Die Backlash-Mission
keramischen Platten verkleidet waren. Die
Stabtaschenlampen der Blackcollars spiegelten sich in den zahlreichen Pfützen. Sie schwiegen
während des Marsches, weil der Sicherheitsdienst die Tunnels vielleicht mit Audiosensoren
ausgestattet hatte.
Die Frau kannte das Gebiet offensichtlich, denn sie führte sie ohne zu zögern durch das
Labyrinth.
Fünfzehn Minuten später erreichten sie eine moderner aussehende Metallleiter, die oben in einem
Loch in der Decke verschwand.
Die Frau ging voraus, und sie gelangten bald in ein schwach beleuchtetes Kellergeschoss, das nach
Schimmel und Schmutz roch.
»Entschuldigen Sie die Unordnung.« Sie trat zu einer desolaten Treppe und richtete Lathes
Taschenlampe auf ein weißes Viereck an der Wand. »Wir müssten hier für eine Weile sicher sein -
jedenfalls so lange, bis der Sicherheitsdienst die Suche in einen anderen Stadtteil
verlagert.«
Kanai trat neben sie, blickte die Treppe hinauf zu der geschlossenen Tür an ihrem oberen Ende und
richtete dann seine Taschenlampe auf die weiße Platte. In sie waren fünfzehn oder zwanzig kaum
sichtbare schwarze Fäden eingelassen, die in verschiedene Richtungen führten. »Was ist das?«,
fragte er.
»Passiver Schutz gegen Eindringlinge. Die Monofasern sind oben an Türen, Fenstern und allem
Möglichen befestigt. Wenn jemand hereinkommt, wird der Faden aus der Platte gezogen. Es sieht
aus, als wäre seit meinem letzten Besuch niemand hier gewesen - was kaum überraschend ist.«
»Ein interessantes System.« Lathe nahm die Flexarmorkampfhaube ab. »Es hört sich an, als hätte es
eine Organisation erfunden, die über mehr Phantasie als Mittel verfügt.«
Sie sah den Comsquare lange an, doch dann zuckte sie die Achseln. »Damit haben Sie recht. Wenn
man das letzte überlebende Mitglied einer Widerstandsgruppe ist, scheffelt man nicht gerade Geld
- und wir waren nicht einmal reich, als wir am stärksten waren.«
»Zu welcher Gruppe haben Sie gehört?«
»Natürlich zur Fackel, zu was denn sonst?«
15
Sie hieß Anne Silcox und war so ganz anders, als Caine erwartet hatte.
Äußerlich wirkte sie sehr durchschnittlich. Ihre Stimme und Sprechweise waren normal, ihre
Gesichts- und Körpersprache gespannt, aber beherrscht.
Nirgends war das heilige Feuer zu entdecken, das Caine bei einem Mitglied einer zugegebenermaßen
fanatischen Gruppe erwartet hatte.
Allerdings hatte er während dieser Mission schon eine Menge über den Unterschied zwischen Theorie
und Wirklichkeit gelernt.
»Ich möchte sehr gern wissen, was aus den Übrigen geworden ist.« Silcox schüttelte den Kopf und
musterte zum vierten Mal das spärlich möblierte Wohnzimmer, als traue sie Lathes Versicherung
noch immer nicht, dass sie an diesem Zufluchtsort ungefährdet war. »Ich war erst siebzehn, als
sie verschwanden, und keineswegs Mitglied des inneren Kreises. Ich weiß nur, dass es nicht
unerwartet kam, denn sie verschafften mir die Anstellung im Shandygaff ausdrücklich deshalb,
damit ich in Ermangelung besserer Informationsquellen die Entwicklung im Auge behalten konnte.«
Ihr Blick wanderte von Lathe zu Caine und Hawking und blieb dann auf Kanai ruhen. Caine hatte
diese Eigenart bereits bemerkt; vielleicht hatte sie das Bedürfnis, sich in einer neuen Situation
an etwas Vertrautes zu klammern.
Lathe rückte sich in seinem Stuhl zurecht. »Damit kann man nicht viel anfangen. Wissen Sie nichts
über ihre Kontakte in der Stadt - vielleicht über Verbindungen zur Unterwelt?«
Sie sah immer noch Kanai an. »Ich weiß nur, dass sie gelegentlich mit Blackcollars zu tun hatten
- sowohl mit den hier ansässigen als auch mit Gruppen aus anderen Gebieten. Kanai kann Ihnen
wahrscheinlich mehr darüber erzählen.«
Jetzt sah auch Lathe Kanai an. »Sie haben nie andere Blackcollars erwähnt.«
»Ich habe vor allem durch die Fackel davon gehört, dass andere Teams südlich und östlich von hier
operieren, aber ich habe nie einen von ihnen kennengelernt. Sie dürfen nicht vergessen, dass
Fernreisen strengen Einschränkungen unterliegen. Falls die Fackel mit den Gangsterbossen zu tun
hatte, habe ich es nie erfahren. Außerdem bezweifle ich es - ihre Ziele passten nicht gut
zueinander.«
»Wahrscheinlich«, gab Lathe zu. »Ich nehme an, dass Bernhard den Kontakt mit der Fackel
aufrechterhielt - haben Sie eine Ahnung, ob er zu der Zeit mit ihnen zu tun hatte, als sie laut
Anne den Betrieb einstellten?«
»Möglich, aber das weiß ich nicht. Bernhard erzählt
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