Die Assistentin
konnte. In der Zwischenzeit würde Lane sie weiter beobachten. Der Zeitpunkt ihres Auftauchens war einfach zu verdächtig.
Lane griff nach ihrem Handy, um Val zu bitten, er möge eine nervtötende und langweilige Arbeit für Sandra suchen. Vielleicht in der Buchhaltung? Sie drückte die Kurzwahltaste, doch der Service stand im Moment nicht zur Verfügung. Merkwürdig. Wahrscheinlich war es nur eine vorübergehende Störung, aber sie wollte diesen Punkt gerne abhaken und endlich ins Bett gehen. Es war bereits Mitternacht.
Sie streckte die Beine, stand auf und ging ins Esszimmer, um das schnurlose Festnetztelefon zu holen, als plötzlich ein Schatten durch den Raum wanderte.
Jemand war vor der Terrassentür vorbeigegangen.
Sie hatte kein Licht im Zimmer gemacht und schaute auf den schwach beleuchteten Dachgarten. Doch es war zu dunkel, um irgendwelche Einzelheiten erkennen zu können.
Sie sagte sich, dass es sich um einen Vogel gehandelt haben musste. Sie hatte einen kleinen Springbrunnen im Garten, aber sie hatte noch nie gehört, dass Vögel um Mitternacht badeten. Sie zögerte, den Sicherheitsdienst anzurufen. Wahrscheinlich war da nichts, nur ein paar unruhige Schatten, die ihr Herz zum Rasen brachten. Selbst ihre Beine fühlten sich ganz weich an.
An der Terrassentür befand sich eine Kontrollkonsole, und einer der Knöpfe setzte die Sprinkleranlage auf der Terrasse in Gang. Wenn irgendetwas da draußen war, konnte sie es vielleicht damit verscheuchen. Sie fand die Konsole und tastete nach dem richtigen Schalter. Sie wollte nicht das Licht oder die Musikanlage einschalten.
Sie zählte von links, fand den vierten Knopf und drückte ihn. Erleichtert sah sie, dass der Sprinkler sich einschaltete. Das Geräusch hastiger Fußschritte jagte ihr einen eiskalten Schauer über den Rücken. Sie sah, wie jemand zur Feuerleiter rannte. Die Gestalt war groß, wie ein Mann, aber sie bewegte sich schnell und mit katzenartiger Geschmeidigkeit. Einen Moment lang dachte sie, der Eindringling sei über die Mauer gesprungen, doch er musste die Feuertreppe erreicht haben. Sie musste unbedingt den Sicherheitsdienst anrufen, aber sie hörte einfach nicht auf zu zittern.
Ihr erster Gedanke war, dass jemand versucht hatte, bei ihr einzubrechen. Ihr Verstand sagte ihr allerdings, dass es nicht so einfach sein konnte. In dieser Gegend waren Einbrüche selten. Doch man konnte nie wissen. Wahrscheinlich konnte sie sich glücklich schätzen, dass sie nicht vergewaltigt und umgebracht worden war. Ihr nächster Gedanke galt Rick Bayless. Er war bereits in ihr Büro eingedrungen, warum sollte er es nicht auch hier versuchen?
Dieser Bastard! Wut mischte sich in ihre Angst.
Ihre Feindseligkeit gegenüber Bayless wallte in ihr hoch, so real und greifbar wie an jenem Tag, an dem er sie festgenommen hatte. Er hatte sie terrorisiert. Als er sie zu den Bildern und Kondomen befragte, die in ihrer Stoffgiraffe gefunden worden waren, hatte sie geschwiegen. Woher hätte sie auch mit Sicherheit wissen sollen, wie die Sachen dort hineingekommen waren? Aber er hatte ihr nicht geglaubt.
Er hatte mit der Faust auf den Tisch geschlagen und sie eine Lügnerin genannt. Sie hatte es geschafft, ihm nicht zu zeigen, wie viel Angst sie hatte. Daraufhin hatte er den Einsatz erhöht und alles Mögliche versucht, um sie einzuschüchtern. Er hatte ihr erzählt, was ihr alles drohte, wenn sie erst im Gefängnis war. Sie hatte seine rasende Wut nie begriffen – es schien fast, als sei er auf sie persönlich wütend. Warum beschimpfte er sie als Abschaum? Warum sagte er, sie sei bösartig, nichtsnutzig und wertlos? Als er sie eine Hure nannte, hatte sie es nicht länger ertragen und mit Fäusten auf ihn eingeschlagen.
Inzwischen glaubte sie, dass er genau das beabsichtigt hatte. Seine verletzte Lippe war ein Unfall gewesen, doch er wollte etwas haben, womit er sie festnageln konnte. Später, als der Richter die Anklagepunkte gegen sie verlas, war nicht die Rede von einem, sondern zwei Angriffen auf einen Polizeibeamten. Er hatte einen Köder ausgelegt, und sie war ihm in die Falle gegangen.
Er war kein Polizist, sondern ein Ungeheuer. Und das war er auch. Lane wurde acht schwerer Verbrechen angeklagt; sechs davon hatten nichts mit der Prostitution zu tun, wegen der er sie ursprünglich festgenommen hatte. Bayless hatte alles aufgezählt, was er finden konnte: Widerstand gegen die Staatsgewalt, Fluchtversuch, Drogenhandel. In ihrer Tasche hatte er ein paar
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