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Die Bedrohung

Die Bedrohung

Titel: Die Bedrohung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vince Flynn
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abhörsicher waren, doch Rapp hatte da seine Zweifel. Er hatte sich genug mit der jüngeren Geschichte beschäftigt, um zu wissen, dass die Experten in den vergangenen Jahrzehnten das Gleiche behauptet hatten, bis sich dann herausstellte, dass sie sich irrten. Rapp ging jedenfalls davon aus, dass es so etwas wie eine hundertprozentig sichere Verbindung nicht gab. Dennoch gab es immer wieder Situationen, in denen wichtige Botschaften übermittelt werden mussten und man nicht darauf warten konnte, bis man Gelegenheit hatte, das persönlich zu tun.
    Der Präsident hatte ihn ins Grübeln gebracht. Rapp hatte sich seit Jahren widerstrebend eingestehen müssen, dass die Iraner wussten, wie man wirkungsvolle Propaganda betrieb. Die politischen Führer wussten ganz genau, dass ihr Überleben davon abhing, dass die Bevölkerung Amerika und dem Westen die Schuld daran gab, dass das Leben für die Mehrheit im Land nicht so rosig war. Es spielte keine Rolle, dass ihre Anschuldigungen völlig haltlos waren – was zählte, war allein, dass der Nationalstolz der Leute entflammt wurde. In den nächsten Wochen würde die Propagandamaschinerie auf Hochtouren laufen. Amerika war der Schuldige, egal ob es Beweise dafür gab oder nicht. Sie hatten nichts weiter zu tun, als die Anschuldigung in den Raum zu stellen, dann blieb sicher etwas hängen. Das iranische Volk würde dann nicht weiter danach fragen, ob Amerika wirklich hinter der Zerstörung ihrer Anlage steckte. Der Hass auf Amerika saß so tief, dass sie ihren Führern glauben würden, ohne irgendwelche Beweise zu verlangen.
    Diese Tatsache sowie die offenkundige Bereitschaft des Präsidenten zum Handeln boten nach Rapps Ansicht ideale Voraussetzungen für eine klassische Geheimoperation. Wenn die Iraner so weit gingen, haltlose Anschuldigungen zu erheben, dann waren sie zwangsläufig anfällig für einen Gegenangriff. Damit würde man den großmäuligen Präsidenten des Landes bloßstellen können. Die Tatsache, dass sich kein Flugzeug über der Anlage befunden hatte, als sie zerstört wurde – kein amerikanisches, kein israelisches und auch sonst keines –, ließ nur zwei Möglichkeiten zu. Die erste verwarf Rapp sofort, weil er seine israelischen Kollegen nur zu gut kannte und weil er einfach nicht glauben konnte, dass ein Unglücksfall die Anlage so vollständig zerstört hätte. Die zweite Option war, dass es die Israelis getan hatten. So wie er sie kannte, zweifelte er nicht daran, dass es ihnen irgendwie gelungen war, die Anlage zu vernichten.
    Rapp würde es bald herausfinden. Eine G-5der Central Intelligence Agency wartete auf der Andrews Air Force Base auf ihn, um ihn sofort nach Tel Aviv zu bringen, sobald sie gelandet waren. Irene Kennedy hatte ihrem israelischen Amtskollegen ausrichten lassen, dass Rapp unterwegs war und dass es klug wäre, sich nicht zur aktuellen Krise im Iran zu äußern, bis Rapp bei ihm war.
    Um seinen Plan umzusetzen, brauchte Rapp die Hilfe von jemandem im CIA-Hauptquartier in Langley. Er konnte den Anruf von seinem eigenen Satellitentelefon aus machen, doch es war nicht auszuschließen, dass jemand von der Air-Force-Crew an Bord den Anruf aufschnappte und einen Anfall bekam. Seine zweite Möglichkeit war, die Hilfe der Crew in Anspruch zu nehmen und um die sicherste Verbindung nach Langley zu bitten, die sie zur Verfügung hatten. Das würde wahrscheinlich auch funktionieren, aber es würde auch die Russen und die Chinesen auf die Idee bringen, dass es sich um einen wichtigen Anruf handelte. Schließlich entschied er sich dafür, über eine ungesicherte Verbindung anzurufen. Es würde als Routinekommunikation eingeschätzt werden, und wenn er sich nur ganz vage und allgemein ausdrückte, würde jemand, der das Gespräch mithörte, keine Ahnung haben, worum es ging. Neben dem Büro und dem Konferenzzimmer des Präsidenten gab es einen Bereich mit Sitzen für seine Berater. Im Stil der Ersten Klasse in Linienflugzeugen boten auch diese Plätze viel Raum. Rapp suchte sich einen freien Platz und setzte sich.
    Irgendein jüngerer Angehöriger des Stabes saß auf dem nächsten Platz. Der Typ blickte von seinem Laptop auf und sah Rapp mit einem Ausdruck an, der ungefähr bedeutete: Wer zum Teufel bist du? Stattdessen sagte er: »Tut mir leid, der Platz ist besetzt.«
    Rapp war sich bewusst, dass sein Äußeres nicht unbedingt dem eines Mitarbeiters des Weißen Hauses entsprach. Er lächelte und sagte: »Ist schon okay. Ich muss nur einen kurzen

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