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Die beiden Seiten der Münze (German Edition)

Die beiden Seiten der Münze (German Edition)

Titel: Die beiden Seiten der Münze (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Ladan
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Therese nickte schweigend. „Alles ist total schief gegangen und ich bin selber schuld.“
     
    Lynn räusperte sich: „Er hat mich nach der Arbeit abgeholt. Das war gestern. Wir waren essen und dann gingen wir zu ihm. Schon da hätte ich auf meine innere Stimme hören und nicht hingehen sollen. Aber es war so lange her, dass mir ein Mann Aufmerksamkeit geschenkt hat und da hab ich es doch getan. Zuerst war ja noch alles in Ordnung, dachte ich zumindest. Wir haben uns geküsst und er hat mir gesagt wie schön ich bin. Wir haben miteinander geschlafen, das hätte toll sein sollen, nur ist mir dabei aufgefallen dass ich anscheinend ein Verbalerotiker bin. Das klingt irgendwie krank, aber der Sex fand für mich nicht wirklich im Körper, sondern im Kopf statt. Dass sich jemand so für mich interessiert, mich schön findet und mich will, das war es. Jämmerlich, nicht wahr?“ „Nicht doch, welche Frau braucht das nicht ab und zu?“ Therese drückte ihre Hand. „Und dann?“
     
    „Obwohl ich eigentlich vorher schon gehen wollte, konnte ich nicht. Ich weiß nicht wie sehr der Grund dafür seine Art mit mir zu sprechen oder die Art wie er mich ansieht. Ich fühle mich wie hypnotisiert, als ob er mir geistig unter die Kopfhaut kriechen würde. Schwer zu erklären. Dann, als alles vorbei war, hat er mich gebissen. Ich konnte deutlich spüren wie Blut aus der Wunde sickerte und er es trank. Das ist doch völlig krank, oder? Ich bin da weg so schnell ich konnte und ich hatte den Eindruck, dass ihm das völlig egal war. Er hatte anscheinend, was er wollte. Es war richtig ekelhaft.“
     
    Therese starrte sie verblüfft an: „Er hat dich gebissen? So etwas habe ich außer in Vampirgeschichten noch nie gehört. Das klingt richtig übel. Lass mich die Wunde einmal sehen. Hast du sie schon mit Alkohol gereinigt?“
     
    Therese ging ins Badezimmer, holte einen Wattebausch und eine kleine Flasche Desinfektionsmittel. Vorsichtig betupfte sie die Wunde mit dem Alkohol, Lynn zuckte zusammen. „Hoffentlich hat er keine ansteckenden Krankheiten“ meinte Therese. „Habt ihr wenigstens verhütet?“ Lynn riss die Augen auf: „Um Gottes Willen, daran habe ich ja überhaupt nicht gedacht.“ Therese verdrehte die Augen: „Ach du Heilige, das auch noch!“ „Du musst dir unbedingt gleich am Montag in der Apotheke die Pille danach holen, vorsichtshalber.“ „Hm, mach ich“ nickte Lynn geknickt.
     
    „Wie auch immer, der Typ ist nicht gut für dich – du triffst ihn nie wieder, okay?“ Lynn nickte wieder mit dem Kopf. „Darauf trinken wir noch einen“ Therese schenkte nun die beiden Weingläser halb voll. Lynn griff in ihre Tasche und zog eine Packung Zigaretten hervor. „Du rauchst wieder?“ wunderte sich Therese. „Wundert dich das wirklich?“ entgegnete Lynn und zündete sich eine Zigarette an.
    Gierig sog sie daran, als wollte sie das ganze Nikotin auf einmal inhalieren.
     
    „ Vergiss ihn einfach.“  Das war genau der Punkt. Lynn konnte sich zwar vorstellen, diesen Mann an und für sich zu vergessen aber nicht das Gefühl, das er ihn ihr ausgelöst hatte. Sie musste sich selbst eingestehen, dass dieses Gefühl unvergleichlich war, das heißt davor – als sie sich begehrt und sexy gefühlt hatte, jedoch nicht danach. Das war erniedrigend und trotzdem... Lynn wusste genau, dass gerade dieses „trotzdem“ das größte Problem war. Nicht seines – er schien gröbere zu haben – sondern ihres allein.
     
    Er hatte, und das noch ohne große Mühe, genau die Knöpfe ihrer Psyche gedrückt, die sie dazu gebracht hatten, ihre Selbstachtung zu vergessen.
     
    Therese sah das anders. „Du bist viel zu streng zu dir selbst. Du warst schon sehr lange allein. Wie lange ist es her, dass dir jemand Komplimente gemacht hat?“ „Solche Komplimente?“ Lynn überlegte eine Weile. „Eigentlich nie.“
     
    „Du bist auch nur ein Mensch. Was erwartest du von dir selbst? Er hat es bei dir versucht, du hast angebissen und es ist schief gelaufen. Hake es einfach unter dumm gelaufen ab.“
     
    Lynn sagte: „Nicht nur einfach dumm gelaufen. Wird das jetzt immer so sein? Werde ich auf jeden Spinner hereinfallen, der mir etwas Nettes erzählt? Und das Schlimmste ist noch dazu meine Angst, dass das nie wieder passiert. Du weißt, dass ich nicht gerade sehr attraktiv auf Männer wirke. Ich bin so sauer auf mich selbst. Ich kann nicht für mich alleine existieren. Ich brauche den Input, jemanden, in dem ich mich spiegeln kann.

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