Die Auslese: Nur die Besten überleben - Roman (German Edition)
größter Wunsch, dass ihr alle heil nach Tosu-Stadt zurückkehrt.« Er strafft seine Schultern und fordert uns auf, auf den Bildschirm hinter ihm zu achten. Wenn unser Symbol aufleuchtet, sollen wir aufstehen und uns draußen auf dem Gang mit dem Offiziellen treffen, der für uns zuständig sei. Er wünscht uns Glück, dann verlässt er die Bühne, schreitet durch den Mittelgang und verschwindet durch die Tür, ohne uns noch eines Blickes zu würdigen.
Das erste Symbol erscheint auf dem Schirm, und ein Junge weiter vorn erhebt sich. Tomas lässt meine Hand nicht los, beugt sich zu mir und flüstert: »Es geht in Chicago los.«
Ich denke an die Karte, die man uns gerade gezeigt hat, und an die Entfernung zwischen dem Gewässer und Tosu-Stadt. Dann nicke ich, denn mir wird klar, dass ich einfach nur zu betäubt gewesen bin, um sie im Geiste mit den Karten zu vergleichen, die wir damals in der Schule studiert haben. Nun, wo ich darüber nachdenke, bin ich sicher, dass Tomas recht hat, auch wenn auf dieser Karte keinerlei weitere Anhaltspunkte verzeichnet waren, die eine Orientierung hätten ermöglichen können. Jetzt stellt sich nur noch die Frage, wie wir dieses Wissen zu unserem Vorteil nutzen können.
Tomas ist mir schon einen Schritt voraus. Leise flüstert er mir ins Ohr, ich solle nach dem höchsten Gebäude suchen, das am Ausgangspunkt noch unbeschädigt steht, und zusehen, dass ich dort hinkomme. An diesem Ort würde er mich abholen. Sollten wir einander innerhalb von vierundzwanzig Stunden nicht treffen, solle ich mich Richtung Westen halten, bis ich den Zaun erreiche, der die nördliche Grenze des Prüfungsgebietes bildet. Spätestens dort würden wir einander finden. Wir seien doch Partner. Wir würden diesen Teil der Auslese gemeinsam durchstehen.
Zwei Pläne. Zwei Hoffnungen darauf, dass ich mich doch nicht ganz allein Hunderte von Meilen würde durchschlagen müssen. Ich nicke und drücke Tomas’ Hand, um ihm zu bedeuten, dass ich einverstanden bin und mein Bestes geben werde, ihn zu finden. In diesem Moment blinkt das Symbol mit dem achtstrahligen Stern und dem Blitz darin auf dem Bildschirm auf. Mein Magen verkrampft sich, und mein Mund wird trocken. Ich will Tomas nicht loslassen, aber mit aller Willenskraft, die ich aufbringen kann, zwinge ich meine Finger dazu, sich widerwillig von der Hand meines Partners zu lösen. Nun ist auch die Stärke fort, die mir Tomas’ Nähe verliehen hat. Trotzdem stehe ich auf, schiebe mir den Riemen meiner Tasche über die Schulter und lege jedem meiner Freunde – Tomas, Zandri, Will, Nicolette – im Vorbeigehen für einen winzigen, wertvollen Moment eine Hand auf die Wange.
Als ich auf den Gang hinaustrete und das Gesicht des Offiziellen sehe, der dort draußen auf mich wartet, überrollt mich eine Welle tiefer Erleichterung. Michal. Seine Miene ist ernst, aber ich sehe den Stolz in seinen Augen aufblitzen, weil ich immer noch da bin. Vielleicht aber habe ich mir das nur eingebildet, denn als er mich auffordert, ihm zu folgen, ist sein Ton förmlich. So, als wären wir uns noch nie zuvor begegnet.
Wir fahren mit dem Aufzug bis in die erste Etage und biegen nach links in einen langen grauen Gang ein. Am Ende des Flures angekommen, machen wir vor einer großen, ebenfalls grauen Tür halt. »Dies ist die Ausrüstungskammer für die Auslese«, erklärt Michal. »Wie jeder Kandidat darfst du dich zehn Minuten lang darin aufhalten. In dieser Zeit musst du dir drei zusätzliche Dinge aussuchen, die dir dabei helfen werden, diesen Teil der Prüfung erfolgreich zu absolvieren. Ich werde deine Wahl einloggen, sobald du sie getroffen hast. An diesem Punkt wird von mir erwartet, dich daran zu erinnern, mit Bedacht vorzugehen. Die Entscheidungen, die du jetzt triffst, können den Unterschied zwischen Erfolg und Niederlage bedeuten. Aber ich bezweifle, dass du es so weit gebracht hättest, wenn dir das nicht bereits längst klar geworden wäre.«
Dieses Mal bin ich mir ganz sicher, dass Stolz in seinem Blick liegt. Er teilt mir mit, meine zehn Minuten würden mit dem Öffnen der Tür beginnen. Ich hole tief Luft und drücke die Klinke herunter.
Outdoorkleidung. Vernünftige Schuhe. Nahrungsmittel. Kompasse. Erste-Hilfe-Sets. Reiseutensilien. Hilfsmittel zum Feuermachen. Angelruten. Messer. Waffen. Und noch viel, viel mehr. Alles, was man benötigen könnte, um am Leben zu bleiben. Und ich darf nicht mehr als drei Dinge mitnehmen.
Ich spüre Michals Blick in meinem
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