine von ihnen war minderjährig gewesen. Es waren erwachsene Frauen, die diesen Job freiwillig gemacht hatten. Nur Hank wollte Lane zwingen, ihm zu Diensten zu sein. Sie wusste nicht, was aus dem Mann geworden war, vor dem sie sich im Schrank versteckt hatte.
Lane spürte, wie ihr ein kalter Schauder über den Rücken lief. Der Mord an Hank war immer noch nicht aufgeklärt, obwohl es Verdächtige in Hülle und Fülle gab. Natürlich hatte jeder angenommen, Sandra hätte ihn umgebracht. Aber Sandra hatte ein wasserdichtes Alibi gehabt – und Hank hatte viele Feinde. Jeder der VIP-Gäste der Lodge hätte einen Grund gehabt. Es ergab durchaus Sinn, dass der Mörder ein paar Jahre gewartet hatte, bis niemand sich mehr daran erinnerte, wer genau in den Skandal um die Lodge verwickelt gewesen war. Als Manager hatte Hank natürlich über das bizarre Sexleben jedes Einzelnen Bescheid gewusst. Möglicherweise war er es sogar gewesen, der die belastenden Beweise gesammelt hatte.
Viele Menschen hatten einen Grund, ihm den Tod zu wünschen, aber alle Spuren hatten sich letztendlich als Sackgassen erwiesen. Schließlich hatte die Polizei aufgegeben. Mit einer einzigen Person hatte sie jedoch nicht gesprochen. Zu dumm, denn Lane Chandler war der einzige Mensch, der ihnen bei der Aufklärung hätte helfen können.
Lane ließ das Armband so kräftig zurückschnellen, dass sie einen brennenden Schmerz spürte. Ihr Nacken war schweißnass und eiskalt. Das konnte nicht gut gehen. So sehr sie ihrer Schwester auch helfen wollte – sie konnte ihr keinen Job geben. Das war viel zu gefährlich.
* * *
Mittwoch, 9. Oktober
Die Ausläufer der San Gabriel Mountains trugen bereits einen löwenzahngelben Heiligenschein, als Rick sich dem Dodger Stadium näherte, dem Heimatstadion der Los Angeles Dodgers in Chávez Ravine. Bald würde die Sonne alles in goldenes Licht tauchen, aber dann wollte Rick schon längst wieder verschwunden sein. Hoch oben an der Betonmauer, die das Stadium umgab, waren riesige Gemälde von den besten Spielern zu sehen, die auf diesem Rasen gesiegt hatten. Rick erkannte Sandy Koufax, Jackie Robinson und Pee Wee Reese. Heute hing auch Ned Talberts Bild da. Sein Porträt war auf eine riesige Leinwand gemalt worden.
Traurigkeit erfasste Rick, als er das vertraute Lächeln sah, das auf Neds attraktivem
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