Die Begierde: Fallen Angels 4 (German Edition)
seinen körperlichen Zustand und die Ahnung, wo er vor seinem Erwachen gewesen war … und wohin er Gefahr lief zurückzukehren.
Aber im Laufe seines bisherigen Lebens hatte es mehr Täu schungen gegeben, als man zählen konnte – Scheiße noch mal.
Und genau darum würde er sich jetzt kümmern.
Nachdem Mels ihn auf diese Weise verlassen hatte und sein Gedächtnis wieder voll funktionstüchtig war, konnte er unmöglich nicht gegen das Lügengespinst und das Böse vorgehen, das er so lange verübt hatte.
Das hier war wirklich die Abrechnung, die er sich verdient hatte, und er würde verdammt noch mal den Preis dafür bezahlen … und das Richtige tun. Endlich.
Da fiel ihm ein, dass sein Komplize hinter ihm vermutlich nicht ganz so fix unterwegs war wie er selbst. Was so was von abgefuckt war. Er warf einen Blick über die Schulter und …
Matthias blieb wie angewurzelt stehen und umklammerte das Geländer.
Der Kerl hinter ihm schwebte etwa zehn Zentimeter über den Stufen, als hätte er Antischwerkraft-Schuhe an.
»Was bist du?«, flüsterte er.
Sofort setzten die Springerstiefel wieder auf festem Boden auf. »Nichts Besonderes.«
»Was für ein Schwachsinn.«
»Laufen wir nicht gerade vor den Bullen weg? Möchtest du das wirklich jetzt ausdiskutieren?«
Da war natürlich was dran, aber es stand viel auf dem Spiel. Allein schon geisteszustandstechnisch. »Sag mir nur eins: Auf welcher Seite stehst du? Und ehe du mich jetzt wieder mit einem Ist-doch-schnuppe abspeist: Ich weiß, wo ich gewesen bin. Und damit meine ich nicht den Mittleren Osten.«
»Ich stehe auf der Seite, die sich für gut hält.«
»Was gar nichts sagt. Selbst der Teufel glaubt, dass er recht hat.«
»Hat sie nicht.«
»Aha, sie.« Als der Kerl nur mit den Schultern zuckte, als würden sie sich über Sport oder Autos oder die letzte Folge CSI unterhalten, fluchte Matthias leise. »Du kennst also den Teufel, bist aber ein ganz normaler Typ. Du nimmst all meine Verletzungen auf dich, innerlich und äußerlich, und bist überhaupt nichts Besonderes.«
Erneut zuckte Herons Mitbewohner die Achseln und setzte eine völlig unbeteiligte Miene auf.
Es war alles gelogen, oder?
»Weißt du«, sagte Matthias barsch, »man sagt über den Teufel, dass er – dass sie eine großartige Lügnerin ist.«
»Das ist das Einzige, worauf du dich verlassen kannst.«
»Dann hab ich das wohl mit ihr gemeinsam.«
»Stimmt, aber die Zeiten ändern sich.«
»Wie passt Jim Heron da hinein?«
Adrian atmete aus, als wäre er uralt. »Kümmere dich um dich selbst, Matthias. Das ist der einzige Rat, den ich dir geben kann – tu einfach das Richtige, auch wenn es schmerzt.«
Matthias sah das trübe Auge an, das noch vor zwölf Stunden seins gewesen war. »Sprichst du da aus eigener Erfahrung?«
»Mitnichten. Also, sollten wir nicht vor der Polizei fliehen?«
Plötzlich dachte Matthias an die Nacht mit Mels. Das Ende war echt mies gewesen, aber die Stunden davor und alles, was mit ihr zu tun gehabt hatte … hatte ihm geholfen, seine Seele wiederzufinden. Ohne das, und ohne sie, hätte er Caldwell und seine Vergangenheit einfach zurückgelassen.
»Danke«, murmelte Matthias. »Ich bin dir etwas schuldig.«
»Ich weiß gar nicht, wovon zum Geier du sprichst.«
Ganz eindeutig klopfte er an eine Tür, die verschlossen, verrammelt und verriegelt war. Schön. Er wusste, wie das war: Dankbarkeit konnte schwerer zu ertragen sein als Schmerz.
Wenigstens wusste er, was er zu tun hatte. Es gab nur noch eins …
»Ist Jim wie du?«
Adrian sah aus, als hätte er wirklich keine Lust mehr auf Reden, als würde er gleich schreien, aber hey, Pech.
»Sag es mir«, blaffte Matthias. »Ich brauche irgendwas Solides.«
Adrian rieb sich das Kinn. »Darüber kannst du mit Jim reden, wenn das hier vorbei ist, okay? Momentan ist es meine Aufgabe, dich am Leben zu halten, damit du das Richtige tun kannst, wenn es so weit ist. Ich kann dir gar nicht sagen, wie wichtig das ist. Tu einfach ein einziges Mal in deinem jämmerlichen Dasein das Richtige.«
»Wird gemacht«, sagte Matthias, drehte sich um und rannte weiter.
Achtundvierzig
Ein paar Straßen weiter, in der Redaktion des Caldwell Courier Journal, saß Mels auf ihrem musikalischen Stuhl und schaukelte zur Melodie von »Yankee Doodle« vor und zurück. Ihr E-MailAccount war geöffnet, und in regelmäßigen Abständen trudelten Nachrichten ein. Auch der Bildschirmschoner schaltete sich periodisch ein, und jedes Mal,
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