Die Begierde: Fallen Angels 4 (German Edition)
glaubte nicht eine Sekunde lang daran, dass die Dämonin ihnen einfach nur geholfen hatte, als sie am Vorabend mit ihrer Klinge aufgetaucht war, um sie zu »retten«. Nachdem er jetzt den ganzen Tag lang Matthias beschattet und darauf gewartet hatte, dass sie mehr als nur ein Frühstück anzettelte, hatte er Ad beauftragt, den Zirkus zu managen, und war ins Land der Desinfek tionsmittel, kotzgrünen Fliesen und Körperorgan-Waagen gereist.
Er wollte sich die Leiche dieses »Agenten« mal genauer ansehen.
In der Hektik am Abend zuvor hatte er sich nicht richtig um die sterblichen Überreste kümmern können – und auch wenn er nicht sicher war, was sie ihm verraten konnten, war sie alles, was zurückgeblieben war.
Vorausgesetzt, er kam vor der Vorhut der X-Ops.
Der erste Hinweis darauf, dass im Reich der Rechtsmediziner nicht alles eitel Sonnenschein war, bestand in den Polizisten im Flur vor der Leichenhalle: Überall blaue Uniformen, die sich in den Korridoren herumdrängten und plauderten. Und als Jim dann unbemerkt durch die Flügeltür gehuscht war, staute sich dort am Eingang ein weiterer Beamtentrupp, der sich hier mit dem medizinischen Personal vermischte.
Irgendwie hatte sich die Halle in einen Tatort verwandelt.
Na so was. Wie überraschend.
»… Uhrzeit sind Sie gekommen?«
Der Kittelträger, der gerade vorne am Empfang befragt wurde, verschränkte die Arme vor der Brust und legte die Hand um seinen lichten Kinnbart. »Hab ich doch bereits gesagt. Meine Schicht hat um 9 : 00 Uhr angefangen.«
»Und das war auch die Zeit, zu der Sie angekommen sind?«
»Da habe ich gestempelt. Das hab ich Ihnen doch schon …«
Jim überließ die beiden ihrem wenig fruchtbaren Gespräch und ging aus dem Bürobereich der Jenseitsveranstaltung in den kühlen klinischen Abschnitt. Der von Neonröhren beleuchtete Raum hinter der Tür »Nur für Personal« wies eine höhere Edelstahldichte auf als eine Schmelzhütte. Es gab hier fünf Arbeitsplätze, sechs tiefe Waschbecken und viele, viele von den gruseligen Waagen.
Die Reihen von Kühlfächern an der gegenüberliegenden Wand waren alle fest verriegelt, als wären sich die Mitarbeiter des St. Francis’ nicht hundertprozentig sicher, dass es Zombies nicht in echt gab. Nur ein Fach in der Ecke stand weit offen, und diverse Jungs in dunkelblauen Polohemden nahmen in einem Kreis um die klaffende Öffnung Fingerabdrücke ab.
Jede Wette, dass die Leiche des Agenten verschwunden war.
Was für ein Schocker.
Fluchend trat Jim näher, fand aber nirgendwo ein Anzeichen von Devina – normalerweise hing dort, wo sie gewesen war, ein widerlicher Geruch in der Luft, wie von einem verdorbenen Duftbäumchen. Aber hier? In dem Kühlfach war ein ganz leichter Hauch wahrzunehmen, aber nichts aus jüngerer Zeit.
Sah ganz so aus, als hätten die X-Ops hier aufgeräumt, nicht die Dämonin.
»Verdammt.«
Als er das laut aussprach, drehten sich ein paar Polizisten zu ihm um, in der Erwartung, einen ihrer Kollegen dort zu sehen. Dann aber wandten sie sich wieder ab.
Jim überlegte, ob er mal oben vorbeischauen sollte – und damit meinte er nicht die Notaufnahme oder die Patientenzimmer des Krankenhauses. Aber was würde der Erzengel Nigel schon für ihn tun? Solche Abstecher in den Himmel hatten in der Vergangenheit nicht besonders viel Erfolg gezeitigt, und er war wahrlich schon genervt und frustriert genug.
Er wollte bereits wieder gehen, als ihm etwas einfiel.
Er stellte sich vor die Kühlfachwand und las die Namen, die auf Karteikarten ausgedruckt und in die Befestigungen auf den schulterbreiten Türen gesteckt worden waren.
Und tatsächlich fand er am anderen Ende eines mit der Aufschrift BARTEN, CECILIA .
Im ersten Moment war er überrascht, dass sie immer noch hier unten war, aber es fühlte sich eben nur wie eine Ewigkeit an, seit er sie in dem Steinbruch gefunden hatte. In Wirklichkeit war es erst ein paar Tage her, und sie war immerhin Gegenstand einer polizeilichen Untersuchung.
Nicht dass irgendjemand vom Caldwell Police Department Devina jemals finden und für den Tod zur Rechenschaft ziehen würde.
Das war Jims Aufgabe.
Er hob die Hand und berührte die Edelstahltür. Früher oder später würde Sissys Mutter ihr Kind beerdigen dürfen. Und diese Art von kaltem Abschluss war dem Kühlfach, in dem die Leichen aufbewahrt wurden, nicht unähnlich.
Ein Gefängnis, in dem Trauer für den Rest eines Lebens eingesperrt wurde …
Jim schreckte hoch und drehte den
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