Die Augen des Drachen - Roman
würde ein halbes Dutzend der Leibgarde mitnehmen, mehr nicht. Vier konnte er außerhalb der Tür postieren. Wenn diese lächerliche Sache bereinigt war, konnte man alle miteinander in einen entlegenen Teil des Königreichs versetzen. Brandon und seinen Sohn würde man ebenfalls wegschicken müssen, dachte Peyna, und das war wirklich ein Jammer, aber Zungen konnten sich lösen, besonders unter Alkoholeinfluss, und die Vorliebe des alten Mannes für Gin war allgemein bekannt.
Daher befahl Peyna, die Arbeit an der Krönungsplattform vorübergehend einzustellen. Er war überzeugt, dass die Arbeit in weniger als einer halben Stunde wieder aufgenommen werden konnte; und die Arbeiter würden schwitzen und fluchen und sich beeilen, um die verlorene Zeit wieder aufzuholen.
Aber ach …
38
Das Kästchen, das Päckchen und die Pinzette waren da, wie ihr wisst. Peter hatte beim Namen seiner Mutter geschworen, dass er kein derartiges graviertes Kästchen besaß; sein hitziges Abstreiten machte nun einen schlechten Eindruck. Peyna nahm das angesengte Päckchen vorsichtig mit der Pinzette auf, sah hinein und erblickte drei Körnchen grünen Sand. Sie waren so winzig, dass er sie kaum erkennen konnte, aber Peyna, der daran dachte, welches Schicksal der hohe König und die erbärmliche Maus erlitten hatten, legte das Päckchen wieder in die Schachtel und klappte den Deckel zu. Er befahl zwei weitere der vier auf dem Flur postierten Leibwachen herein und musste sich widerstrebend eingestehen, dass die Sache immer ernster wurde.
Das Kästchen wurde vorsichtig auf Peters Schreibtisch gestellt, winzige Rauchwölkchen kamen heraus. Eine der Wachen wurde nach dem Mann geschickt, der mehr von Giften verstand als jeder andere im Königreich.
Dieser Mann war selbstverständlich Flagg.
39
»Ich hatte nichts damit zu tun, Anders«, sagte Peter. Er hatte sich wieder erholt, aber sein Gesicht war immer noch blass und kummervoll, die Augen von einem dunkleren Blau, als der alte Oberste Richter sie jemals gesehen hatte.
»Also gehört Euch das Kästchen?«
»Ja.«
»Warum habt Ihr dann bestritten, ein solches Kästchen zu besitzen?«
»Ich hatte es vergessen. Ich habe dieses Kästchen seit mindestens elf Jahren oder länger nicht mehr gesehen. Meine Mutter hat es mir geschenkt.«
»Was ist damit geschehen?«
Er nennt mich nicht mehr »mein Lord« oder »Hoheit«, dachte Peter erschauernd. Er bekundet mir überhaupt in keiner Weise seinen Respekt. Ich frage mich, ob dies alles wirklich geschehen kann? Vater vergiftet. Thomas furchtbar krank. Peyna steht hier und bezichtigt mich beinahe unverhohlen des Mordes. Und mein Kästchen - woher, in Gottes Namen, ist es gekommen, und wer hat es in das Geheimfach hinter meinen Büchern getan?
»Ich habe es verloren«, sagte Peter langsam. »Anders, Ihr glaubt doch nicht wirklich, dass ich meinen Vater ermordet habe, oder?«
Bisher nicht … aber jetzt fange ich an zu zweifeln, dachte Anders Peyna.
»Ich habe ihn aufrichtig geliebt«, sagte Peter.
Das dachte ich auch immer … aber nun bin ich mir da nicht mehr so sicher, dachte Anders Peyna.
40
Flagg platzte herein und fiel, ohne Peyna auch nur eines Blickes zu würdigen, sofort mit Fragen über den verängstigten, benommenen und erbosten Prinzen her, wie die Suche verlaufen sei. Waren Spuren des Gifts oder des Giftmischers gefunden worden? Waren Hinweise auf eine Verschwörung aufgetaucht? Er selbst war der Meinung, es handle sich um einen Einzeltäter, der wahrscheinlich verrückt war. Er habe den ganzen Morgen vor seinem Kristall verbracht, sagte Flagg, aber der Kristall blieb auf störrische Weise dunkel. Aber das störe ihn nicht weiter, denn er könne mehr als Knochen schütteln und in eine Glaskugel sehen. Ihn dürste nach Taten, nicht nach Zaubersprüchen. Was der Prinz auch von ihm verlange, jede dunkle Ecke, die er durchsucht haben wollte …
»Wir haben Euch nicht gerufen, um Euch wie Euren Papagei plappern zu hören, wenn beide Köpfe gleichzeitig krächzen«, sagte Peyna kalt. Er konnte Flagg nicht leiden. Peynas Ansicht zufolge war der Hofzauberer im Augenblick von Rolands Tod zum Hofniemand degradiert worden. Er konnte ihnen vielleicht sagen, was diese bösen grünen Körner in dem Papier waren, aber damit erschöpfte sich seine Nützlichkeit.
Peter wird nichts mit diesem Wiesel zu tun haben, wenn er erst einmal gekrönt ist, dachte Peyna. Er kam genau so weit, und dann entgleisten seine Gedanken bestürzt,
weil die
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