Die Begierde: Fallen Angels 4 (German Edition)
Unterschreiben Sie bitte hier, damit wir Sie entlassen können.«
Im Klartext: Lass mich gefälligst in Frieden. Ich hab zu tun .
Innerlich fluchend, kritzelte Mels ihren Namen in die ent sprechende Zeile, nahm die beiden Zettel und ihren Durchschlag entgegen, und Schwester Rachel ging, um den nächsten Patienten zu terrorisieren.
Was für ein Abend. Wenigstens hatte die Polizei auf Unfall entschieden und klar festgestellt, dass von ihrer Seite aus keine Fahrlässigkeit vorlag. Aber es gab trotzdem noch Probleme …
Sie überflog die Diagnose auf ihrem Entlassungsschein. Leichte Gehirnerschütterung. Verrenkter Hals. Nachsorge in einer Woche beim Hausarzt, oder auch früher, falls Sehstörungen, Übelkeit, Schwindel oder stärkere Kopfschmerzen auftreten sollten.
Ihr Auto hatte vermutlich einen Totalschaden.
Und der Mann konnte unmöglich noch am Leben sein.
Ächzend setzte sie sich auf, ihr bandagierter Kopf quittierte die Bewegung mit einer geistigen Pirouette. Während sie sich langsam an die Vertikale gewöhnte, beäugte sie ihre Klamotten auf dem orangefarbenen Plastikstuhl gegenüber. BH , Unter hemd und ihre lange Hose hatte sie während der Untersuchung anbehalten dürfen. Bluse, Jacke und Mantel warteten auf ihren Einsatz.
Ihre Mutter hatte sie nicht angerufen.
Die Familie hatte gerade erst einen Autounfall verkraften müssen – und in dem Fall war derjenige, der es nicht überlebt hatte, ihr Vater gewesen.
Also hatte Mels nur eine SMS geschrieben, sie ginge mit Freunden aus und käme spät nach Hause. Das Letzte, was sie gebrauchen konnte, war eine aufgelöste Mutter, die sie unbedingt abholen wollte. Vor allem in Anbetracht dessen, was sie jetzt vorhatte.
Mels ließ sich Zeit beim Anziehen, wobei die Trödelei nicht nur damit zu tun hatte, eine brave kleine Patientin sein zu wollen. Offenbar war ihr Versuch, Crashtest-Dummy zu spielen, nichts, was man einfach so abschüttelte. Sie fühlte sich steinalt und gebrechlich – und seltsam verängstigt.
Jemanden getötet zu haben war … unvorstellbar.
Sie schob die Zettel in die Tasche, zog den erbsengrünen Vorhang zur Seite und sah sich einem gigantischen Chaos mit System gegenüber: Menschen in Kitteln flitzten hin und her, hechteten in Zimmer, hechteten wieder heraus, gaben Anweisungen, nahmen sie entgegen.
Da ihr persönlicher Bedarf an Kollisionen für heute gedeckt war, passte sie gut auf, niemandem in die Quere zu kommen, während sie zum Ausgang lief.
Den sie nicht benutzte.
Im Wartezimmer saßen dicht gedrängt unterschiedliche Varianten der Gebeugten und Lahmen, einschließlich eines Mannes mit einem blauen Auge und einer schlecht verbundenen, blutenden Hand. Er blickte zu ihr auf und nickte, als gäbe es zwischen ihnen eine Verbindung, weil sie ebenfalls in eine Kneipenschlägerei geraten war.
Aber hallo, du solltest mal die Eiche sehen. Ich kann dir sagen .
Am Empfang stützte sie sich auf den Tresen und wartete dar auf, bemerkt zu werden. Als schließlich ein Mann kam, lächelte sie, als wäre alles in bester Ordnung. »Können Sie mir vielleicht sagen, wo der Kerl aus dem Autounfall gelandet ist?«
»Hey, Sie kenne ich doch. Sie sind Reporterin.«
»Genau.« Sie wühlte in der Handtasche, holte ihren laminier ten Presseausweis heraus und zeigte ihn, als wäre es eine FBI -Marke. »Können Sie mir weiterhelfen?«
»Aber klar.« Er tippte auf der Tastatur herum. »Er wurde auf die Station verlegt. Zimmer sechs sechsundsechzig. Nehmen Sie am besten den Aufzug da drüben, und folgen Sie den Schildern.«
»Danke.« Sie klopfte auf den Tisch: Also war er noch am Leben. »Das ist wirklich nett von Ihnen.«
»Sie sehen ja nicht so toll aus«, sagte der Mann und deutete einen Kreis um ein Auge herum an.
»War ein harter Tag.«
»Sieht man.«
Die Fahrt in den sechsten Stock war eine Übung in Datenverarbeitung, die ihr Gehirn katastrophal vergeigte. Schon von vornherein wackelig auf den Beinen, strapazierte die Aufwärtsbewegung ihr Mittelohr derartig, dass sie bald wie ein nasser Sack an dem ungefähr auf Hüfthöhe angebrachten Geländer hing. Gute Idee, da eins zu befestigen; aber wahrscheinlich fuhren mit dem Lift auch öfter mal Menschen, die nicht ganz so standsicher waren. Und dass die Innenverkleidung aus mattgrauem Metall war, schadete auch nichts. Mels hatte noch nicht in den Spiegel geschaut, aber ihrem Empfang vorhin am Empfang nach zu urteilen, war der Airbag, den sie zu essen versucht hatte, ihrem Teint nicht gerade
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