Die Bedrohung
sunnitischen Terrorgruppen. Sie hatten die Taliban und die Al-Kaida schon einige Zeit beobachtet und gaben uns wichtige Informationen, die uns in den ersten Monaten des Krieges halfen.«
»Mit wem genau sprechen Sie dort?«
»Azad Ashani. Mein Amtskollege.«
»Vertrauen Sie ihm?«
»Vertrauen wäre ein bisschen viel gesagt, aber ich halte ihn für einen vernünftigen Menschen.«
»Gut. Sehen Sie zu, was Sie in Erfahrung bringen können. Was ist mit den Israelis? Ist es Zeit, dass ich den Ministerpräsidenten anrufe?«
»Das glaube ich nicht«, antwortete Außenministerin Wicka. »Ich möchte Sie nicht in eine Situation bringen, in der er Sie anlügen müsste. Wir alle sollten zuerst sehen, was wir herausfinden können.«
»Das finde ich auch«, pflichtete Ted Byrne ihr bei.
»Gut.« Der Präsident sah auf seine Uhr. »Ich muss einen Anruf tätigen. Wir kommen in einer Stunde wieder zusammen.« Der Präsident wandte sich an seinen Sicherheitsberater. »Ich will den National Security Council im Oval Office haben, sobald wir landen.«
»Ja, Sir.«
Alexander stand auf und sah Rapp an. »Mitch, würden Sie bitte mit mir kommen? Es gibt da etwas, über das ich gern mit Ihnen sprechen würde.«
12 TEHERAN, IRAN
Es war schon dunkel, als Azad Ashani im Büro des Obersten Führers Ali Hoseini-Nassiri eintraf. Er war müde und wurde von quälenden Hustenanfällen geplagt. Es war ein zermürbender Tag gewesen, der um fünf Uhr früh mit der Fahrt zum Flughafen begonnen hatte, um das Flugzeug nach Isfahan zu nehmen. Er war gerade erst mit einer Militärmaschine zurückgekehrt, nachdem er den ganzen Nachmittag in der Atomanlage verbracht hatte, um den Vorfall zu untersuchen.
Nachdem er Mukhtar vor dem Schicksal bewahrt hatte, so wie Ali Farahani zu Tode zu stürzen, war die Lage immer bedrohlicher geworden. Eine Wolke aus Staub und Trümmern war in den Aufzug gedrungen und bedeckte jeden Millimeter von Ashanis Körper. Er kauerte in einer Ecke und machte kurze flache Atemzüge durch sein Hemd, das er sich über Mund und Nase gezogen hatte. Mehr als einmal fragte er sich, ob er überleben würde. Während seine Augen vom Staub brannten und jeder Atemzug ein bisschen mühsamer war als der vorhergehende, dachte er an seine Frau und seine geliebten Töchter und fragte sich, wie sie zurechtkommen würden in einem Land, dessen Zukunft so ungewiss war.
Als die feinen Partikel sich schließlich zu Boden senkten, war alles von einer dicken Schicht aus grauem Betonstaub bedeckt. Ashani erhob sich von seinem Platz in der Ecke des Aufzugs mit einem Gefühl, als hätte jemand eine schwere Decke über ihn gebreitet. Staub fiel von seinem Körper ab, als er zur Aufzugtür trat und das Desaster vor sich sah. Es war, als wäre ein lange untätiger Vulkan plötzlich zum Leben erwacht, um seine graue Asche über die Landschaft zu speien.
Ashani stand in der Tür und spähte durch den Staub, der sich nach und nach legte, auf die ungeheure Verwüstung hinunter, und es überkam ihn eine tiefe Traurigkeit über das, was mit seinem Land passiert war. Er war nie ein Befürworter des Atomprogramms gewesen, und er fand es grob fahrlässig, den Westen immer wieder zu reizen, ohne auch nur annähernd über die Mittel zu verfügen, den Worten auch Taten folgen zu lassen – doch das hier war einfach zu viel für das ohnehin schon angeschlagene persische Ego. Und das in einem Land, das über ein jahrtausendealtes kulturelles Erbe verfügte. Diese völlige Vernichtung, die er hier vor sich sah, war einfach unfassbar.
Es war eine Sache, ein Gebäude mit einigen relativ kleinen Löchern zu sehen, wo bunkerbrechende Bomben in das Dach eingeschlagen hatten. Sie hatten immer wieder über diese Möglichkeit diskutiert. Es herrschte allgemeine Übereinstimmung darin, dass schon die erste Verteidigungsschicht ausreichen würde, um die Bomben aufzuhalten, und dabei gab es noch drei weitere Schichten. Es war denkbar, dass die obersten Stockwerke zerstört werden könnten. Es gab sogar einen wenig bekannten Plan, über den nur auf allerhöchster Ebene gesprochen wurde. Wenn die Juden und ihre Helfer wider Erwarten das Glück haben sollten, alle Schichten durchdringen und den Reaktor zerstören zu können, so würde man die Welt und das eigene Volk belügen. Man würde behaupten, dass die Anlage den Anschlag überlebt hätte. Wahr oder nicht – das Volk sollte sich an die Illusion klammern können, dass die heimischen Ingenieure alles aufzuhalten
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