Die Bank
Ahnung, was das bedeutet?«
»Das bedeutet, daß wir reich sind!« antwortet er wie aus der Pistole geschossen. »Und ich meine damit nicht stinkreich oder unglaublich reich … ich rede von obszön reich.«
»Nein, wir sind tot«, zische ich und lehne mich schwer gegen den Telefonkasten. Das habe ich jetzt davon … Und das alles wegen eines Momentes. »Wir haben nicht die geringste Möglichkeit, das zu erklären …«
»Wir werden ihnen sagen, daß wir den Super Bowl Pool gewonnen haben. Das werden sie vielleicht schlucken.«
»Ich meine es ernst, Charlie. Es geht hier nicht um drei Millionen. Es handelt sich um …«
»Dreihundertdreizehn Millionen. Ich habe dich durchaus verstanden.« Er zählt es an den Fingern ab, vom kleinen bis zum Zeigefinger: »Dreihundertzehn … dreihundertelf … dreihundertzwölf … dreihundertdreizehn. Heilige Avocado, ich komme mir vor wie dieser kleine alte Kerl mit dem Schnurrbart beim Monopoly, du weißt schon, der mit dem Monokel und dem kahlen …«
»Wie kannst du darüber Witze machen?«
»Was soll ich sonst tun? Mich gegen einen öffentlichen Fernsprecher lehnen und den Rest meines Lebens in Deckung bleiben?«
Ohne ein Wort zu sagen, richte ich mich auf.
»Fühlt sich gut an, was?« fragt er mich.
»Das hier ist kein Spiel, Charlie. Dafür werden sie uns umbringen …«
»Vorausgesetzt, sie finden uns. Und als ich das letzte Mal all diese falschen Firmen überprüft habe … unser kleine Bösewicht ist narrensicher.«
»Narrensicher? Bist du verrückt geworden? Wir sind nicht …« Ich unterbreche mich und senke die Stimme. Es sind noch viele Menschen auf der Straße. »Das hier hat nichts mehr mit Peanuts zu tun«, flüstere ich.
»Nein«, unterbricht er mich. »Es wird Zeit, der Realität ins Auge zu sehen, Ollie. Das ist nicht irgendwas, wovor man weglaufen kann. Das hier ist das Schlaraffenland. So viel Geld, und es gehört uns. Was willst du noch? Niemand kann herausfinden, wo er es finden kann. Niemand verdächtigt uns. Die Sache war schon vorher gut, aber jetzt ist sie doppelt so gut. Genaugenommen dreihundertdreizehn Mal so gut. Einmal in unserem Leben können wir uns zurücklehnen und die Füße …«
»Verdammt, was ist bloß mit dir los?« schreie ich ihn an. Ich stürme aus der Telefonnische und packe ihn am Mantelkragen. »Hast du eigentlich zugehört? Du hast Shep gehört … Es funktioniert nur, wenn keiner erfährt, daß das Geld weg ist. Drei Millionen passen in unsere Taschen. Aber dreihundertdreizehn Millionen? Ist dir eigentlich klar, was sie alles machen werden, um den Haufen Geld zurückzukriegen?« Ich bemühe mich nach Kräften zu flüstern, aber die Leute fangen bereits an, uns anzustarren. Ich sehe mich um und lasse Charlie unvermittelt los.
Charlie streicht seinen Mantel glatt. Ich drehe mich wieder zum Telefon um.
»Wen rufst du an?« fragt Charlie.
Ich antworte nicht, aber er sieht mir auf die Finger, während ich die Tasten drücke. Shep.
»Ich würde das nicht tun«, warnt er mich.
»Wovon redest du da?«
»Wenn sie clever sind, kontrollieren sie eingehende Anrufe. Vielleicht hören sie sogar mit. Falls du Informationen willst, dann solltest du lieber reingehen und dich mit ihnen direkt unterhalten.«
Ich halte mitten in der Bewegung inne und starre Charlie über die Schulter hinweg an. Das ist der offizielle Anfang des Blickwettstreits. Er kennt meinen Ausdruck. Der ungläubige Thomas. Und ich kenne seinen: der ehrliche Indianer. Ich weiß, daß es nur ein Trick ist. Es ist seine Lieblingslist, um mich zu beruhigen, damit er seinen Willen durchsetzen kann. Das macht er immer so. Aber selbst ich kann gegen die Logik nicht anstinken. Also knalle ich den Hörer auf die Gabel und dränge mich dicht an ihm vorbei. »Ich hoffe, du hast recht«, zische ich, während ich zur Bank zurückgehe.
Ein kurzer Zwischenstopp an einem Coffee-Shop versorgt mich mit einem Viertel Liter Nervennahrung und einer perfekten Entschuldigung, warum ich das Gebäude überhaupt verlassen habe. Aber es kann den Secret-Service-Agenten am Eingang nicht daran hindern, noch einen zweiten Haken hinter meinen Namen zu machen. Und einen hinter Charlies.
»Was ist mit der Analuntersuchung?« fragt Charlie den Agenten.
Der Typ wirft uns einen Blick zu, als könnte er uns schon mit seinen Augen in die Knie zwingen. Aber wir wissen beide, wie es eigentlich aussieht. Hätten sie auch nur den Schimmer eines Hinweises, würden wir längst in Handschellen
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