Die Außenseiter
meinte Cheelo lakonisch, doch hatte er der Unterstellung des Thranx nichts entgegenzusetzen. Während der Dichter unablässig eine Wolke aromatischen Parfüms verströmte, dessen Duftsignatur sich ständig änderte, stank der völlig verdreckte, sich durch das Unterholz kämpfende Cheelo nach saurem Säugetierschweiß.
Cheelo musste sich eingestehen, dass der Außerirdische immer weniger abstoßend, ja sogar immer anmutiger auf ihn wirkte, je öfter er ihn ansah. Die Art, wie der Thranx seine vielen Gliedmaßen koordinierte, war überaus bewundernswert; im einen Moment schimmerte der glatte, blaugrüne Chitinpanzer wie dunkles Zavorit und im nächsten wie Paraiba-Turmalin; seine beiden Antennen, fedrige Antennen, raschelten leise bei jeder Bewegung; und in seinen großen, golden schimmernden Komplexaugen brach sich das helle Sonnenlicht. Zwar war der Thranx nicht so anziehend wie eine exotische Tänzerin aus Rio oder Panama City, doch verspürte Cheelo bei seinem Anblick auch nicht mehr den Drang, das Bein zu heben und ihn zu zertreten.
Leicht entsetzt wurde Cheelo bei diesem Gedankengang bewusst, dass der Außerirdische sich rein äußerlich gar nicht sosehr von seinen entfernten irdischen Verwandten unterschied. Fand er den Thranx etwa nur deshalb nicht mehr so abstoßend, weil er wusste, dass er ein intelligentes Wesen war? Nahm dieses Wissen Einfluss auf seine Wahrnehmung? Wenn Ameisen reden könnten, würden die Menschen sie dann nicht mehr so widerwärtig finden?
Doch! Jedenfalls solange die Ameisen nach wie vor alles fressen, was ihnen in den Weg kommt! Aber das da ist keine Ameise, sagte er sich immer wieder. Und auch keine Spinne. Das ist ein Außerirdischer, zu dessen Spezies wir gerade erst Kontakt aufgenommen haben. Er ist tatsächlich intelligent und empfindungsfähig! Es gelang Cheelo, sich von diesem Gedanken zu überzeugen - aber nur halbwegs. Uralte atavistische Gefühle sterben nur langsam. Es fiel ihm leichter, sich den Thranx als Gleichgestellten vorzustellen und nicht als etwas, das er mit geschlossenen Augen versehentlich zertreten würde. Nicht dass man es sich im Regenwald oft leisten konnte, die Augen zu schließen. Dazu gab es hier zu viel, über das man stolpern oder in das man hineintreten konnte.
Cheelo fragte sich, was der Außerirdische - ungeachtet seiner oberflächlichen Beleidigungen - wohl wirklich von ihm denken mochte.
16
Die Architekten hatten den Hof des Kaisers MUUNIINAA III. so gestaltet, dass das Gebäude beeindruckend und einschüchternd wirkte, angefangen bei den zahlreichen, mit Juwelen besetzten Robotern über die fast lautlosen elektronischen Diener bis hin zu der luxuriösen Ausstattung. Die Tatsache, dass alles im Thronsaal ebenso dekorativ wie funktionell war, verriet viel über die Denkart der AAnn. Sie legten Wert auf Förmlichkeit, achteten dabei aber stets akribisch darauf, Effizienz und Funktionalität zu wahren. Diesem Prinzip blieb jeder treu, vom niedersten Sandaufseher bis hin zu Vertretern der höchsten Regierungskreise.
Dazu gehörte natürlich auch, dass der Kaiser nicht die Alleinherrschaft besaß - schon seit Urzeiten nicht mehr. Er wurde gewählt, ebenso wie die Lords, die Barone und der niedere Adel. Letzterer hatte zwar noch Herrschaftsgewalt, war aber den Lords und Baronen unterstellt. Da die AAnn ihre Tradition nicht aufgeben wollten, passten sie sie einfach auf die Gegebenheiten ihrer modernen Welten in den verschiedenen Sternensystemen an. Obwohl ihre Traditionen den Eindruck historischer Ferne, ja sogar von Altertümlichkeit erweckten, waren sie in Wirklichkeit ebenso wenig feudal wie die Programmierung der neuesten Parallelquantencomputer, mit denen die AAnn ihre Schiffe im Plusraum navigierten.
Aus diesem Grunde waren die zeremoniellen Amtsroben von Lord Huudra Ap und Baron Keekil YN - und auch jedes andere ihrer eleganten Kleidungsstücke und juwelenbesetzten Utensilien - nicht nur schön anzusehen, sondern auch mit individuellen Schutzfeldgeneratoren und einer Reihe von Kommunikationsgeräten ausgestattet, mit denen sie ihre unmittelbaren Untergebenen und Verbündeten jederzeit kontaktieren konnten. Als der Kaiser sich aus dem Saal zurückzog, um sich dem riesigen und definitiv prunklosen Berg aus amtlichen Dokumenten auf dem kaiserlichen Schreibtisch zu widmen, blieben der Lord und der Baron mit geneigten Köpfen und gesenkten Schwänzen zurück und tauschten einen beredten Blick: Wir müssen uns unterhalten.
Andere Gruppen, die der
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