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Die Bärenkralle: Thriller (German Edition)

Die Bärenkralle: Thriller (German Edition)

Titel: Die Bärenkralle: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torkil Damhaug
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schauten sich schweigend an.
    »Perseus wurde ein unvergesslicher Held und bekam ein eigenes Sternbild am Himmel«, schloss Axel. »In der Hand hält er das Haupt der Medusa mit dem bösen Blick. Aber den kann ich euch natürlich nicht zeigen.«

    Bie saß mit einem Glas Rotwein am Küchentisch, als er vom Dachboden zurückkam.
    »Ich war gerade bei Marlen im Zimmer«, sagte sie. »Sie ist immer noch wach.«
    Axel lächelte breit.
    »Wahrscheinlich ist sie immer noch ganz aufgedreht wegen der Party, aber ich schwöre, dass ich ihnen keinen Kaffee gegeben habe. Nicht mal Cola.«
    Bie schaute ihn an.
    »Marlen hat gesagt, ›Das war der allerschönste Geburtstag in meinem bisherigen Leben‹.« Sie machte den altklugen Tonfall ihrer Tochter nach. Axel lachte.
    »›Besser gesagt, der allerschönste Tag in meinem bisherigen Leben.‹«
    »Das sagt sie Gott sei Dank jedes Mal«, meinte er und nahm Platz. Bie schenkte ihm Wein ein.
    »Du hast immer so einen tollen Draht zu den Kindern gehabt. Einen besseren als ich. Sie kann sich glücklich schätzen, Axel. Sie hätte keinen besseren Vater haben können als dich.«
    Er blickte zur Decke. Verspürte plötzlich einen fast unwiderstehlichen Drang, ihr von Miriam zu erzählen. Von seinem Besuch in ihrer Wohnung. Dass es nicht das letzte Mal gewesen war. In diesem Moment rief Marlen.
    »Bleib sitzen«, sagte Bie und stand auf. Als sie an ihm vorbeiging, fuhr sie ihm durch die Haare, beugte sich hinab und küsste ihn aufs Ohr.
    Es war kurz nach halb elf. Tom war immer noch nicht nach Hause gekommen. Axel hatte ihm eine SMS geschickt, ohne eine Antwort zu erhalten. Und plötzlich dachte er, dass er den Abend mit seinem Sohn hätte verbringen sollen, im Kino oder in einem Café.
    Bie kehrte zurück.
    »Sie besteht darauf, dass du noch mal kommen sollst.«

    Marlen hatte sich unter der Decke versteckt. Er tat so, als könnte er sie nicht finden, suchte im ganzen Bett nach ihr, ehe er schließlich einen Fuß entdeckte, den er unter den Zehen kitzelte.
    »Kannst du nicht schlafen?«, fragte er, nachdem sie wieder aufgetaucht war.
    »Ich trau mich nicht.«
    Er setzte sich auf die Bettkante.
    »Wovor hast du Angst?«
    »Vor dieser Medusa. Ich werde nie mehr in den Himmel schauen.«
    Marlen hatte die Neigung, vieles zu dramatisieren, doch hörte er ihr an, dass sie wirklich Angst hatte. Offenbar hatte er die Geschichte von Perseus etwas zu anschaulich erzählt und hoffte, dass nicht all ihre Freundinnen noch wach lagen.
    »Das ist doch nur eine alte Geschichte, Marlen. Ich werde dir erzählen, warum es so aussieht, als würde dieser Stern uns zuzwinkern. Eigentlich besteht er aus zwei Sonnen. Wenn die schwächere der beiden die hellere verdeckt, wird das Licht, das uns erreicht, gedämpft.«
    Er zeigte mit den Händen, wie die beiden Sterne umeinanderkreisten.
    »Nach ein paar Tagen wird der hellere Stern wieder sichtbar. Für uns hier auf der Erde sieht es dann aus, als würde er aufflammen.«
    Immer wieder musste er ihr versichern, dass es kein todbringendes Auge war, das dort oben am Himmel stand und ihnen zuzwinkerte. Dass sie nur verleitet würden zu glauben, dass es sich um ein und denselben Stern handelte. Schließlich beruhigte sie sich und schlief ein. Der Mythos der Medusa hatte sie nicht mehr in ihrer Gewalt.

    Heute ist der sechste Oktober. Nicht jetzt, wenn du meine Stimme hörst, am sechsten Oktober habe ich dies aufgenommen. Heute habe ich getötet. Ich denke daran und bin ganz ruhig. Wenn ich daran denke, dass ich meine Stimme aufnehme, damit du ihr zuhörst, dann kribbelt es vor freudiger Erwartung. Du wirst hier liegen, wo ich jetzt sitze, und meiner Stimme lauschen. Du kannst dich nicht bewegen und mich nicht unterbrechen. Und erst jetzt verstehst du, dass dir dasselbe Schicksal bevorsteht. Ich hatte den Mord nicht geplant. Selbst als sie mir auf dem Waldweg entgegenkam, habe ich noch nicht daran gedacht. Neun Tage ist das jetzt her. Ich bin stehen geblieben und habe mit ihr geredet. Sie hat sich gern mit mir unterhalten. Am Ende musste ich ihr sagen, dass sie die Schnauze halten soll. Da ist sie erstarrt und glotzte mich erschrocken an. Dann hat sie sich plötzlich umgedreht und ist weggelaufen. In diesem Moment wusste ich, dass sie sterben würde. Ich habe sie eingeholt und ihren dünnen Nacken gepackt. Als sie zu schreien begann, bin ich fuchsteufelswild geworden und habe ihr das Maul gestopft. Aber es war noch nicht so weit. Sie musste es eine Weile vorher

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