Die Außenseiter
würde seine Behauptung, dass er den Mann nicht habe töten wollen, vermutlich belegen, doch würde sie seinen Geisteszustand zur Tatzeit auf dem Bildschirm vielleicht als grauen Bereich darstellen.
Das spielte keine Rolle. Er hatte nicht vor, ins Gefängnis zu wandern oder sich von den Behörden auch nur eine einzige Erinnerung löschen zu lassen.
Cheelo kehrte nicht zu dem billigen Hotelzimmer zurück, in dem er stets wohnte, wenn er sich in San Jose aufhielt. Stattdessen fuhr er mit öffentlichen Verkehrsmitteln in die entgegengesetzte Richtung. Als er am Flughafen ankam, hatte der Regen nachgelassen, und der Himmel wirkte nicht mehr so bekümmert wie zuvor, sondern nur noch sentimental.
Das nächste Shuttleterminal, an dem er einen interplanetaren Flug buchen könnte, lag in Chiapas. Selbst wenn er es irgendwie bis dorthin schaffte, ohne festgenommen zu werden, konnte er sich nicht sicher sein, dass seine ›Bemü- hungen‹ des vergangenen Monats ihm genug Kredits eingebracht hatten, um die Flugkosten abzudecken. Nicht, dass das noch eine Rolle spielen würde.
Das Erste, was die Behörden tun würden, wäre, einen Bericht über den Raubüberfall zu erstellen. Diesen Bericht würden sie an sämtliche Polizeistationen der Region übermitteln, einschließlich eines dreidimensionalen Phantombilds, erstellt von einem Polizeicomputer auf Grundlage der Zeugenaussage der Frau. Sobald Cheelo auf einer der Centaurus-Kolonien von Bord des Shuttles ginge, würde ihn bereits ein grimmig dreinblickendes Empfangskomitee erwarten. Davon abgesehen, hegte er nicht die Absicht, den Planeten zu verlassen. Nicht, wenn er auf diesem hier ein wichtiges Geschäft abzuschließen hatte.
Was er jetzt tun musste, war so schnell und weit wie möglich von hier fortzukommen - aber nicht so weit, dass er nicht vor Fristablauf zu Ehrenhardt zurückkehren könnte, um vor dessen Augen die Geldsumme zu überweisen. Zumindest für den Moment stand es aber außer Frage, nach Golfito zurückzufliegen. Ehrenhardt wäre alles andere als erbaut darüber, wenn ihm ein wegen Mordes gesuchter Krimineller persönlich einen Besuch abstattete. Da Cheelo ein aktenkundiger Gesellschaftsfeind war, würde man seine Wohnung und seine Geschäfte überwachen.
Am Flughafen schloss Cheelo sich in einen Duschraum ein, den er mit seiner eigenen Kredkarte bezahlte, und nahm sich dann die Karte des unglücklichen Ehemanns vor. Mithilfe des öffentlichen Terminals schaffte er es innerhalb von Minuten, das Guthaben des Mannes auf seine eigene Karte zu transferieren. Er empfand grimmige Dankbarkeit, als er sah, dass er dank des erbeuteten, nicht zurückverfolgbaren Geldes nun problemlos den Flug bezahlen könnte, ohne die für Ehrenhardt bestimmte Summe anrühren zu müssen. Seinen Besuch bei Ehrenhardt musste er einfach noch eine Weile verschieben. Er hatte keinen Grund, in Panik auszubrechen. Ihm blieb genug Zeit bis zur Zahlungsfrist.
Die Frau des Toten würde sich an Cheelos Kleidung erinnern. Äußerst widerwillig zog Cheelo seinen Regenmantel aus und stopfte ihn in einen Müllschlucker, der den Mantel, so hoffte er, komprimieren und dann verbrennen würde. Nun trug er nur noch Kleidung am Leib, die schlicht, aber sauber und auch sonst in Ordnung war. Er bemühte sich nach Kräften, wie ein Geschäftsmann zu wirken, als er an einen Ticketautomaten trat und sich einloggte.
»Wohin wollen Sie heute fliegen, Sir?« Die künstliche Frauenstimme des Automaten klang forsch. Möglichst unauffällig vermied er es, in die Kamera des Automaten zu blicken, sah zur Seite, nach hinten, an sich herab - überall hin, nur nicht zum Automaten. Ab und an fuhr er sich mit der Hand über das Gesicht, als wische er sich den Regen von den Augenlidern. Er führte seine illegal aufgeladene Kredkarte in den Einzugsschlitz und senkte seine Stimme bis an die Grenze der Hörbarkeit: »So weit, wie ich mit dem nächstbesten Flug komme, es müssen nur zwanzigtausend auf dem Konto übrig bleiben. Nein, besser zweiundzwanzigtausend.« Falls er sich verschätzt hätte, könnte er den Buchungsprozess noch immer unterbrechen und von vorne beginnen.
»Könnten Sie das bitte ein wenig genauer formulieren, Sir? Spontan ins Blaue zu fliegen ist ein vergnügliches Abenteuer, aber es wäre hilfreich für mich, wenn Sie zumindest eine Richtung angeben könnten.«
»Süden«, murmelte er, ohne nachzudenken. Seine Wahl fiel ihm leicht. Würde er Richtung Westen oder Osten fliegen, müsste er einen der
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