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Die Auslese: Nur die Besten überleben - Roman (German Edition)

Die Auslese: Nur die Besten überleben - Roman (German Edition)

Titel: Die Auslese: Nur die Besten überleben - Roman (German Edition)
Autoren: Joelle Charbonneau
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gemeinsam an Schulprojekten gearbeitet, zusammen Spiele gespielt, ja sogar auf der Abschlussfeier in der Schule im letzten Jahr eine denkwürdige Stunde lang Arm in Arm getanzt. In diesem Jahr haben wir uns nicht oft unterhalten, was an mir lag. Mehr als einmal hat mich Tomas gefragt, ob ich mit ihm spazieren gehen oder gemeinsam eine Schulaufgabe erledigen möchte, aber ich habe immer einen Grund dafür gefunden abzulehnen. Die Sticheleien meiner Brüder nach jener Feier, die eifersüchtigen Blicke der anderen Mädchen, meine eigene Unsicherheit darüber, was diese Tänze zu bedeuten hätten, brachten mich immer dazu, mich zurückzuziehen. Und auch jetzt muss ich mich entscheiden, ob ich mich wieder in mein Schneckenhaus verkrieche oder ob ich es wage, mich ihm gegenüber zu öffnen. Streng genommen ist Tomas mein Konkurrent, was bedeutet, dass ich mich von ihm fernhalten sollte.
    Schon bald werden die anderen aus der Hütte kommen. Wir werden wieder von Kameras beobachtet werden, die jede unserer Bewegungen einfangen und vermutlich auch unsere Gespräche irgendwohin übertragen. Ich bin mir beinahe sicher, dass uns die Kameras nicht hier nach draußen in den Schatten der Bäume gefolgt sind, was bedeutet, dass dies die letzte Gelegenheit sein könnte, Tomas von meinen Befürchtungen zu erzählen, ohne dabei belauscht zu werden. Mein Vater hat mir gesagt, ich solle niemandem vertrauen. Doch als ich in Tomas’ ernste graue Augen schaue, beschließe ich, dieses eine Mal Dads Rat zu missachten. Wenn es ein Fehler ist, dann werde ich ihn mir selbst zuzuschreiben haben. Und ich werde diejenige sein, die mit den Konsequenzen leben muss.
    »Im Gleiter sind Kameras installiert. Im Holzhaus habe ich zwei weitere entdeckt.«
    »Bist du sicher?«
    Ich nicke.
    Tomas fällt eine Haarlocke in die Stirn, als er den Kopf wegdreht und zum Gleiter schaut. »Das verstehe ich nicht. Warum sollte uns denn jetzt schon jemand beobachten?«
    Langsam antworte ich: »Weil die Auslese bereits begonnen hat.«

Kapitel 5
    Nun, wo ich den Anfang gefunden habe, strömen die Worte nur so aus mir heraus. Ich erzähle von den fehlenden Erinnerungen meines Vaters. Von seinen bruchstückhaften Albträumen. Von seiner Überzeugung, dass unsere frühere Lehrerin die gleichen quälenden Träume gehabt und ihre Autorität dafür genutzt hat, die Schüler von Five Lakes vor der Auslese zu bewahren. Ich halte den Atem an und warte darauf, dass Tomas die Schlüsse, die mein Vater gezogen hat, leichtfertig abtut. Mir erklärt, dass uns schon nichts zustoßen werde. Dass vor uns nur ein weiterer Test liege, so wie die vielen anderen, denen wir uns im Laufe des Lebens schon unterzogen haben.
    Stattdessen erwidert er: »Dann ist es ja ein Segen, dass wir in der gleichen Gruppe sind. So können wir aufeinander aufpassen.«
    »Du denkst, dass die Albträume meines Vaters in Wahrheit wiederkehrende Erinnerungen sind?«
    »Ich glaube, es ist gut, auf alles vorbereitet zu sein, was auf uns zukommen könnte. Auch wenn seine Träume nicht wahr sein sollten, kann es nicht schaden, wachsam zu sein. Wenn sie jedoch …« Er verschränkt seine Finger mit meinen, und wir sitzen schweigend nebeneinander, während die unausgesprochenen Worte zwischen uns in der Luft hängen.
    Ein Pfiff lässt uns zusammenzucken. Michal winkt uns zu. Er ist zum Abflug bereit.
    Tomas rappelt sich auf und hilft mir beim Aufstehen. Auch als wir uns den Weg zurück durch das hohe Gras bahnen, lässt er meine Hand nicht los. Auf halber Strecke zum Gleiter bleibt er stehen und holt etwas, das er in ein weißes Baumwolltaschentuch gewickelt hat, aus seiner Tasche: Kekse. Er nimmt einen und bietet mir den anderen an. »Wir sind doch jetzt Partner.«
    Bei diesem Wort muss ich lächeln. Partner . Wie schon so oft. Jedes Mal, wenn wir in der Schule zusammengearbeitet haben, haben wir die besten Ergebnisse erzielt. Unwillkürlich hoffe ich, dass es dieses Mal genauso wird.
    »Also gut, Partner«, sage ich und nehme das Gebäckstück. »Aber denk daran, dass du jeden Keks ablehnst, der dir von unserer Konkurrenz angeboten wird. Nur für alle Fälle.«
    Wie erwartet, verdüstert sich Zandris Blick, als sie sieht, wie Tomas und ich gemeinsam in den Gleiter steigen. Es mag zwar stimmen, dass Tomas Zandri gegenüber keinerlei Gefühle hegt, aber bei ihr scheint die Sache anders auszusehen: Ihren Blicken nach zu urteilen würde sie mich am liebsten erdolchen. Es hat den Anschein, dass mir meine Partnerschaft
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