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Die Auslese: Nur die Besten überleben - Roman (German Edition)

Die Auslese: Nur die Besten überleben - Roman (German Edition)

Titel: Die Auslese: Nur die Besten überleben - Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joelle Charbonneau
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verrückt schmerzt. Ich wasche die Wunde am Teich aus, schlucke einige Schmerztabletten, um das schlimmste Stechen zu lindern, und schmiere noch mehr Salbe drauf, obwohl ich tief in meinem Herzen weiß, dass das nicht viel helfen wird. Aber ich muss es doch wenigstens versuchen, oder? Tomas hilft mir dabei, einen neuen Verband um meinen Oberarm zu wickeln, neckt mich mit angeblichen Himbeerflecken auf meinen Lippen und küsst sie weg. Er ist wieder so sehr der Alte, dass ich mich danach sehne, ihm meine Geheimnisse anzuvertrauen. Aber das kann ich nicht. Noch nicht. Erst mal muss ich etwas von ihm erfahren: »Was ist zwischen dir und Will vorgefallen, nachdem ich weg war?«
    »Das hat dir Will doch schon erzählt.«
    »Es ist viel mehr geschehen als das, was ich aus euch beiden herausbekommen habe.«
    Ich merke, wie Tomas ganz steif wird. »Nennst du mich einen Lügner?«
    »Nein«, versichere ich ihm. »Aber ich weiß, dass du nicht besonders gut auf Will zu sprechen warst und er auch nicht auf dich, als ich aufgebrochen bin.« Tomas nimmt seinen Arm von meinen Schultern, erhebt sich und lässt den Blick in die Ferne schweifen, als sei ich gar nicht mehr da. Das tut weh. Ich rappele mich auf und lege ihm meine Hand auf die Schulter. »Sieh mal, es ist schwer, jemandem unter diesen Umständen Glauben zu schenken, aber ich vertraue Will.«
    »Das solltest du nicht tun.« Tomas sieht mich mit einem fiebrigen, leidenschaftlichen Blick an. »Hat dein Vater dich denn nicht gewarnt, dass du niemandem vertrauen sollst?«
    Bei Tomas’ Worten bleibt mir fast das Herz stehen. Er weiß doch, dass uns jemand belauscht und dass wir vielleicht nur Glück hatten, wenn sich niemand um jenes Gespräch gekümmert hat, das wir geführt haben, ehe wir damals Tosu-Stadt erreichten. Wenn er jetzt nicht auf seine Worte achtet, könnte er meinen Vater und damit meine ganz Familie in Gefahr bringen.
    Ich schlucke mühsam und antworte: »Ich vertraue dir. Und mein Vater hat mich durchaus gewarnt, dass die Konkurrenzsituation einige Leute völlig verblenden könnte. Aber das bedeutet ja nicht, dass Will einer von ihnen ist.«
    »Wie kannst du dir da so sicher sein? Nur deshalb, weil er Scherze macht und sein Bruder die erste Runde nicht überstanden hat? Na und? Du weißt doch gar nicht, wozu er fähig ist. Als wir, während du weg warst, deine Fallen gefunden haben, hat er sein Messer gesucht und dazu seine Tasche ausgepackt. Er besitzt ebenfalls ein Wasserreinigungsset, eine Medizintasche, ein Fernglas und einen Atlas, wie ich ihn auch habe.«
    »Und weiter?«
    »Die Anzahl der Gegenstände passt nicht. Wir durften doch nur drei Dinge mitnehmen. Drei, die zu unseren persönlichen Habseligkeiten hinzukommen. Das Messer. Die Pistole. Rechne die noch dazu.«
    Ich zähle alles zusammen und sage: »Vielleicht hat er das Messer oder das Fernglas irgendwo unterwegs gefunden.«
    »Auf beiden war das Logo des Commonwealth eingeritzt, genau wie bei deiner Pistole oder bei meinem Messer. Das bedeutet, dass er mindestens einem anderen Prüfling über den Weg gelaufen sein muss.«
    Das Bild des toten Mädchens, das wir begraben haben, steigt vor meinem inneren Auge auf, doch ich versuche, diese Vorstellung zu verdrängen. »Vielleicht hat ein Kandidat seine Tasche verloren, oder er hat jemanden im Schlaf überrascht und ihm seine Sachen weggenommen.« Einen Schlafenden zu berauben wäre zwar auch alles andere als eine Heldentat, aber ein Vergehen, das ich vielleicht noch verzeihen könnte. »Die Leute verhalten sich merkwürdig, wenn sie unter Druck sind. Nur weil Will einige zusätzliche Gegenstände in seinem Besitz hat, heißt das noch lange nicht, dass er andere dafür verletzt hat. Ihr zwei habt schließlich auch einen Kandidaten getroffen, während ich nach Wasser gesucht habe, und dem ist doch nichts geschehen, oder?«
    »Nein«, sagt Tomas und senkt den Blick.
    Ich möchte ihm so gerne glauben, aber ich bin mir nicht sicher, ob ich das kann. Seit meiner allerfrühesten Erinnerung ist Tomas immer ruhig und besonnen gewesen. Jetzt steht er vor mir, angespannt, zornig und verzweifelt.
    Ich versuche, optimistisch zu klingen, und füge hinzu: »Ich weiß, dass du Will nicht vertraust, aber ich finde wirklich, du solltest in Betracht ziehen, dass es noch eine andere Möglichkeit gibt. Das Vereinigte Commonwealth sucht nach einer neuen Generation von Anführern. Selbst Anführer müssen manchmal vertrauen.« Wenn schon meine Worte Tomas nicht beruhigen

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