Die beiden Seiten der Münze (German Edition)
Akrobaten, einen Schaukampf, Kinderspiele, Essen und Getränke.
Die anderen Besucher des Marktes setzten sich aus Familien mit Kindern, Goths und Leuten in abenteuerlichen Mittelalterkostümen zusammen. Einige hatten ihre Getränke in Trinkhörner umgefüllt, andere tanzten selbstvergessen zu den Klängen der Band.
Lynn und Therese holten sich je einen Becher Met und eine Art Pizza, die den klingenden Namen „rustikales Mittelalterbrot“ trug. Sie setzten sich in der Mitte des Platzes an einen Tisch, an dem schon mehrere Leute saßen und ließen es sich schmecken. Lynn schaffte es nicht, ihr Pizzastück zu essen, ohne ihren Pullover mit der Tomatensauce zu bekleckern. Gemeinsam versuchten sie, den entstandenen Fleck zu entfernen, jedoch ohne viel Erfolg.
Nach einer Weile gingen sie weiter und Lynn kaufte sich einen silbernen Anhänger in Form eines keltischen Kreuzes, Therese fand ein Trinkhorn, das wie ein Requisit aus einem Wikingerfilm wirkte. Alles in allem war es ein wirklich netter Tag. Das Highlight des Festes war ein Ritterturnier mit Schlachtrössern und Rittern in voller Montur. Die Vorstellung dauerte fast eine Stunde und die beiden waren beein druckt von den akrobatischen Leistungen der Reiter und Kämpfer.
Lynn sah sich immer wieder um und ärgerte sich selbst darüber. Fast erwartete sie, Cedric auch hier anzutreffen, konnte jedoch keine Spur von ihm entdecken. Das hätte sie eigentlich nach dem gestrigen Vorfall freuen sollen, tat es aber aus irgendeinem Grund nicht. Sie war stattdessen fast enttäuscht.
Der Tag ging langsam zur Neige und die beiden machten sich im Auto auf den Weg nach Hause. Langsam fuhr Therese auf der Suche nach einem Parkplatz vor Lynn's Haus die Straße ab. Plötzlich bemerkte sie, wie Lynn neben ihr einen erschrockenen Laut, der fast wie ein Zischen klang, ausstieß. „Das ist er.“ Ihre Stimme klang merkwürdig verzerrt.
„Wer ist was?“ Therese wusste nicht wovon Lynn sprach. „Er steht da, Cedric. Vor meinem Haus.“ „Soll ich einfach weiterfahren?“ fragte Therese. „Nein, bleib stehen – irgendwann muss ich ja nach Hause. Ich bringe es am besten gleich hinter mich.“
„Ich komme aber mit, ich lasse dich mit dem Kerl nicht alleine.“ „Okay“ Lynn war froh, dass sie Verstärkung dabei hatte. Therese manövrierte ihren Wagen vorsichtig in eine Parklücke, die ungefähr einen halben Häuserblock von Lynn's Hauseingang entfernt war. Gemeinsam gingen sie das kleine Stück zur Tür wieder zurück, von Cedric war jedoch weit und breit nichts mehr zu sehen. Lynn sah sich um, er war weg. „Vielleicht hat er gesehen, dass wir zu zweit sind.“ meinte Therese „und ist deshalb abgehauen. Feig ist er also auch noch. Oder hast du dich vielleicht geirrt?“ Lynn war sich ganz sicher, ihn gerade eben erst gesehen zu haben. Sie schüttelte entschlossen den Kopf. „Eigenartig... aber er war da.“ Sie öffnete die Haustür und wollte sich eben von Therese verabschieden als diese sagte: „Ich begleite dich noch hinauf, nur sicherheitshalber.“
Jedoch weder im Treppenhaus noch in Lynn's Wohnung war jemand zu entdecken. Therese war zufrieden, küsste Lynn links und rechts auf die Wange und wünschte ihr einen guten Start in die neue Woche. Lynn konnte sich das Verschwinden Cedric's nicht erklären. Sie war doch nicht verrückt? Sie wusste doch was sie gesehen hatte?
Sie fuhr sich mit den Fingern über die Stirn und seufzte. Vielleicht war es auch nur Übermüdung. Das Wochenende war insgesamt anstrengend gewesen. Sie machte sich eine Tasse Tee, stellte den Wecker auf sechs Uhr und machte es sich vor dem Fernseher bequem. Das Handy schaltete sie vorsichtshalber aus, sie erwartete ohnehin keine Anrufe. Nach und nach wurden ihre Augenlider schwerer und sie schlief ein.
Wieder wurde sie von Albträumen gequält. Sie lief davon, wie durch Wasser, wovor wusste sie nicht genau. Sie prallte plötzlich gegen eine Wand, die sich bei näherem Hinsehen als Spiegel entpuppte. Sie sah sich selbst und bemerkte entsetzt, dass sie über und über mit Blut bespritzt war, auch ihre Hände waren voller Blut und hielten ein blutbesudeltes Messer fest. Lynn wachte mit einem Schrei auf, als sie mit einem dumpfen Geräusch auf dem Boden aufprallte. Sie war aus dem Bett gefallen und hatte sich den Kopf angeschlagen. Schwer atmend setzte Lynn sich auf und rieb sich die schmerzende Stelle. „Das gibt’s doch nicht, was bin ich denn für ein
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