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Die Auserwählten

Die Auserwählten

Titel: Die Auserwählten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. J. Kazinski
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Gedächtnis zu rufen, die losen Fäden seiner Erinnerung miteinander zu einem Bild zu verweben. Was war geschehen?
    »Niels Bentzon?«
    Niels wandte den Kopf wieder in die andere Richtung und unterdrückte ein unpassendes Lächeln, das vermutlich auf etwas so Banales zurückzuführen war wie die Erkenntnis, sich noch immer an seinen eigenen Namen zu erinnern.
    »Sie sind wach. Das freut mich. Asger Gammeltoft. Oberarzt. Ich bin einer der Ärzte, die Sie operiert haben. Das Ganze hat fast acht Stunden gedauert.«
    »Hannah?« Niels konnte seine eigene Stimme nicht hören. »Und die Kinder?«
    »Könnten Sie etwas lauter sprechen?« Der Arzt beugte sich über ihn.
    »Sind sie unverletzt?«
    »Sie fragen nach den Kindern?« Der Arzt richtete sich auf und redete leise mit den Schwestern. Dann trat er wieder an das Krankenbett. »Die Kinder sind unverletzt. Vollkommen unverletzt. Sie haben sie gerettet.« Er schob sich seine Brille zurecht. Ein freundlicher, wenn auch etwas arroganter Blick. Ein Mann, der den aufrichtigen Versuch unternahm, Nähe zu zeigen, dabei aber ganz offensichtlich andere Dinge im Kopf hatte. »Ich möchte Ihnen nicht verschweigen, dass Sie eine ganze Reihe von Verletzungen davongetragen haben. Die meisten sind typisch für Opfer von Verkehrsunfällen: Hüft-und Rückenschäden, Läsionen in der Bauchhöhle, gebrochene Rippen und Nackenwirbel und Blut in der Lunge. Die Details erspare ich Ihnen jetzt aber lieber. Das Wichtigste ist, dass Sie alles gut überstanden haben.«
    Er räusperte sich. »Zunächst waren wir uns nicht sicher, ob wir Ihr Leben würden retten können.« Dann fragte er: »Haben Sie Durst?«
    Noch bevor Niels antworten konnte, stand eine Krankenschwester neben dem Bett und schob ihm einen Strohhalm in den Mund. »Trinken Sie, das ist Saft. Sie brauchen viel Flüssigkeit.«
    Erdbeer oder Himbeer. Irgendein süßes Zeug. Der Strohhalm im Mund weckte für ein paar Sekunden eine Erinnerung an die Kindheit. Er sah die wilden Rhabarberbüsche hinter dem Fußballplatz wieder vor sich. Und die Tomatenpflanzen. Dünne Stielchen, dünn wie Spinnenbeine.
    »Ja, sehr gut. Morgen können Sie vielleicht schon wieder feste Nahrung zu sich nehmen.«
    Vielleicht war es der Gedanke an feste Nahrung, der Niels veranlasste, an seinem Körper hinunterzuschauen. Seine Arme lagen unter der Decke. Tropf und Schläuche.
    »Was ist mit mir passiert?«
    »Lassen Sie uns später darüber reden.«
    »Nein, ich will Bescheid wissen.«
    Die Krankenschwester und der Arzt tauschten einen Blick. Asger Gammeltoft nickte.
    »Niels, Sie haben eine große Menge Blut verloren, aber wir konnten Sie stabilisieren und haben jetzt Grund zu Optimismus.« Er korrigierte sich selbst: »Ich meine, wir sind wirklich sehr optimistisch. Wir haben aber auch eine höchst interessante Blutansammlung unter Ihrer Haut am Rücken entdeckt. Die Kollegen am Unfallort hielten das für eine Brandwunde, weshalb Sie überhaupt erst hierher geflogen wurden. Das Rigshospital ist die einzige Klinik des Landes mit einer Intensivbehandlungsstation für Schwerbrandverletzte. Aber das ist keine Brandwunde.«
    Er räusperte sich. »Zuerst dachten wir an eine alte Tätowierung, bei der sich die Farbpigmente in der Haut verteilt hatten, aber es sieht eher so aus, als hätten sich die kleinen Blutgefäße unter der Haut auf seltsame Weise vergrößert … nun, das soll sich noch ein Dermatologe anschauen. Andererseits sind Pilzerkrankungen nach einer Operation auch nichts Seltenes. Da meldet sich dann die Immunabwehr.«
    Er räusperte sich wieder. »Vorläufig brauchen Sie in erster Linie Ruhe. Vermutlich müssen Sie später noch einmal operiert werden, aber im Moment halten wir es für das Wichtigste, dass Sie Ruhe und Frieden haben. Wir sagen bei uns immer: Der beste Arzt ist der Körper selbst.« Der Arzt nickte ihm zu. Offensichtlich wollte er damit andeuten, dass das Gespräch beendet war. Niels versuchte ihn aber zurückzuhalten. Er flüsterte: »Hannah?«
    »Ich kann Sie nicht hören?«
    Niels versuchte, die letzten Kräfte zu mobilisieren. »Hannah …«
    Asger Gammeltoft verstand ihn noch immer nicht. Ihr Name war aus so vielen undeutlichen Lauten zusammengesetzt, die beinahe alle nur aus Luft bestanden: »Han …«
    »Ruhen Sie sich aus.« Der Arzt wollte gehen, entschied sich dann aber anders und kam noch einmal zu ihm zurück.
    »…nah …!«
    »Sie waren drei Tage bewusstlos. Sie haben wirklich schwere Verletzungen davongetragen und

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