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Die Begnadigung

Titel: Die Begnadigung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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hinuntergeschluckt hatte. »Marco war nie wirklich ein Computerspezialist. In seinen glorreichen Zeiten lebte er vom Telefon – hatte vier oder fünf in seinem Büro, zwei im Auto, eins in der Tasche – und konnte drei Gespräche gleichzeitig führen. Er gab damit an, dass er potenziellen Mandanten für den ersten Anruf fünftausend Mäuse abknöpfte. Das war sein Ding. Aber Computer hat er nie benutzt. Seine Mitarbeiter sahen ihn wohl hin und wieder mal eine E-Mail lesen. Verschickt hat er aber selten welche, und wenn, dann hat er das von einer Sekretärin machen lassen. Sein Büro war zwar immer auf dem neuesten Stand der Technik, aber die Korrespondenz haben andere für ihn erledigt. Schließlich war er ein hohes Tier.«
    »Und im Gefängnis?«
    »Kein Hinweis auf E-Mail-Kontakte. Er hatte einen Laptop, den er aber nur zum Briefeschreiben benutzte, nie für elektronische Post. Er schrieb gelegentlich an seine Mutter und seinen Sohn, aber immer über den normalen Postweg.«
    »Klingt nach totaler Ahnungslosigkeit.«
    »Klingt so, aber in Langley macht man sich trotzdem Sorgen, dass er Kontakt nach draußen aufnehmen könnte. Übers Telefon geht das nicht, zumindest nicht momentan. Er hat keine Adresse, die er angeben könnte – somit scheidet Briefpost wohl auch aus.«
    »Er wäre dumm, wenn er Briefe verschicken würde«, sagte Luigi. »So würde er verraten, wo er sich aufhält.«
    »Richtig. Das Gleiche gilt für Telefon und Fax – alles außer E-Mails.«
    »Auch E-Mails lassen sich zurückverfolgen.«
    »Schon, aber da gibt es Mittel und Wege.«
    »Er hat keinen Computer und kein Geld, um einen zu kaufen.«
    »Ich weiß, aber er könnte – rein hypothetisch – in ein Internetcafé gehen, einen anonymen Account einrichten, eine E-Mail verschicken, alle Daten löschen, seine Einheiten bezahlen und gehen.«
    »Sicher, aber wer sollte ihm beibringen, wie das funktioniert?«
    »Er ist lernfähig. Vielleicht findet er ein Buch mit einer Anleitung. Es ist unwahrscheinlich, ja, aber das Risiko besteht trotzdem.«
    »Ich durchsuche seine Wohnung jeden Tag«, sagte Luigi. »Zentimeter für Zentimeter. Wenn er ein Buch kauft oder eine Quittung irgendwo hinlegt, dann weiß ich das sofort.«
    »Durchforsten Sie die Internetcafés in der Nähe. Es gibt inzwischen mehrere in Bologna.«
    »Ich kenne alle.«
    »Wo ist Marco gerade?«
    »Ich weiß es nicht. Heute ist Samstag, sein freier Tag. Wahrscheinlich streunt er durch die Straßen von Bologna und genießt seine Freiheit.«
    »Hat er immer noch Angst?«
    »Und wie.«
     
    Mrs Ruby Ausberry nahm ein leichtes Sedativum, woraufhin sie sechs der acht Stunden schlief, die der Flug von Mailand zum Dulles International Airport dauerte. Der lauwarme Kaffee, den sie kurz vor der Landung serviert bekam, trug wenig dazu bei, sie aufzuwecken, und als die 747 auf den Flugsteig zurollte, war sie bereits wieder weggedämmert. Sie dachte längst nicht mehr an die Geburtstagskarte in ihrer Tasche, während sie mit den anderen Passagieren in den Shuttlebus stieg und über das Rollfeld zum Hauptterminal fuhr. Sie dachte nicht daran, während sie inmitten der Menge auf ihr Gepäck wartete und durch den Zoll ging. Und sie dachte nicht daran, als sie ihre geliebte Enkelin am Ausgang stehen sah.
    Sie dachte erst wieder daran, als sie wohlbehalten zu Hause in York, Pennsylvania, angekommen war und ihre Handtasche nach Souvenirs durchwühlte. »Ach du liebe Zeit«, sagte sie, als die Karte auf den Küchentisch fiel.
    »Das hätte ich doch am Flughafen einwerfen sollen.«
    Dann erzählte sie ihrer Enkelin die Geschichte von dem armen Mann am Mailänder Flughafen, der seinen Pass verloren hatte und seinen Vater an dessen neunzigstem Geburtstag deshalb nicht besuchen konnte.
    Die Enkelin sah sich den Umschlag an. »Sieht gar nicht aus wie eine Geburtstagskarte«, wunderte sie sich und las die Adresse: Rechtsanwalt R.N. Backman, Main Street 412, Culpeper, Virginia, 22701.
    »Kein Absender«, stellte sie fest.
    »Ich werfe den Brief morgen früh ein«, erklärte Mrs Ausberry. »Hoffentlich kommt er noch rechtzeitig zum Geburtstag an.«
17
    m Montagmorgen um Zehn Uhr verließen die geheimnisvollen drei Millionen Dollar auf dem Konto der Old Stone Group Ltd. in Singapur auf elektronischem Weg das Land und begaben sich auf eine diskrete Reise um die halbe Welt. Neun Stunden später, als die Galleon Bank and Trust auf der Karibikinsel Saint Christopher aufmachte, kam das Geld an und wurde

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