Die Begnadigung
besseres Satellitentelefon zu organisieren. Nachdem sie die Observierung einen Monat lang rund um die Uhr fortgesetzt hatten, wurde ihnen klar, dass sie ein weltumspannendes Netz von neun identischen Satelliten entdeckt hatten, die miteinander kommunizierten und für alle außer den Betreibern unsichtbar sein sollten.
Sie tauften ihre Entdeckung auf den Codenamen »Neptun«.
Die drei jungen Computerfreaks hatten in den Vereinigten Staaten studiert. Ihr Anführer, Safi Mirza, war Assistent in Stanford gewesen und hatte kurzzeitig für ein auf Satellitensysteme spezialisiertes Unternehmen namens Breedin Corporation gearbeitet, einen ehemaligen Geschäftspartner der amerikanischen Armee. Fazal Sharif hatte am Georgia Institute of Technology Informatik studiert und dort einen Master gemacht.
Das dritte und jüngste Mitglied des Teams hieß Faruk Khan und schrieb die Software, mit der die drei in das Computersystem des ersten »Neptun«-Satelliten eindrangen. Als Faruk die Daten herunterzuladen begann, wurde ihnen bewusst, wie brisant das Material war. Es umfasste gestochen scharfe Farbaufnahmen von terroristischen Ausbildungslagern in Afghanistan und von Politikerlimousinen in Peking. Die »Neptun«-Satelliten konnten den Funkverkehr zwischen chinesischen Piloten abhören, die sich in einer Flughöhe von sechstausend Metern unterhielten, oder ein verdächtiges Fischerboot beim Anlegen an der Küste des Jemen beobachten. Die elektronischen Augen folgten einem gepanzerten Fahrzeug durch die Straßen von Havanna, in dem vermutlich Castro saß. Besonders ein Live-Video schockte die drei – Arafat persönlich bog auf dem Gelände seines Hauptquartiers in Gaza um eine Ecke, steckte sich eine Zigarette an und urinierte anschließend.
Zwei Tage lang zapften sie die über Pakistan ziehenden Satelliten an, ohne auch nur einen Gedanken an Schlaf zu verschwenden. Die Software war auf Englisch, und da die Satelliten vornehmlich auf den Nahen Osten, Asien und China gerichtet waren, schien es nur logisch, die Vereinigen Staaten hinter dem Projekt zu vermuten. Auch Großbritannien und Israel kamen in Betracht, doch hielten sie das für weniger wahrscheinlich. Vielleicht handelte es sich um eine gemeinsame Unternehmung der Amerikaner und Israelis.
Nach diesen beiden Tagen verließen sie die Wohnung, um sich fünfzehn Kilometer außerhalb von Karatschi auf dem Bauernhof eines Freundes einzurichten. Was sie bisher entdeckt hatten, war schon aufregend genug, doch sie – besonders Safi – wollten noch einen Schritt weitergehen. Safi glaubte, das System manipulieren zu können.
Sein erstes Erfolgserlebnis verbuchte er, als es ihm gelang, über einen der Satelliten Fazal Sharif bei der Zeitungslektüre zu beobachten. Um ihr neues Hauptquartier nicht zu offenbaren, hatte Fazal mit einer grünen Kappe auf dem Kopf und einer Sonnenbrille einen Bus in die Innenstadt von Karatschi genommen und dort eine Zeitung gekauft, um sich in der Nähe einer bestimmten Kreuzung damit auf eine Parkbank zu setzen. Faruk übermittelte Computerbefehle über das Satellitentelefon, und eine der »Neptun«-Kameras entdeckte Fazal und zoomte dicht an ihn heran. Das Material wurde zum Bauernhof überspielt, wo man sich ungläubig die Augen rieb. Sogar die Schlagzeilen der Zeitung waren erkennbar.
Die auf die Erde gerichteten, mit Optoelektronik ausgerüsteten Satellitenkameras waren auf dem damals aktuellsten technischen Stand und hatten eine unglaubliche Auflösung. Ihre Bilder waren noch im Nahbereich so scharf wie die der modernsten amerikanischen Aufklärungssatelliten und ungefähr doppelt so scharf wie die der besten kommerziellen Satelliten, die von den Europäern und Amerikanern betrieben wurden.
Über Wochen und Monate schrieben die drei weiter Software. Vieles davon wurde wieder verworfen, doch als sie ihre besten Programme mit dem letzten Schliff versahen, wuchs ihr Erstaunen über das Potenzial der »Neptun«-Satelliten ins Grenzenlose.
Achtzehn Monate nach ihrer aufregenden Entdeckung hatten sie auf vier Jaz-Disketten mit je zwei Gigabyte Kapazität ein Softwareprogramm gespeichert, mit dem sich sowohl die Kommunikationsgeschwindigkeit der »Neptun«-Satelliten steigern als auch der Betrieb anderer Navigations-, Kommunikations- und Aufklärungssatelliten stören ließ. Sie tauften ihr Programm auf den Namen »JAM«.
Die drei Hacker konnten das von einer unbekannten Macht betriebene Satellitennetz kontrollieren, manipulieren und sogar lahm
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