Die Bärenkralle: Thriller (German Edition)
Bär dorthin gelangen konnte.«
Norbakk machte eine Pause.
»Komm schon, spann mich nicht länger auf die Folter!«
»Ich habe versucht herauszufinden, ob in letzter Zeit irgendwelche Diebstähle stattfanden, die für uns von Interesse sein könnten. Und am 5. Oktober, also zwei Tage bevor Hilde Paulsens Leiche gefunden wurde, ist in ein Waffengeschäft in Lillestrøm eingebrochen worden. Als der Besitzer morgens in seinen Laden kam, fehlten ein paar Kleinigkeiten. Aber der Einbrecher hatte auch einen ausgestopften Bären mitgenommen, der neben dem Eingang auf einem Podest gestanden hatte.«
»Das ist doch wohl nicht dein Ernst, Arve! Meinst du, wir suchen einen Mörder, der mit einem ausgestopften Bären im Kofferraum durch die Gegend fährt?«
Er hörte, dass Norbakk lachte.
»Man braucht keinen ganzen Bären, um gewisse Spuren zu hinterlassen.«
Vikens Kiefer mahlten, während er nachdachte.
»Gut, dass jemand so zuverlässig seinen Job macht«, sagte er schließlich. »Dann sind die Bärenspuren so etwas wie eine persönliche Signatur.«
»Oder eine Botschaft«, schlug Norbakk vor. »Vielleicht will uns der Täter etwas Bestimmtes mitteilen.«
30
Mittwoch, 17. Oktober
N achdem sie sich bis zum Hof in Nytorpet durchgefragt und festgestellt hatte, dass niemand zu Hause war, rief Nina Jebsen erneut ihren Kollegen in Åsnes an. Er war die Hilfsbereitschaft selbst. Nach wenigen Minuten rief er zurück und hatte mehrere Informationen für sie. Den Hofbesitzer könne man derzeit nicht erreichen, doch seine Frau arbeite in einer Einrichtung für geistig Behinderte in Reinkollen. Nina stöhnte innerlich auf. Als hätte sie wissen können, wo das liegt. Als Viken bei der morgendlichen Besprechung auf den Anruf aus Åsnes zu sprechen gekommen war, hatte sie sich zu einer abfälligen Bemerkung hinreißen lassen. Hatte irgendwas über die Bärenguerilla und terroristische Bauern gemurmelt. Da hatte er sie hämisch angegrinst, bevor er sich dazu entschied, sie nach Hedmark zu schicken. Eine reine Strafexpedition, hatte sie gedacht und sich vorgenommen, das nächste Mal die Klappe zu halten.
Für jemand aus Bergen lässt sich die Natur von Ostnorwegen mit einem Wort beschreiben: Wald. Und hier, nahe der schwedischen Grenze, war er so dicht wie nirgendwo sonst. Sie hatte das Gefühl, in ihm gefangen zu sein. Kein Wunder, dass die Leute hier schwermütig wurden, dachte sie, war sich jedoch nicht sicher, ob die Wälder von Westnorwegen weniger bedrückend waren. Wo sie herkam, war alles in ständigem Wandel, das Licht, die Gerüche und Stimmungen, auch der Gemütszustand der Leute. Sogar den Regen vermisste sie, während sie durch den dichten Tannenwald fuhr, ohne auch nur ein Stück Horizont zu erhaschen.
Storaker hatte ihr den Weg nach Reinkollen genau beschrieben, doch irgendwo musste sie sich trotzdem verfahren haben. Sie glaubte, dass ihr schlicht und einfach die richtigen Gene fehlten, um sich in diesem Urwald zurechtzufinden. In einem Ort namens Åmoen wollte sie sich an der Esso-Tankstelle nach dem richtigen Weg erkundigen. Ein Mann, der Mitte zwanzig sein mochte, lehnte am Türrahmen zum hinteren Raum. Er sah aus wie ein Skinhead. Die Tätowierung auf seinem kahlen Schädel schien aus zwei gekreuzten Schwertern zu bestehen. Als sie an der Kasse stehen blieb, warf er ihr einen Blick zu, drehte sich jedoch nicht um, sondern starrte weiter in den angrenzenden Raum, vermutlich in Richtung eines Fernsehers. Nachdem sie ein paar Mal mit den Fingern auf die Theke getrommelt und sich geräuspert hatte, verlor sie die Geduld.
»Ist heute etwa geschlossen?«, fragte sie in einem Ton, der ihn zusammenzucken ließ. Er schlurfte zu ihr hinüber und sah sie gereizt an. Als Nina erklärt hatte, warum sie gekommen war, pfefferte er einen Straßenatlas auf die Theke, blätterte darin herum und zeigte ihr, wo sie sich gerade befand.
»Sie sind drei Kilometer zu weit gefahren. Hier hätten Sie abbiegen müssen. Das Schild ist nicht zu übersehen. Selbst die Mongos und die anderen Schwachköpfe, die da wohnen, finden den Weg.«
Sie starrte ihn ungläubig an und musste all ihre Kräfte aufbieten, um sich zusammenzureißen. Trotzdem konnte sie sich einen Kommentar nicht verkneifen:
»Anscheinend gibt es Idioten, die dort keinen Platz bekommen haben«, knurrte sie.
Als sie auf dem Weg nach draußen war, rief er ihr etwas hinterher, das sich auf einen Körperteil bezog, auf den er sicherlich neidisch war.
Die Frau, die ihr
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