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Die Auslese: Nur die Besten überleben - Roman (German Edition)

Die Auslese: Nur die Besten überleben - Roman (German Edition)

Titel: Die Auslese: Nur die Besten überleben - Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joelle Charbonneau
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können, dann wenigstens mein Tonfall. Wir legen uns auf den Boden und versuchen einzuschlafen. Tomas schlingt seinen Arm um mich; mein Kopf ruht auf seiner Brust. Eine Frage muss ich jedoch noch loswerden, ehe ich meine Augen schließe. Ich muss Tomas auf die Probe stellen. »Wie hieß denn der andere Kandidat?«
    Ich spüre, wie Tomas’ Herz unter meiner Wange schneller schlägt. Seine Muskeln sind angespannt. Einen Moment darauf flüstert er: »Ich glaube nicht, dass er uns seinen Namen gesagt hat. Und falls doch, erinnere ich mich nicht mehr daran.«
    Er lügt. Auf jeden Fall hätte er nach dem Namen gefragt, und er hätte im Gegenzug seinen eigenen genannt. Aus Gewohnheit. Weil es sich so gehört. So machen wir es in Five Lakes. Mein Magen krampft sich vor Enttäuschung zusammen, und ich kämpfe gegen den Drang an, mich aus Tomas’ Umarmung zu lösen.
    Es ist keine große Überraschung, dass wir beide in dieser Nacht nur so tun, als schliefen wir.
    In meinen Fallen haben sich zwei Kaninchen und eine Beutelratte verfangen. Während Tomas sie häutet und über einem Feuer brät, sammle ich weitere Früchte und Grünpflanzen für den Weg durch die Stadt. Es gibt keine Guten-Morgen-Küsse und auch keine liebevollen Blicke. Tomas ist in sich gekehrt, als wir unsere Sachen zusammensuchen und auf unsere Fahrräder steigen, und das gibt mir viel Zeit, meinen eigenen Gedanken nachzuhängen.
    Der Himmel ist diesig. Mehr als einmal wandern meine Blicke zum Grenzzaun, wo ich nach meinem rätselhaften Wohltäter suche, aber ich bin nicht erstaunt darüber, dass ich ihn nicht entdecken kann. Dennoch bin ich fest davon überzeugt, dass er – oder jemand, den er kennt – uns beobachtet. Gehört er zu den Renegaten? Er hat gesagt, er sei kein Mitglied des Vereinigten Commonwealth und sei mit den Prüfungsmethoden während der Auslese nicht einverstanden. Und doch hat er sich lediglich dafür entschieden, mir Nahrungsmittel und ein Fläschchen mit einer unbekannten Droge zu überlassen. Im Gegensatz zu seinem Freund, der die Droge später verstecken wird, hat er mir keine weitere Hilfe und keine Unterstützung bei einer Flucht angeboten. Wenn er und seinesgleichen einen Gleiter des Vereinigten Commonwealth sabotieren können, dann sollten sie doch wohl auch einen Weg finden, wie wir die Strafe umgehen können, die uns bei einer Flucht von der Auslese erwarten dürfte. Andererseits: Der Mann hat behauptet, meine Anwesenheit hier sei der Beweis für das Unvermögen der Renegaten, den Prüfern einen Strich durch die Rechnung zu machen. Doch auch wenn die Aussichten auf Erfolg so gering sind, gibt es bestimmt Kandidaten, die verängstigt, hungrig und krank genug sind, um jede Chance auf ein Entkommen zu nutzen.
    Aber würden sie tatsächlich wagen zu fliehen? Alle haben Familien zu Hause – Familien, die den Gesetzen des Vereinigten Commonwealth unterworfen sind. Die Regierung entschädigt unsere Familien, wenn wir zur Auslese weggeschickt werden. Ich frage mich, ob das Gesetz auch festgelegt hat, was mit einer Familie geschieht, deren Kinder sich für die Flucht entscheiden.
    Ein Brückenbogen aus Metall überspannt die Hauptstraße, die um die Vororte der Stadt herumführt. Die Gebäude sind hier höher als in der Stadt, die wir vor Tagen durchquert haben, aber ihr Zustand ist deutlich schlechter. Die ausgebrannten Ruinen verraten uns, was geschehen ist: Diese Stadt wurde bombardiert.
    In Tomas’ Atlas finden wir den Namen des Ortes: St. Louis. Wir erinnern uns beide nicht daran, ob in unserem Geschichtsbuch in der Schule irgendetwas darüber zu lesen war, welche Art von Bomben hier eingesetzt wurde. Es gab welche, durch die alles im weiten Umkreis zerstört wurde. Andere verseuchten das Wasser und den Boden. Die schlimmsten von ihnen enthielten giftige Substanzen, die nicht mit der Zeit von selbst abgebaut werden, sondern die nur mithilfe entsprechender Gegenmaßnahmen neutralisiert werden können. Es ist die letzte Möglichkeit, die uns dazu bringt, dass wir unsere Fahrräder nach Westen lenken und unsere Augen fest auf die Straße heften, die einen Bogen um die Stadt herum macht. Unsere Wasser- und Essensvorräte sind so weit aufgestockt, dass wir uns den Risiken der Stadt nicht aussetzen müssen.
    Während der nächsten Tage verfallen wir in eine feste Routine: Wir sammeln Nahrung, legen eine gewisse Wegstrecke zurück und schlagen dann unser Lager auf. Wir finden auch mehrere kleine Flüsse, in denen wir den Staub der

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