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Die Ballonfahrerin des Königs

Titel: Die Ballonfahrerin des Königs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tania Douglas
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sie los, citoyen capitaine.» Er musterte Marie-Provence. «Deine Assistentin,
     sagst du? Es kommt mir tatsächlich so vor, als seien wir uns schon einmal begegnet.» Der Blick, mit dem er Marie-Provence
     nun bedachte, war so kalt und eindringlich, dass ihr der Schweiß aus den Poren trat. «Du bist hübsch», sagte er schließlich.
    |89| «Oh. Herzlichen Dank», brachte sie gequält heraus.
    «Und du bist nicht auf den Mund gefallen. Bestimmt hören dir die Leute gerne zu, wenn du redest? Beim Einkaufen, zum Beispiel.»
     Croutignac verengte die Augen. Sein rechter Daumen strich über seine Unterlippe. «Ja, du hast ein Gesicht, dem man alles glaubt.
     Alles glauben möchte. So offen und   … unschuldig.»
    Marie-Provence fragte sich, seit wann es gebräuchlich war, Offenheit und Unschuld als Schimpfwörter zu benutzen. Wut und Enttäuschung
     übermannten sie. Sie war sich so sicher gewesen, dass ihr Plan funktionieren würde! So lange hatte sie auf diesen Tag gewartet   … Als sie an den kleinen Charles dachte, der nur ein paar Schritte entfernt von ihr und dennoch so unerreichbar war, drohten
     ihr die Tränen zu kommen, und sie schluckte. Trotzig hob sie den Kopf und starrte Croutignac an. Was wollte dieser Mann noch
     von ihr? Seine Art, sie zu mustern, gefiel ihr nicht.
    Jomart mochte Ähnliches denken. «Ich bin fertig. Können wir jetzt gehen?», fragte er barsch.
    «Nein», meinte Croutignac entschieden. «Ich habe eine bessere Idee. Ich werde deine Assistentin in die zweite Etage führen.»
    Marie-Provence’ Herz setzte einen Schlag aus.
    Jomart runzelte die Stirn. «In die zweite Etage? Was versprichst du dir davon?»
    Doch Croutignac antwortete ihm nicht. «Citoyenne Duchesne, gewiss hast du von den Gerüchten gehört, die besagen, dass Capets
     Sohn krank sei oder gar schon im Sterben liege?»
    «Diese Gerüchte sind allgegenwärtig, citoyen», antwortete sie gespannt.
    «Diese Gerüchte sind falsch. Ich werde dir jetzt die einmalige Gelegenheit bieten, es zu überprüfen. Du wirst mir folgen,
     aber kein Wort wird über deine Lippen kommen, solange wir im Turm sind. Du wirst dich umsehen und wieder hinuntergehen. Und
     danach wirst du deiner Familie und deinen Freunden erzählen, dass es dem kleinen Capet |90| gutgeht. Du wirst es bezeugen beim Einkaufen und in der maison de la couche. Du wirst davon reden, bis du heiser bist. Wirst
     du das für mich tun?»
    Und ob sie das würde! Sie hielt seinem Blick stand. «Und was bekomme ich für meine Bemühungen?», fragte sie.
    Croutignac verzog den Mund. «Wie wäre es mit dem Recht, hier frei wieder herauszuspazieren?» Er winkte. «Komm jetzt!»
    Die Wendeltreppe innerhalb des Turms war anderthalb Schritt breit und ohne Handlauf. Zwei Luken, so schmal, dass noch nicht
     einmal ein Kopf hindurchgepasst hätte, tauchten an jedem Absatz das Treppenhaus in staubgraues Licht.
    Im zweiten Stock verließen Croutignac, Marie-Provence und Jomart die Treppe, die sich schier endlos nach oben fortsetzte.
     Sie betraten einen quadratischen Raum, leer, bis auf ein paar Feldbetten, einen Stuhl und den auf ihm fläzenden Soldaten.
     Er war noch jung, doch die Schatten unter seinen Augen verliehen seinem Gesicht eine Schwere. Als er Marie-Provence erblickte,
     sprang er auf und richtete die Spitze seines Bajonetts auf sie.
    «Die Frau gehört zu mir, Savatte.»
    «Aber das widerspricht jeder Regel, citoyen!», stotterte der junge Soldat. «Außer den citoyens commissaires ist es niemandem
     erlaubt   …»
    «Niemandem außer mir, soldat. Und denjenigen, die ich nach eigenem Ermessen hierherführe.»
    Croutignacs Stimme hatte nichts Drohendes an sich, dennoch hüpfte der Adamsapfel des Zurechtgewiesenen hoch und runter. «Ich   … Ich werde Meldung erstatten müssen, citoyen.»
    «Tu das», gab Croutignac ungerührt zurück. Dann winkte er Marie-Provence zu sich. «Da ist er. Geh hin und schau.»
    Marie-Provence sah sich um. Der quadratische Raum, in dem sie stand, offensichtlich eine Art Vorzimmer, war mit Tapeten bezogen.
     Ein vergittertes Fenster spendete spärliches Licht. Es war so tief im Mauerwerk eingelassen, dass man |91| sich auf den Bauch hätte legen müssen, um die Scheibe mit ausgestrecktem Arm berühren zu können. Außer dem Zugang zur Wendeltreppe
     hatte der Raum noch drei weitere Türen. Zwei davon hatten nichts Außergewöhnliches an sich. Die dritte hingegen   …
    Marie-Provence trat langsam näher.
    Auf einmal war sie sich nicht mehr

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