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Die Auserwählte

Die Auserwählte

Titel: Die Auserwählte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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dies mitzubekommen, denn er hatte mit seinem Zhlonjiz-Umschlag um den Kopf dagelegen und halluziniert. Als er schließlich Tage später aufwachte und behauptete, sein Name wäre Salvador Whit, hatten die Schwestern es vorgezogen, ihn nicht eines Besseren zu belehren, solange er noch so krank und fiebrig war. Sie hatten bereits beschlossen, das Geld in ihrer Aussteuertruhe zu verstecken, da sie befürchteten, bei dem kleinen Vermögen, das sie am Strand gefunden hatten, könne es sich um den Erlös einer schändlichen oder gar verbrecherischen Tat handeln; als Großvater angefangen hatte, sie anzuflehen, nach just einer solchen Segeltuchtasche zu suchen, war ihre Sorge nur noch gewachsen.
    Als Großvater schließlich wieder gesund genug war, um sich selbst auf die Suche zu begeben, hatten Aasni und Zhobelia schon ihr Herz an ihn verloren und waren gemeinsam zu der Überzeugung gekommen, wenn er das Geld zurückerhielte – ob es nun rechtmäßig seins war oder nicht –, würde er wahrscheinlich wieder aus ihrem Leben verschwinden. Die beiden Schwestern kamen überein, daß sie den weißen Mann teilen würden, vorausgesetzt, daß er es so haben wollte, und daß sie das Geld sicher verwahren und seine Existenz nur preisgeben würden, wenn eine Notlage entstünde, die sich einzig auf finanziellem Wege abwenden ließe.
    Sie kamen ebenfalls überein, daß sie eines Tages die Wahrheit über ihren gemeinsamen Ehemann offenbaren würden, wenn es angebracht schien und sie sicher sein konnten, daß er sie nicht schlagen oder verlassen oder fortjagen würde. Irgendwie war dieser Tag nie gekommen.
    An einem Nachmittag des Jahres 1979 in High Easter Offerance hatten sie sich schließlich entschieden, das Geld gänzlich verschwinden zu lassen, nachdem Zhobelia irgend etwas gesehen hatte (bislang war sie sehr vage geblieben, was das gewesen sein sollte). Ursprünglich hatten sie vor, das Geld im Tandoor-Ofen in der Farmküche zu verbrennen, doch selbst mitten in der Nacht kamen gelegentlich Leute in die Küche, so daß dieser Plan zu riskant war. Sie beschlossen, die Banknoten statt dessen im Herd der Herrenhaus-Küche zu verbrennen, wo die Schwestern für gewöhnlich ihre Experimente mit der schottisch-asiatischen Cuisine durchführten.
    Zhobelia wußte nicht wirklich, was in der Nacht des Brandes in der Küche passiert war, aber sie hatte sich im Laufe der Zeit eingeredet, daß das Geld – der große Unheilsbringer – irgendwie die Dampfkocher-Explosion und das daraus entstandene Feuer verursacht hätte und daher sie die Schuld an dem Unglück trug. Sie hatte Aasnis Geist in ihren Träumen gesehen, und einmal, eine Woche nach dem Brand, war sie im Dunkeln in ihrem Bett aufgewacht und war vollständig wach gewesen, jedoch außerstande, sich zu rühren oder zu atmen, und da hatte sie gewußt, daß Aasnis Geist bei ihr im Zimmer war, auf der Truhe saß und ihre Lunge in einen Dampfkocher für ihre Schuldgefühle verwandelte. Sie wußte, daß Aasni ihr niemals vergeben oder sie in Frieden lassen würde, also hatte sie in jener Nacht beschlossen, die Gemeinde zu verlassen und ihre alte Familie aufzusuchen, um deren Vergebung zu erflehen.
    Die Asis-Familie war ebenfalls umgezogen und lebte nun im Thornliebank-Bezirk von Glasgow, von wo aus sie eine Kette von Lebensmittelgeschäften und indischen Restaurants führte. Es gab noch immer Mitglieder der Asis-Familie auf den Hebriden, aber sie gehörten zu einer jüngeren Generation; die Menschen, die Aasni und Zhobelia gekannt hatten, waren alle nach Glasgow übergesiedelt, und offensichtlich hatte es einen großen Streit unter ihnen gegeben, ob sie Zhobelia überhaupt wieder zurückhaben wollten. Zhobelia war statt dessen bei Onkel Mo eingezogen – und hatte ihren Sohn schwören lassen, Stillschweigen darüber zu wahren –, während die Asis-Familie über ihr zukünftiges Verhältnis zu Zhobelia beratschlagte.
    Dann hatte Zhobelia einen Schlaganfall erlitten und brauchte eine intensivere Betreuung, als Mo sie allein bewerkstelligen konnte; sie wurde in ein Pflegeheim in Spayedthwaite gebracht. Onkel Mo hatte schließlich sowohl mit unserer Familie als auch dem Asis-Clan Verbindung aufgenommen und flehend um Unterstützung gebeten, worauf er die Versicherung erhalten hatte, daß die drei Parteien sich die finanzielle Last für die Pflege seiner Mutter teilen würden. Später hatte die Asis-Familie dann darauf bestanden, daß Zhobelia näher bei ihnen sein sollte, und das Ergebnis war

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