Die Assistentin
übersichtliche Liste mit Stichpunkten zusammenstellen zu können, aus der er dann seine Schlüsse ziehen konnte, dann hatte er sich geirrt. Was er geschrieben hatte, glich eher einer freien Assoziation – und sie handelte von Lucia Cox, nicht von Lane Chandler.
Merkwürdig, dass er im Nacken schwitzte, obwohl es in seinem Büro eher kühl war. Das konnte an den Medikamenten liegen, aber wahrscheinlich lag es an seiner Enttäuschung. Sie entzog sich ihm immer noch, trotz seiner Nachforschungen. Sie war seine einzige Spur zu dem, was Ned in jener Nacht zugestoßen war. Zu wissen, wer sie war, schien entscheidend zu sein, aber vielleicht täuschte er sich, was die Bedeutung ihrer Vergangenheit anging. Verwechselte er sie mit ihrem Alter Ego Lucia Cox? Wollte er an seinen Kampf mit einem fünfzehnjährigen Kind anknüpfen, als sei dieser Konflikt noch lange nicht gelöst? Vielleicht ging es gar nicht um Ned, sondern um ihn.
Er griff noch einmal nach dem Stift und fügte einen letzten Satz hinzu.
Die Frau, die verspricht, das Leben von anderen zu ändern, hat auch bei sich selbst ganze Arbeit geleistet.
Ein kratzendes Geräusch erweckte Ricks Aufmerksamkeit. Vor einer Woche wäre er daraufhin sofort in sein Schlafzimmer gelaufen, um seine Waffe zu holen. Jetzt wusste er genau, was dahintersteckte. Zitternd an die Fußleiste gepresst, hockte das kleine pelzige Wesen vor der Wand seines Büros und starrte ihn mit großen glänzenden Augen an. Kaum hatte er sie angesehen, da blinzelte die Maus und verschwand hinter dem Papierkorb. Das verdammte Vieh nahm langsam das ganze Haus in seinen Besitz.
Rick konnte sie nicht mehr töten. Keine Chance. Mit einer selbstmörderischen Maus zusammenzuleben, war wie ein Blick in den Spiegel: Rick sah sich selbst, und es war kein willkommener Anblick. Was war mit dem Mann geschehen, der geglaubt hatte, er wollte alle Seile kappen und sich mit dem Boot aufs Meer hinaustreiben lassen? So rührselig es auch klang, aber jetzt sah er einen Mann, der irgendwie seinen Lebenswillen wiedergefunden hatte, obwohl die Chancen für ihn schlecht standen. Selbst wenn Leben bedeutete, herumzuhumpeln wie eine verwundete Maus. Er sah jemanden, der einen Sinn in allem finden wollte, egal wie viel Zeit ihm noch blieb. Einen Mann, der sowohl dumm als auch dickköpfig war. Der überleben wollte.
Lane saß auf ihrem Sofa im Wohnzimmer. Eingehüllt in ihren weißen Frotteebademantel, balancierte sie ihren Laptop auf der Armlehne und gab die letzten Änderungen ihrer Reise nach Dallas ein. Sie würde noch vor Sonnenaufgang aufbrechen. Ashley hatte ihr versichert, ein paar aussichtsreiche Kandidaten für die Schlüsselpositionen gefunden zu haben.
Das waren gute Nachrichten. Sie hatte mit Jerry Blair telefoniert, der ihr von dem Besuch eines Bauunternehmers erzählt hatte. Der Unternehmer denke darüber nach, Lanes Dienste in Anspruch zu nehmen. Angeblich habe Lane ihm gesagt, er könne sich an Jerry wenden, falls er eine Empfehlung wünsche. An den Namen des Mannes erinnerte Lane sich nicht, als Jerry ihn erwähnte, aber als er ihr sein Aussehen beschrieb, wusste sie, um wen es sich handelte. Kurz geschorene Haare und eine Sonnenbrille, die seine stechenden grünen Augen verbarg. Lane hatte vorgegeben, den Bauunternehmer zu kennen, und Jerry für seine Empfehlung gedankt. Was hätte sie sonst auch tun sollen?
Rick Bayless entwickelte sich zu einer regelrechten Plage.
Lane war schrecklich müde, was den morgigen Trip noch beschwerlicher machen würde. Sie hatte sich darauf gefreut, ein paar Tage fortzukommen, als ihre Schwester plötzlich wie aus dem Nichts im Badezimmer ihres Büros aufgetaucht war. Sie hatte Sandra vorerst in einem Hotel untergebracht und ihr etwas Geld geliehen. Jetzt musste sie sich darüber klar werden, was sie mit ihr machen sollte. Lane überdachte ihre Entscheidung, ihre Schwester zu bitten, sich woanders Arbeit zu suchen, so weit weg wie möglich.
Im Moment wollte Lane vor allem einen anstrengenden Familienstreit vermeiden, und dazu würde es sicher kommen, wenn sie Sandra fortschickte. Außerdem war es sinnvoller, ihre Schwester in der Nähe zu haben, bis Lane herausgefunden hatte, ob sie etwas im Schilde führte, und wenn ja, was. Auch wenn sie vielleicht einen verwirrten Eindruck machte, war Sandra nicht auf den Kopf gefallen. Sie war eine der klügsten Frauen, die Lane kannte. Es musste eine Möglichkeit geben, sie in der Agentur zu beschäftigen, ohne dass sie Ärger machen
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