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Die Bancroft Strategie: Roman (German Edition)

Die Bancroft Strategie: Roman (German Edition)

Titel: Die Bancroft Strategie: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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Nach dem Kongress wird der auf Abwege geratene Physiker der sowjetischen Strafjustiz übergeben. Ihr Auftrag ist ausgeführt, Ihre Hundepfoten sind sauber geblieben. Die unangenehme Arbeit, sich in die Beute zu verbeißen, überlassen Sie uns, ja? Sie haben bestätigt gefunden, dass Dmitri Baraschenkow wirklich POSHLUST ist, ja? Sagen Sie Ja, lasse ich ihn verhaften. Also – wie lautet Ihre Schlussfolgerung?«
    Belknap ließ sich lange Zeit, bevor er antwortete.
    In den folgenden zwei Jahrzehnten kamen die beiden Männer in unregelmäßigen Abstanden zusammen; jedes einzelne Mal war denkwürdig. Belknap wusste, dass der KGB-Mann Berichte über ihre Treffs schrieb; er vermutete aber auch, dass diese Berichte unvollständig waren. Und als das sowjetische Imperium schrumpfte und der KGB entsprechend verkleinert wurde, nahm Belknap an, Gennadi habe seine Position behalten, obwohl der Georgier so viele Rollen beherrschte, dass sich das nicht sicher sagen ließ. Manchmal wurde eine Legende zur Realität: So kam es vor, dass jemand, den der KGB als Geschäftsmann etabliert hatte,
sich von seinen Vorgesetzten lossagte und einfach weiter Geschäftsmann blieb. Belknap wusste, dass Tschakwetadse längst pensioniert war; der Mann war schließlich Anfang siebzig, und die jahrelange Wodkatrinkerei machte sich ebenfalls bemerkbar. Und er wusste auch, dass Gennadi noch die Ausrüstung aus seiner Dienstzeit besitzen würde; alle ehemaligen KGB -Leute hatten sie zu Hause, wie viele Infanteristen, die im Zweiten Weltkrieg gekämpft hatten, ihr Bajonett mitgenommen hatten.
    Tschakwetadses Landhaus am Ülemiste-See lag nur wenige Kilometer südlich der Altstadt von Tallinn. Nicht gerade eine ländliche Idylle: Der Flughafen war gleich in der Nähe, und der Triebwerkslärm war so allgegenwärtig wie das Vogelgezwitscher. Das schlichte ebenerdige Haus war mit Biberschwanzplatten eingedeckt, aus deren Mitte ein Klinkerkamin wie ein Handgriff ragte.
    Vermutlich aus Stolz ließ Gennadi sich nicht anmerken, ob der Besuch seines alten Freundes überraschend kam. »Herein mit dir, nur herein!«, sagte er mit slawischem Überschwang, den estnische Reserviertheit nie hatte abmildern können.
    Der Russe führte seinen Besuch durchs Haus und auf eine betonierte Terrasse mit einigen ramponierten Segeltuchstühlen und einem massiven Tisch aus silbrigem Holz. Dann verschwand er und kam er mit einer Flasche Wodka und zwei Gläsern zurück, die er ohne lange Vorrede zu füllen begann.
    »Ich habe einen langen Tag vor mir, fürchte ich«, wehrte Belknap ab.
    »Der wird noch länger, wenn du nicht etwas von diesem Kraftstoff intus hast«, sagte der Russe. »Schade, dass du nicht früher gekommen bist. Ich hätte dich gern meiner Frau vorgestellt.«
    »Ist sie verreist?«
    »Ich meine ein paar Jahre, durak , nicht ein paar Stunden früher. Raissa ist jetzt zwei Jahre tot.« Er machte es sich bequem, trank Belknap zu und zeigte auf den See, von dem Nebelschleier aufstiegen wie Dampf über einem Suppenteller. »Siehst du den großen
Felsblock mitten im See? Er heißt Lindakivi. Nach einer estnischen Sage hat der große König Kalev eine aus einem Hühnerei geschlüpfte Frau namens Linda geheiratet. Nach seinem Tod sollte Linda große Felsblöcke auf seinem Grab anhäufen, aber einer ist ihr aus der Schürze gefallen. Also hat sie sich hingesetzt und geweint. Daher der Ülemiste-See … die Tränen, weißt du.«
    »Und das glaubst du?«
    »Alle Nationalepen sind wahr«, antwortete Gennadi nachdrücklich. »Zumindest haben sie einen wahren Kern. Außerdem soll Ülemiste der Ältere in diesem See leben. Begegnet man ihm, fragt er: ›Ist Tallinn schon bereit?‹, und man muss immer antworten: ›Nein, es bleibt noch viel zu tun.‹«
    »Und wenn man Ja sagen würde?«
    »Dann würde er die Stadt überfluten.« Der Georgier kicherte fröhlich. »Wie du siehst, ist Desinformation eine uralte estnische Beschäftigung.« Er schloss die Augen, wandte sein Gesicht der Brise vom See her zu. Aus der Ferne kam ein hohes Mückensurren, als ein Flugzeug zur Landung ansetzte.
    »Desinformation ist ein wirkungsvolles Werkzeug«, bestätigte Belknap, »aber ich bin auf der Suche nach einem anderen.«
    Gennadi öffnete erst ein Auge, dann auch das zweite. »Dir kann ich nichts abschlagen, alter Freund, außer was ich dir abschlagen muss.«
    Belknap sah auf seine Uhr. Dies war ein vielversprechender Anfang. »Danke, mein Freund.«
    »Also …« Der Russe beobachtete ihn

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