Die Babysammlerin (Contoli-Heinzgen-Krimi)
Geheimfach. Fred, der Cara in die Kunst der Geschlechtlichkeit eingewiesen hatte, trat ins Zimmer. Simeon erteilte ihm Anweisungen, die zwei VW-Busse abzumelden, das Gartengrundstück nicht mehr aufzusuchen, nur den Jeep weiter zu benutzen und ansonsten unauffällig mit den anderen hier zu leben, bis er wieder zurück sei. Es würde monatlich eine ausreichende Summe zur allgemeinen Erhaltung auf dem Gruppenkonto eingehen. Die beiden Männer umarmten und küssten sich, sahen sich lange an und umarmten sich erneut. Simeon verriegelte anschließend die Tür und übergab Fred den Schlüssel.
Während der gesamten Taxifahrt zum Flughafen ließ Cara die Hand ihrer Mutter nicht los. Simeon saß vorne neben dem Fahrer. Seinen kahl geschorenen Kopf hatte er mit einem roten Schirmkäppi abgedeckt, darunter schien sein Gesicht sogar ein wenig freundlich.
Am Flughafen besorgte er durch einen Vermittler die erforderliche Einreiseerlaubnis innerhalb weniger Stunden. Den Aufpreis dafür zahlte er lächelnd. Gegen Morgen, als die Sonne schon strahlend über den Wolken stand, auf der Erde aber nur grauer Himmel sichtbar, flog die Familie von Berlin-Tegel zunächst nach Frankfurt am Main. Zur Mittagszeit von dort weiter nach Bombay in ihr neues Zuhause. Nach insgesamt fast dreizehneinhalb Stunden landete die Maschine an ihrem Bestimmungsort. Es war ein Uhr nachts im Mai 1995.
Bei ihrer Ankunft entlud sich gerade ein kräftiger Regenguss. Die Luft dampfte. Obwohl es Nacht war, lag die Temperatur noch bei vierundzwanzig Grad. Cara trottete erschöpft hinter ihrer Mutter her. Nora ließ sich bald in eine der vielen Sitzschalen fallen. Cara tat es ihr gleich und legte sofort ihren Kopf auf Noras Schulter.
Am Flughafen Mumbai/Bombay telefonierte Simeon eine gute Viertel Stunde, bis er gereizt, aber trotzdem zufrieden zu ihnen zurückkehrte.
Nach für Cara schier endlosen Wartens, während sie vor sich hindöste, stand der Mann vor ihnen, den sie als Gast das letzte Mal vor einem halben Jahr im Berliner Haus gesehen hatte. Er war groß und sein Gesicht von so dunkler Ausstrahlung wie das ihres Vaters. Hektisch lud er sie alle in einen Transporter, dessen seitliche Fenster verschleiert waren. Cara war müde, hungrig und durstig.
14
Wenn dich ein Gast in deinem Heim belästigt, behandele ihn grausam und ohne Gnade
(Satanisches Gesetz)
Anke schaltete ihren PC an. Wie gewohnt fragte sie zuerst ihre Emails ab. Ohne Schlimmes zu vermuten, öffnete sie die Mail der Redaktion, in der sie mit knappen Worten gebeten wurde, sich alsbald den angehängten Artikel durchzulesen. Anke stutzte innerlich über den ungewohnt kühlen Text. Doch ihre Finger auf der Maus waren schneller als ihr auftauchendes ungutes Gefühl. Es war zu spät. Gleich darauf tanzten hässliche Buchstaben auf dem Bildschirm und verkündete ihr den Untergang der Festplatte. Anke Contoli-Heinzgen , las sie entsetzt, dachte, sie kannten ihren vollen Namen, unser Sektenwurm Behemoth, was für ein seltener Ausdruck für Teufel, durchzuckte es sie, wird deine gesamte Festplatte zerfressen - und wenn du nicht aufhörst, uns in den Dreck zu ziehen und unsere intimsten Sphären zu belästigen - auch dein hübsches Gesicht. Anke schloss und öffnete die Augen einige Male, bevor sie glauben konnte, was sie da las und was ihrem PC stehenden Fußes widerfuhr. Der Wurm trieb augenblicklich sein Unwesen. Anke raufte sich die Haare und schalt sich eine komplette Idiotin. Die Festplatte konnten sie mal, aber ihr Gesicht? Säure, schlimme Bilder von islamischen Frauen, denen Salzsäure ins Gesicht geschleudert wurde, weil sie einen Heiratsantrag abgelehnt hatten, trieben in ihrem Kopf ein infernalisches Unwesen. Sie begann zu zittern und ballte gleichzeitig die Fäuste gegen den Bildschirm. Besann sich und klickte auf das Anti-Virus-Programm. Es ließ sich nicht einmal mehr starten. Anke starrte verstört auf den Bildschirm. Die Meldungen überschlugen sich, Systemdateien rasten hintereinander weg. Den Druck auf den Abschalteknopf ignorierte der Computer. In einem Rappel riss Anke den Stecker aus der Dose, sprang vom Stuhl und rannte einige Male hin und her. Beinahe wäre sie auch noch über die am Boden liegende Unordnung gestolpert. Zornig trat sie mit dem Fuß gegen einen Stapel Zeitschriften und stellte ihren Marsch ein. Wenn sie doch jetzt nur keinen Krach mit Wolf hätte. Unter dieser Gegebenheit konnte sie ihm unmöglich mit dem Vorgefallenen kommen. Genau das nämlich wäre
Weitere Kostenlose Bücher