Die Babysammlerin (Contoli-Heinzgen-Krimi)
wurde, wachte sie oftmals schreiend auf, schreckte hoch und starrte den in ihrer Fantasie am Bett stehenden schwarzen Kapuzenmann an. Sie hatte in ihrer Kindheit schon mehr sexuellen Verkehr hinter sich als so mancher in seinem gesamten Erwachsenenleben. Fred, einer der sieben Priester, lehrte sie im Auftrag ihres Großvaters Viktor schon mit neun Jahren, wie man einen Striptease vorführte. Und er brachte ihr viele aufreizende Dinge bei. Ein Muss für die Kinder des Teufels, um mit jedermann das Triebleben ausführen zu können. Er ließ sie wissen, dass all die Dinge sehr wichtig seien, um Satan zu gefallen, damit er ihr stets wohlgesonnen sei. Anschließend musste sie das Erlernte Fred vorführen und ihn zum Abschluss oral befriedigen, damit er sie korrigieren konnte, wie er ihr erklärte, falls sie etwas falsch machte. Cara glaubte ihm, war eine gelehrige Schülerin und wollte auf keinen Fall einen Fehler machen. Zudem beherrschte sie der heiße Wunsch, nicht nur Satan zu gefallen, sondern hauptsächlich ihrem Vater. Sie lechzte nach seiner Aufmerksamkeit und liebte ihn, obwohl er lange Jahre ihr Wegbegleiter zum nächtlichen Horror war.
Einige Tage vor der Walpurgisnacht fragte Cara ihre Mutter mit leiser Stimme, als stände ihr die Frage nicht zu:
„Mama, woher hab ich eigentlich die Narbe am Hals? Die Kinder in der Schule fragen mich immer danach.“
Nora zog sie ganz dich heran und flüsterte in ihr Ohr:
„Du hattest Kontakt mit dem Höchsten, aber dein Vater hat dich im letzten Moment zurückgeholt.“
Cara verstand nicht, was die Mutter damit meinte. Erst Jahre später in Indien fiel es ihr plötzlich nachts wie Schuppen von den Augen. Sie hatte damals Satan geopfert werden sollen. In dieser Erkenntnis durchströmte sie eine heiße Welle. Ein Schaudern durchlief sie vom Kopf bis in die Zehenspitzen.
Vor Beltaine, der Walburgsinacht, dem Hexensabbat, herrschte in der Gruppe jedes Mal große Aufregung. Doch in diesem Jahr schien zu all dem noch etwas Besonderes in der Luft zu schweben und das waren nicht die im Keller wartenden Opfer. Auch auf Cara schwappte die allgemeine Unruhe über. Gespannt stand sie am Abend zu Beginn der Feierlichkeiten hinsichtlich Satans Geburtstags in ihrem schwarzen Umhang an der Hand der Mutter im Messeraum. Es duftete nach Räucherwerk. An den Wänden brannten die Fackeln in ihren Halterungen. Um den großen rechteckigen Opfertisch herum gruppierten sich die sieben Priester in ihren schwarzen Kutten. Auf dem Tisch lag ein nacktes dunkelhäutiges, etwa dreijähriges Mädchen. Es sah anders aus als die Menschen hier im Land. Das kleine Gesicht mit Augen wie Schlitze. Es lag still und rührte sich nicht. Gnädigerweise war es unter Drogen gesetzt worden.
Gemeinsam sprachen die Versammelten das Satansgebet mit der Bitte, der Herrscher der Finsternis möge das Opfer seiner demütigen Verehrer annehmen. Viktor las Formeln aus einem alten Buch, die nur er verstand. Einer der Priester ergriff die Hostie, die zuvor aus einer Kirche gestohlen worden war, er spießte sie auf ein Messer, alle murmelte etwas, das Cara nicht verstand. Sie wusste aber, es ging um diese Hostie, die schließlich in eine Schale gelegt wurde. Anschließend wurde dem Opfer der Leib längs aufgeschlitzt. Einer der Priester fing geschickt das ausströmende Blut in einem Kelch auf, der anschließend jedem der sieben Priester dargereicht wurde.
„Warum trinken die das, Mama?“, frage Cara leise. Die Antwort würde sie wieder nicht aufnehmen, wie die vielen Antworten vorher auf diese Frage. Sie fröstelte, trug sie doch wie alle weiblichen Personen hier im Raum nichts unter ihrem Umhang.
„ Es gibt Kraft und Energie“, belehrte sie Nora ehrfürchtig, „Satan lebt im Blut, auch in deinem. Im Blut kreist die Lebensenergie jeden Wesens, ob Mensch oder Tier. Und im Augenblick des Todes verlässt diese Energie den Körper, jedoch im warmen Blut ist die Energie noch enthalten und die davon trinken, nehmen sie auf und werden stärker und mächtiger. Blut hat einen eigenen Willen.“
Was Kraft war, wusste Cara, aber nicht, was Energie war und schon gar nicht, wieso Blut einen eigenen Willen hat. Einige Minuten später hatte sie Frage und Antwort vergessen. Sah zu, wie sich die Priester auf die Wangen küssten und sich danach ihrem Vater, Simeon, zuwandten, der nun neben Viktor stand. Ihr Großvater hielt eine Schere und noch etwas in seinen Händen, das Cara nicht definieren konnte. Erst, als alle die
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