Die Bedrohung
Schreibtischschublade und nahm einen Schlüsselbund heraus. »Komm mit«, sagte er und stand auf.
Die beiden Männer verließen den Trailer und traten in die helle Nachmittagssonne hinaus. Sie schritten quer über den Hof, vorbei an Satellitenschüsseln und Antennen, und trafen auf Ridley, der mit einem Handy telefonierte. Ridley hob eine Hand, um die beiden Männer zum Stehenbleiben zu bewegen, und sagte ins Telefon: »Natürlich bezahle ich dafür, jetzt schickt mir schon die verdammten Fotos.«
Ridley steckte das Handy in die Tasche. »Mitch«, sagte er, »ich weiß, dass dir der Präsident einen Blankoscheck ausgestellt hat, aber ich will, dass du dir trotzdem ein paar Gedanken machst.«
Rapp wich ihm aus und ging weiter.
Ridley folgte den beiden Männern. »Ich finde es gut, dass dir der Präsident grünes Licht gegeben hat, aber wir wissen beide – wenn die Sache schiefgeht, dann werfen sie uns alle den Wölfen vor. Der Schaden für die Agency wäre katastrophal.«
»Rob, wenn wir Irene nicht lebend zurückbekommen, dann ist es mir egal, wer den Wölfen vorgeworfen wird.«
»Es ist dir egal, wenn dieser Schlamassel die CIA um zwanzig Jahre zurückwirft?«
Während Stilwell an der Tür zum Lager-Trailer einen Code in ein Tastenfeld eintippte, sagte Rapp: »Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir dann noch mehr unter diesen Idioten zu leiden hätten als jetzt.«
»Ich schon. Wenn du nämlich Gefangene verstümmelst. Hast du eine Ahnung, wie das beim normalen Bürger ankommt? Die Leute werden denken, dass wir ein Haufen Monster sind.«
»Im Moment bin ich ein Monster. Genau wie diese Kerle, die Irene entführt haben. So führt man diesen verdammten Krieg nun einmal. Nicht mit Politikern, Reportern und Anwälten.«
Stilwell öffnete einen kleinen Kühlschrank und begann die Etiketten auf den Fläschchen zu lesen. »Natriumpentothal, Phenobarbital, Lysergsäurediethylamid, Heroin, Speed … sag, was du brauchst, wir haben alles da.«
»Gib dem falschen Bullen das Natriumpentothal und den beiden anderen Speed.«
»Okay.« Stilwell nahm je ein Fläschchen von beidem und eine Handvoll Spritzen.
Ridley stand immer noch bei ihnen. »Mitch, bitte mach wenigstens nichts, was bleibende Schäden hinterlässt. Ich meine, du kannst den Kerl doch nicht einfach kastrieren. Wenn das rauskommt, sieht es verdammt schlecht aus.«
Stilwell kramte in einem Regal herum. »Er hat recht, Mitch«, sagte er, ohne sich umzudrehen. »Ich meine, du drohst ihnen doch nur damit, oder? Du wirst es doch nicht wirklich tun?« Stilwell fand eine Schachtel mit Gummihandschuhen und reichte Rapp ein Paar.
Rapp nahm die Handschuhe und dachte einen Augenblick über die Frage nach. Er hatte kein Problem damit, alles zu tun, was notwendig war, um diese Typen zum Reden zu bringen, doch er sah einen Mittelweg, wie er die Angst seiner Gefangenen auf die Spitze treiben konnte, ohne bis zum Äußersten gehen zu müssen. Er sah Stilwell an. »Haben deine Kurden die Leichen ausgezogen und in eine Zelle geworfen?«
»Als ich wegging, waren sie gerade dabei.«
»Gut«, sagte Rapp zu Ridley. »Im Moment werde ich niemandem den Schwanz abschneiden, aber ich kann nichts versprechen.« Zu Stilwell gewandt, fügte er hinzu: »Gib ihnen eine ordentliche Dosis, ich bin in fünf Minuten dort.«
49
Die Überwachung durch den Kongress war ein Ärgernis, dem Rapp stets versucht hatte auszuweichen. In der Theorie war nichts dagegen einzuwenden; der Kongress verteilte das Geld, und irgendjemand musste ja darauf achten, wofür es ausgegeben wurde. Wenn es um nationale Sicherheit ging, wurde die Sache jedoch etwas komplizierter. Es gab leider nur wenige gewählte Volksvertreter, die das Wohl des Landes über ihre eigenen Interessen oder die ihrer Partei stellten. Sie faselten lieber von irgendwelchen Grundrechten, von Redefreiheit oder dem Recht auf Privatsphäre, anstatt einfach einmal den Mund zu halten und zu akzeptieren, dass sie es mit einem Feind zu tun hatten, der sich an keinerlei Spielregeln hielt. Nur eine kleine Schar dieser Leute hatte die Größe, der Verlockung eines öffentlichen Auftritts zu widerstehen, mit dem sie sich profilieren konnten. Viele Politiker waren Juristen – Männer und Frauen, die gelernt hatten, für beide Seiten mit gleicher Leidenschaft und gleichem Nachdruck zu argumentierten.
Rapp wusste, dass Ridley im Prinzip recht hatte. In Washington hatten Leute wie der Justizminister das Sagen, die wenig bis gar keine
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