Die Baeren entdecken das Feuer
worden war.
Reykjavik ist vermutlich eine der saubersten Städte der Welt. Sicherlich ist es eine der ruhigsten. Ich verbrachte den Nachmittag und den größten Teil des Abends bei medizinischen Tests, die an mir in einem funkelnagelneuen Krankenhaustrakt durchgeführt wurden, in dem ich der einzige Patient zu sein schien. Die Ärzte waren weniger an meiner körperlichen Kondition als am Zustand meines Hirns, meines Blutes und meiner Knochen interessiert. Ich bin kein Medizin-Experte, doch ich erkenne einen Krebs-Scanner, wenn ich einer Behandlung damit unterzogen werde.
Zwischen den Tests hatte ich ein Treffen mit meinem neuen Boß, dem Kopf des E-Teams von SETI, das über eine Videofonverbindung mit Luna stattfand. Sie war eine massige Frau um die Fünfzig mit perfekten Zähnen (jetzt, da ich meinen zahnärztlichen Schutz besaß, schenkte ich Zähnen wieder mehr Beachtung), kurzem blonden Haar, stechenden blauen Augen und einem kaum wahrnehmbaren skandinavischen Akzent. Sie stellte sich als Dr. Sunda Hvarlgen vor und sagte: »Willkommen in Reykjavik, Major. Ich hörte, daß Sie ein Teil von Houlbolts Geschichte sind. Ich hoffe, man behandelt Sie gut in meiner Heimatstadt.«
»Die Filme im Wartezimmer sind nicht schlecht«, antwortete ich. »E.T. habe ich zweimal gesehen.«
»Ich verspreche Ihnen eine offizielle Einsatzbesprechung, wenn Sie nach Houbolt kommen. Ich wollte Sie nur vorab im E-Team begrüßen.«
»Heißt das, daß ich meine medizinischen Tests hinter mir habe?«
Ungeduldig beendete sie das Gespräch, und als ich ebenfalls auflegte, kam es mir so vor, als ob der ganze Zweck des Anrufs nur darin gelegen habe, einen Blick auf mich zu werfen.
Um neun Uhr abends waren sie mit mir fertig. Am nächsten Morgen um sieben wurde ich in einen Lieferwagen mit dicken Reifen verladen und auf einer befestigten Straße zwölf Meilen nordwärts und dann in Östlicher Richtung auf einer Piste durch ein Lavafeld gefahren. Ich war der einzige Passagier. Der Fahrer war ein Nachfahre von Huggard dem Häscher (das behauptete er wenigstens), einem der zugrunde gegangenen Besiedler Neufundlands. Nach einer Stunde passierten wir das Tor eines verlassenen Luftwaffenstützpunkts. Huggard zeigte auf einen schmalen Lavagrat mit Spitzen, die so scharf wie Zähne waren; dahinter bemerkte ich einen einzelnen silbernen Zahn, der sogar noch schärfer als der Rest schien. Es war die kegelförmige Nasenspitze einer Ariane-Daewoo IV.
Die Kommission hatte die Vorteile eines äquatorialen Starts aufgegeben, um die Geheimhaltung des Projekts zu bewahren; das bedeutete, daß der Start beinahe achtundzwanzig Minuten dauerte. Es machte mir nichts aus. Ich hatte den Planeten seit elf Jahren nicht mehr verlassen, und der Druck von 6 Ge war wie eine alte Geliebte, die mich wieder in ihren Armen hielt. Und die Linie des Planeten unter mir – nun, wenn ich ein sentimentaler Mann gewesen wäre, hätte ich geweint. Aber Sentimentalität ist dem mittleren Alter vorbehalten, so wie die Romantik der Jugend. Das Alter hat wie der Krieg kältere Gefühle; es ist doch im Grunde ein Kampf auf den Tod hin.
Die Orbitalstation war erleuchtet und sah im Näherkommen geschäftig aus, was mich überraschte, denn sie war vor Jahren geschlossen worden; man konnte dort nur noch nachtanken und andocken. Wir gingen nicht hinein, sondern benutzten nur die allgemeine Luftschleuse für den Transfer zum Mondshuttle. Es war die dreckige, aber verläßliche alte Diana, mit der ich so viele Fahrten gemacht hatte. Sie stand offiziell unter Johnny Hiers Kommando, doch er war auf Rotation: vermutlich seine Belohnung dafür, daß er mich lebend hergebracht hatte.
Wenn wir alten Leutchen einmal vergessen, wie klapprig und uninteressant wir sind, können wir darauf zählen, daß uns die Jungen daran erinnern, indem sie uns übersehen. Die Mannschaft der Diana bestand aus drei Personen, die unter sich blieben und nur Russo-Ja-panisch sprachen. Es sah nach anderthalb langweiligen Tagen aus, aber das störte mich nicht. Die Reise zum Mond ist eine der schönsten, die es gibt. Man verläßt den einen Ball aus Wasser und steuert auf einen aus Stein zu, und man hat immer eine schöne Aussicht.
Da die Besatzung nicht wußte, daß ich ein wenig R-J spreche (oder wenigstens verstehe), erhielt ich meine ersten Hinweise darüber, wie meine Aufgabe aussehen mochte. Ich belauschte zwei von ihnen, wie sie über ›ET‹ spekulierten (ein Begriff, der in jeder Sprache gleich ist),
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