Die Bancroft Strategie: Roman (German Edition)
an.«
»Weil Genesis an Ihre Stelle treten will?«
»Schon möglich. Bald wissen wir mehr. Weil wir die absolut Besten auf ihn angesetzt haben.« Er gestattete sich ein schwaches Lächeln. »Später ist Genesis dann nur eine Episode gewesen.«
»Was wollen Sie wirklich?« »Als ob Sie das nicht wüssten. Ihr Cousin hat Sie als gelehrige Schülerin bezeichnet. Er hatte sogar die Idee, Sie könnten eines Tages eine wichtige Rolle innerhalb unserer Organisation spielen.«
»Paul Bancroft.«
»Aber natürlich. Er hat die Gruppe Theta ins Leben gerufen.«
Andrea merkte, dass ihre Magennerven sich verkrampften. »Und Sie sind jetzt dabei, eine eigene Armee für sie aufzustellen. Merken Sie nicht, wie ungeheuerlich das klingt?«
»Ungeheuerlich? Mich erstaunt, dass Sie von Ihrem Cousin so wenig gelernt haben. Was wir tun, ist genauestens dafür berechnet, dem Allgemeinwohl der Menschheit zu dienen. Auf einer korrupten Welt verkörpert die Gruppe Theta die Macht des reinsten Idealismus.«
Sie dachte erschauernd an Manilius, den Paul Bancroft zitiert hatte: die Grenzen des Geistes überwinden und sich zum Herrn des Universums aufschwingen.
»Eines verstehe ich wirklich nicht«, sagte Andrea. »Wieso führen wir dieses Gespräch? Weshalb sind Sie noch hier?«
»Nennen Sie mich meinetwegen einen sentimentalen Narren. Aber ich wollte Sie kennenlernen, bevor …« Rinehart sah weg. »Todd Belknap liebt Sie offenbar. Mich interessiert, was für eine Art Mensch Sie sind. Ich möchte offen und ehrlich mit Ihnen sprechen, damit Sie wissen, dass Sie offen und ehrlich mit mir sprechen können.« Er machte eine Pause. »Sie werden’s mir nicht glauben, aber Todd ist jemand, den ich auf meine Art aufrichtig gernhabe. Ich liebe ihn wie einen Bruder.«
»Sie haben recht«, sagte Andrea. »Ich glaube Ihnen nicht.«
»Wie einen Bruder. Was in meinem Fall ein zugegebenermaßen schwieriges Kompliment ist, wenn man weiß, dass ich meinen eigenen Bruder umgebracht habe. Immerhin meinen Zwillingsbruder. Das Peinliche daran ist, dass ich den Grund dafür nicht mehr weiß. Natürlich war ich damals noch ein Kind. Aber ich schweife ab.«
»Sie sind krank«, sagte Andrea mit zitternder Stimme.
»Tatsächlich bei bester Gesundheit. Aber ich weiß, was Sie zu sagen versuchen. Ich bin … anders als die meisten.«
»Hätte Todd jemals geahnt, wie Sie wirklich sind …«
»Er hat eine Version meiner selbst gekannt. Menschen sind kompliziert, Andrea. Meine Freundschaft mit Belknap war etwas, das ich mit sehr viel Mühe gepflegt und erhalten habe, und wenn das bedeutete, dass störende Ablenkungen beseitigt werden mussten, habe ich dafür gesorgt.«
Störende Ablenkungen mussten beseitigt werden.
»Sie haben ihn isoliert«, sagte Andrea leise. »Dafür gesorgt, dass er aus dem Gleichgewicht war. Und wenn jemand ihm zu nahe war, wenn er eine wirkliche Beziehung aufgebaut hat, haben Sie … eingegriffen und sie gewaltsam beendet. Und wenn er getrauert hat, waren Sie jedes Mal da, um ihn zu trösten, nicht wahr?« Ihre Stimme wurde lauter, grimmiger. »Er hat Sie für seinen einzigen wahren Freund gehalten. Dabei haben Sie ihn manipuliert, die Frauen ermordet, die er geliebt hat, ihn nicht zur Ruhe kommen lassen. Und die vielen Gelegenheiten, bei denen Sie ihm das Leben gerettet haben – auch die waren alle inszeniert, oder? Dieser Mann hätte sein Leben für Sie geopfert. Aber Sie haben nie etwas anderes getan, als ihn zu betrügen.«
»Trotzdem habe ich ihn gerngehabt, Andrea«, erwiderte der groß gewachsene Mann mit sanfter Stimme. »Und ganz sicher bewundert. Er besitzt außerordentliche Fähigkeiten. Es gibt wirklich niemanden, den er nicht aufspüren kann, wenn er dazu entschlossen ist.«
»Vor allem deshalb haben Sie sich an ihn herangemacht, stimmt’s? Er hat mir erzählt, wie er Sie damals in Ostberlin kennengelernt hat. Was war das – eine Posse?«
»Sie sind wirklich clever. Zufällig hatte ich damals gerade Lugner angeworben. Ich wusste, dass wir ihn irgendwann würden brauchen können, und hatte recht damit. Gleichzeitig wurde deutlich, dass dieser junge Mr. Belknap noch besser im Aufspüren von Leuten war, als Lugner sich aufs Abtauchen verstand. Lugners einzige Chance war, den Spürhund glauben zu machen, die Jagd sei erfolgreich gewesen. Er musste quasi amtlich für tot
erklärt werden, und dieses Ziel wurde durch unsere aufwendige Inszenierung erreicht.«
»Aber für Sie ist dabei etwas noch viel Besseres
Weitere Kostenlose Bücher