Die Außenseiter
Ruhe forschen kann, ohne die Medien oder die Einheimischen zu alarmieren?«
Zum zweiten Mal ›nickte‹ Desvendapur. Eine natürliche Bewegung, wie er fand, wenn auch zu stark vereinfacht - wie alle Gesten der Menschen.
Cheelo war mehr als nur erleichtert. Eine ganze Weile hatte er befürchtet, sich mit Dutzenden von Reportern herumschlagen zu müssen, die die erste Thranx-Expedition auf der behüteten Erde dokumentieren wollten. Schließlich wäre es durchaus denkbar gewesen, dass einige Journalisten diesem Desvenbapur gefolgt waren. Das wäre das Letzte, was Cheelo gebrauchen konnte - von einem halben Dutzend 3-D-Wagen umzingelt zu sein, während die Reporter ihn um einen Kommentar baten. Nach der Ausstrahlung des Interviews würde eines der automatischen Fahndungsprogramme, die die Medien überwachten, jede zweite Polizeizentrale in Cheelos Umkreis alarmieren. Das wäre dann das Ende seiner Freiheit und Anonymität, ganz zu schweigen von der Chance, Ehrenhardt rechtzeitig das Geld für die begehrte Lizenz zu bringen.
Aber wenn er die Lage richtig deutete, dann war diese kleine Gruppe aus Thranx, von der dieser Desvenbapur sprach, ebenso sehr darauf bedacht, ihre Anwesenheit vor dem Rest der Welt geheim zu halten wie er selbst. Er und dieser Koch-Poet wollten beide unentdeckt bleiben und würden sich wohl kaum gegenseitig an die Behörden verraten. Es sei denn ...
»Also schön, ich glaube dir. Aber was machst du hier draußen ganz allein?« Er machte eine ausholende Geste, ohne darüber nachzudenken, ob der Thranx seine Armbewegung richtig zu deuten wusste oder überhaupt in irgendeiner Weise verstand. »Das hier ist eine der isoliertesten, primitivsten Gegenden des Planeten. Hier gibt's gefährliche Tiere.«
»Ich weiß.« Mit seinem starren Gesicht konnte der Thranx nicht lächeln, doch bewegte er seine vordersten Gliedmaßen ausdrucksvoll. »Ich bin schon einigen davon begegnet. Wie Sie sehen, bin ich noch unverletzt.«
»Hast dich verteidigt, was?« Cheelo blinzelte, während er zu erkennen versuchte, was sich hinter den deutlichen Ausbuchtungen im Tragesack des Wesens verbergen mochte. So freundlich sie sich auch unterhielten, er traute dem Thranx noch immer nicht über den Weg.
»Eigentlich nicht. Manchen bin ich aus dem Weg gegangen, andere wiederum sind für mich nicht so gefährlich wie für euch Menschen.« Mit den beiden inneren Fingern der linken Echthand tippte Desvendapur sich gegen den Thorax. »Im Gegensatz zu euch, trägt mein Volk das Skelett auf der Außenseite des Körpers. Wir sind nicht so anfällig für Stiche und Schnitte. Aber wegen der Beschaffenheit unseres Kreislaufsystems bluten wir viel leichter, wenn unser Panzer beschädigt wird.«
»Und du hast keine Waffen dabei?« Cheelo versuchte, dem Außerirdischen tief in die Augen zu sehen, wusste aber nicht, auf welche der vielen Facetten er den Blick konzentrieren sollte.
»Das habe ich nicht gesagt. Wenn es nötig ist, kann ich mich wehren.« Der Zweifüßer wirkte zwar liebenswürdig, aber es wäre nicht klug, ihm zu offenbaren, wie hilflos Desvendapur tatsächlich war - ganz nach dem Motto: Verschwiegene Fähigkeiten können sich als gute Rückversicherung erweisen.
»Freut mich zu hören.« Cheelo war leicht enttäuscht. Nicht dass der Außerirdische sich in irgendeiner Weise feindselig verhalten hätte.
»Eigentlich«, fuhr der Thranx in weichem, melodiösen Terranglo fort, »lüge ich Sie ja an. In Wirklichkeit gehöre ich zu einer großen Kriegerkolonne, die geeignete Stellen für unsere Invasion auskundschaftet.«
Cheelo entglitten die Gesichtszüge, und er hob wieder die Pistole. Dann zögerte er. Das Rieseninsekt stieß ein vibrierendes, hohes Pfeifen aus, und die Federn seiner Antennen zitterten.
»Chinga - das war ein Witz, nicht wahr? Ein gottverdammter, knallharter, unverblümter Witz! Ein Insekt mit Sinn für Humor! Wer hätte das gedacht!« Vorsichtig steckte er die Pistole ins Holster, legte aber nicht den Sicherungsbügel um.
»Wie Sie sehen, haben wir trotz Ihres scheußlichen Aussehens vieles gemeinsam.« Der Thranx neigte den herzförmigen Kopf leicht zur Seite, eine Geste, die Cheelo kurz an einen verdutzten Hund denken ließ. »Sie werden mich also nicht den hiesigen Behörden melden? Wenn Sie das täten, könnte ich kein Rohmaterial mehr für meine Kunst sammeln - und auch die Arbeit meiner Expeditionskollegen wäre sofort beendet.«
»Nö, ich verrate dich nicht. Ich sag dir was - ich sag niemandem,
Weitere Kostenlose Bücher