Die Bankerin
diesem Ton von deinem Bruder sprechen, kapiert? Es könnte sein, daß mir dann wieder die Hand ausrutscht! Also, sieh dich vor.«
»Jetzt wird man in diesem Haus sogar schon geschlagen! Na ja, öfter mal was Neues.«
Nathalie und Maximilian verfolgten den Streit mit gespannten Gesichtern. Johanna fuhr dazwischen: »Bitte, müßt ihr euch unbedingt hier streiten?«
»Hab ich vielleicht mit dem Blödsinn angefangen? Er schlägt mich doch! Beschwer dich bei deinem Mann! Und ich hab recht, es ist ganz allein Thomas’ Schuld gewesen. Was macht er auch für ’n Scheiß!«
»Okay, renn doch in dein Unglück! Ich wollte mit dir reden, aber du wolltest nicht. Deine Mutter ist Zeuge. Ich hab’s probiert.«
»Äh, vergiß es, Mann!« Alexander stand auf und ging. David sah ihm hinterher, er verstand den Jungen schon seit langem nicht mehr.
»Das war nicht gut«, sagte Johanna kopfschüttelnd.
David nahm sich eine Scheibe Brot aus dem Korb. »Er hat schlechte Manieren, das ist alles. Irgendwann wird der Bengel wieder zur Vernunft kommen.« Dann wandte er sich Nathalie und Maximilian zu. »Na, letzter Schultag heute. Freut ihr euch schon auf die Ferien?«
»Weiß nicht«, erwiderte Maximilian, der wieder einmal auffallend blaß war. Dazu kam, daß er in den letzten Tagen wieder des öfteren über Kopfschmerzen und Müdigkeit geklagt hatte. Aber nächste Woche hatten sie sowieso einen Arzttermin mit dem Jungen. Nathalie sagte gar nichts, sie war ein wenig wie Alexander, in sich gekehrt und wenig gesprächig, und mit ihren jetzt dreizehn Jahren steckte sie mitten in der Pubertät, und nichts und niemand konnte ihr etwas recht machen. Vor drei Monaten hatte sie ihre erste Menstruation gehabt, und es war gerade wieder soweit, und offensichtlich hatte sie noch Probleme, damit klarzukommen.
»Ich habe euch doch die Ferienkarten gekauft. Ihr könnt eine Menge damit unternehmen. Und Mutti macht das eine oder andere bestimmt mit.«
»Hm.« Maximilian nickte und schluckte die Cornflakes mit Milch runter. »Ich würde gerne mal ins Phantasialand fahren. Meine Freunde erzählen in der Schule immer davon. Die waren fast alle schon da, nur ich nicht.«
»Ich war auch noch nicht dort«, sagte Johanna. »Aber wir machen’s dieses Jahr, versprochen. Stimmt doch, oder?« fragte sie und sah David an.
»Klar, großes Indianerehrenwort.«
»Ich gehe nach der Schule noch mit Millie in die Stadt«, sagte Nathalie, bevor sie aufstand. »Sie will sich ein paar Schuhe kaufen, und ich soll sie beraten. Nur damit ihr’s wißt.«
An diesem Donnerstag begann die Hypnosebehandlung von Thomas. Der Arzt sagte, es hinge weitgehend von Thomas ab, inwieweit die Hypnose Erfolge zeige, denn solange sein Bewußtsein sich sträube, so lange bliebe auch sein Unterbewußtsein verschlossen. Es sei mit einer langen Behandlungszeit zu rechnen.
Nathalie kam nach der dritten Stunde heim, Millie hatte plötzlich ihre Meinung geändert und wollte doch nicht Schuhekaufen. Sie war diesmal vor Maximilian zu Hause, obgleich Maximilians Schule nur fünf Minuten zu Fuß von zu Hause entfernt war, während Nathalie die Straßenbahn und den Bus nehmen mußte. Als Maximilian auch nach einer Dreiviertelstunde nicht da war, wurde Johanna unruhig und rief bei einem Klassenkameraden an – er war schon lange zu Hause. Johanna zog sich an und lief aufgeregt den Weg zur Schule ab, keine Kinder mehr. Die seltsamen Telefonate kamen ihr in den Sinn. Angst! Sie rief bei drei weiteren Mitschülern an, doch keiner wußte, wo Maximilian abgeblieben sein konnte. Sie legte auf, ging ins Bad, um eine Beruhigungspille zu nehmen, dann wollte sie noch einen Moment warten, bevor sie die Polizei informierte.
Das Telefon klingelte. Mit nervöser Hand nahm sie ab. Die Fistelstimme. »Hör gut zu, Johanna, was ich dir jetzt zu sagen habe. Maximilian geht es gut, er sitzt gerade im Auto und schleckt ein Eis. Du wirst ihn bald wiedersehen. Du sollst nur merken, daß wir es ernst meinen und daß wir jeden von euch kriegen können. Wir werden eure Brut vernichten, aber anders, als ihr denkt. Freu dich schon darauf, Maximilian bald wieder in die Arme schließen zu können. Ach ja, fast hätt ich’s vergessen, du findest ihn am Goetheturm. Er wird schon sehnsüchtig auf dich warten. Und noch was, vergiß die Bullen, ihr würdet damit alles nur noch viel schlimmer machen! Tschüüs!« Johanna war mit den Nerven fertig, wurde von einem heftigen Weinkrampf durchgeschüttelt. Nathalie kam
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