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Die Auserwählten

Die Auserwählten

Titel: Die Auserwählten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. J. Kazinski
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und Ihre Waffe und Ihren Polizeiausweis abzugeben.«

14.
    14.
    Dänisches Rotes Kreuz, Kopenhagen Die junge Sekretärin des Roten Kreuzes versteckte ihre Nervosität gekonnt hinter einer Maske aus Freundlichkeit und spontaner Selbstsicherheit.
    »Polizei?«
    »Niels Bentzon.«
    Ihre Haut lief an Hals und Ausschnitt rot an, und es bildeten sich kaum sichtbare Noppen wie bei einer Gänsehaut. Niels entging das nur deshalb nicht, weil er auf genau so etwas getrimmt war.
    Die Vermittler der Polizei waren ganz normale Beamte, die von Psychologen und Psychiatern ausgebildet wurden, um Konflikte gewaltlos zu lösen. Schon das erste Seminar über die Sprache der Mimik hatte Niels eine neue Welt erschlossen. Er hatte gelernt, auch nur die kleinsten Veränderungen des Gesichts wahrzunehmen, die man nicht zu kontrollieren in der Lage war. Die Größe der Pupillen, die sich änderte, oder die Adern, die vom Hals aus nach unten führen. Bei diesen Seminaren hatten sie ganz bewusst Filme ohne Ton angesehen und gelernt, Gesichter zu studieren, ohne auf die Worte zu achten.
    »Thorvaldsen ist in fünf Minuten so weit.«
    »Danke, das ist nett.« Niels nahm sich einen Flyer über ein Projekt in Mosambik und setzte sich zum Warten in das kleine Vorzimmer.
    Thorvaldsens Konterfei prangte auf der Titelseite der Broschüre. Er sah todernst aus und wirkte auf ihn viel jünger als im Fernsehen, wo er fast jeden zweiten Tag seinen Auftritt hatte. Malaria, Bürgerkrieg und der Mangel an sauberem Trinkwasser sind die größten Bedrohungen für die Gesundheit in Mosambik , wurde er in dem Flyer zitiert. Niels legte die Broschüre beiseite. Mosambik war weit weg. Thorvaldsen saß im Nebenraum, das konnte er durch die Glasscheibe hindurch sehen. Er lächelte.
    Niels öffnete die Mappe von Interpol und nahm eine Liste heraus, um nicht nur vor sich hin starren zu müssen. Auf ihr war die Telefonnummer des italienischen Beamten vermerkt, der über den Fall berichtet hatte. Venedig . Seltsam, in Italien schien doch noch gar kein »Guter« ermordet worden zu sein. Dafür aber in Russland. In Moskau. Vladimir Zjirkov, Journalist und Systemkritiker. Angeblich war er im Gefängnis gestorben. Niels schüttelte den Kopf. In Russland schien alles irgendwie anders zu sein. Dort saßen die Guten im Gefängnis, während die Verbrecher frei herumliefen. Als Todesursache hatten die russischen Behörden ein Blutgerinnsel angegeben. Wie war Vladimir dann auf die Liste der ermordeten Wohltäter geraten? Die Antwort fand Niels weiter unten: Sein Leichnam hatte die gleiche Tätowierung. Eine Tätowierung, die wie ein Muster aussah. A patterned tattoo . Niels konnte sich nicht daran erinnern, dass Sommersted das erwähnt hatte. Mehr stand dort nicht. Nun, egal; eigentlich interessierte Niels sich gar nicht für den Fall. Sommersted hatte ihn mit seinem fehlenden Enthusiasmus angesteckt. Mein Gott, dann waren eben weit weit weg, auf der anderen Seite des Erdballs, ein paar Morde passiert. Und wenn schon? Jedes Jahr starben allein in Dänemark drei-bis viertausend Menschen bei Verkehrsunfällen, viele davon Kinder. Darum kümmerte sich doch auch niemand, oder saß vielleicht ein Kommissar auf der anderen Seite des Erdballs und verschwendete auch nur einen Gedanken an sie? Niels interessierte jetzt nur, dass er bald auf dem Weg zu Kathrine war. Er musste seine Beruhigungspillen nehmen und dann die Sonne genießen und einen Scheiß darauf geben, dass das Hotel – laut Kathrine – eine wenig charmante Festung mit Stacheldraht und bewaffneten Wachen war. Sich dick und rund fressen an dem fantastischen Essen, das ihm das billig importierte philippinische Küchenpersonal für einen Hungerlohn kochte. Und mit Kathrine schlafen. Ihren wunderbaren Körper auskosten und genießen, dass er nur den Arm auszustrecken brauchte, um sie zu berühren. Wann immer er wollte. Sommersted und all das vergessen und …
    »Hallo?«
    Niels registrierte überrascht, dass er mit dem Telefon in der Hand dasaß. Allem Anschein nach hatte er – ohne es zu bemerken – eine Nummer gewählt. Seine Finger mussten aus eigenem Antrieb gehandelt haben. Ein Name auf dem Blatt war eingekreist. Tommaso di Barbara , und dann eine Nummer. Hatte er diesen Kreis gezogen?
    »Hallo?«, fragte die Stimme wieder.
    »Tommaso di Barbara?«, fragte Niels laut. Er sprach den Namen sicher verkehrt aus.
    »Si.« Die Stimme klang müde, erschöpft.
    »Niels Bentzon, calling you from Copenhagen Homicide. I have a paper

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