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Die Bank

Die Bank

Titel: Die Bank Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brad Meltzer
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gründen …«
    »Eine Band?« Ich grinse über beide Backen.
    »Nichts Großes. Wir dachten, wir könnten uns nach der Arbeit treffen. Und in Richie Rubins Club drüben in New Brunswick anfangen … Vielleicht arbeiten wir uns dann allmählich bis in die City vor.«
    »Na, das hört sich großartig an«, erkläre ich und bemühe mich, die Sache cool anzugehen. »Natürlich mußt du dir jetzt noch einen Namen ausdenken.«
    »Also bitte. Womit, glaubst du wohl, haben wir die ersten drei Stunden der ersten Probe verbracht?«
    »Ihr habt schon einen Namen?«
    »Hältst du uns für Anfänger? Nächsten Frühsommer erwarten wir sie im Shea Stadion, Ladies and Gentlemen, einen donnernden Applaus für ›Die Millionäre‹!«
    Ich lache laut. Mom auch.
    »So wollt ihr wirklich heißen?« frage ich.
    »He, wenn ich mir schon den Hintern aufreißen muß, um mit einem Satz auf hohe Wolkenkratzer zu springen, dann darf ich auch einen coolen Umhang tragen!«
    »Da höre ich aber ›Die Macht des positiven Denkens‹ bei dir heraus.«
    »Na ja, ich bin eben total positiv eingestellt. Da kannst du jeden fragen. Außerdem, wer will schon eine Band sehen die ›Plutos kaputter Kopf‹ heißt? Wenn wir uns so nennen, verlieren wir den ganzen Marktanteil der Minderjährigen.«
    Mom steht an der Spüle, läßt das Wasser laufen und wäscht sich den Schmutz von den Händen. Sie hat Pflaster auf vier ihrer Fingerspitzen. Ich sehe, wie Charlie hinter ihr die Keksdose betrachtet. Er streckt die Hand aus und tippt gegen die runden Keramikohren von Charlie Brown. »Er ist längst nicht so groß, wie er mal war«, flüstert Charlie. »Es interessiert mich nicht, wie viele Zeichnungen ich machen muß: Innerhalb eines Jahres wird der Kerl leer sein!«
    »Ihr seid also soweit«, sagt Mom und sieht Charlie an.
    »Wie bitte?« fragt er. Zuerst nimmt er das für eine ihrer typischen Fragen. Aber als er ihren Gesichtsausdruck erkennt, während ich sie in meinem Kopf zurückspule, begreifen wir beide, daß es keine Frage ist. Ihr seid also soweit? Das ist eine Feststellung. »Ja«, sagt Charlie. »Ich glaube schon.«
    »Kann ich euch mal beim Proben zusehen?« fragt sie.
    »Vergiß das Zusehen, wir brauchen deinen Glamour auf der Bühne! Was meinst du, Mom, bist du bereit, das Tamburin zu schlagen? Wir haben morgen abend unseren ersten Auftritt.«
    »Oh, ich kann morgen abend nicht«, sagt sie. »Da habe ich eine Verabredung.«
    »Eine Verabredung? Mit wem?«
    »Was glaubst du wohl, Quatschkopf?« komme ich ihr zu Hilfe. Ich trete zwischen sie und nehme sie in die Arme. »Glaubst du, daß du der einzige bist, der weiß, wie man Cha-Cha-Cha tanzt? Tanzstunden warten nicht auf einen Mann. Los geht’s, süße Mama, und eins, und zwei … und erst den rechten Fuß …«
    Ich schwinge meine Mom herum, lache laut und hüpfe dabei zu meinem eigenen, imaginären Beat hoch und runter.
    »Hat dir wirklich jemand beigebracht, so schrecklich unbeholfen herumzuhopsen?« spottet Charlie. »Du tanzt wie ein Fünfzigjähriger bei einer miesen Hochzeit.«
    Er hat absolut recht, doch es kümmert mich nicht.
    Nach all den Jahren, in denen ich mir den Hintern in der angesehensten Privatbank des Landes wundgescheuert habe, verfüge ich in diesem Moment weder über einen Job, ein Einkommen noch über Ersparnisse, noch über eine Freundin und eine berufliche Zukunft, aber während ich unsere Mom durch die Küche tanze, weiß ich endlich, wer ich sein will. Und auch mein Bruder weiß das, als er mich für den nächsten Tanz abklatscht.
    »Und eins, und zwei … erst den rechten Fuß …«

Epilog
    Henry Lapidus betrat nach einer kurzen Drehung des bronzefarbenen Türknopfs sein Büro, schloß sorgfältig die Tür hinter sich und ging zu seinem Schreibtisch. Er nahm den Telefonhörer ab, warf einen Blick auf das rote Blatt in der Ablage seines Posteingangs, nahm es jedoch nicht heraus. Er hatte diese Lektion schon vor Jahren gelernt. Wie ein Magier, der seine Tricks schützt, notierte man sich nicht jede Nummer.
    Nachdem er gewählt hatte und wartete, daß jemand abhob, starrte er auf das Empfehlungsschreiben, das er für Oliver verfaßt hatte und das er immer noch in seiner linken Hand hielt.
    »Hallo, ich möchte Mr. Ryan Isaac sprechen, bitte. Ich bin einer seiner Klienten«, erklärte er. Lapidus lächelte unwillkürlich. Gewiß, seine erste Priorität war immer gewesen, das Geld zurückzuerhalten. Er war schließlich auch derjenige gewesen, der die Bank in Antigua

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